Pferd frisst Hut/ Herbert Grönemeyer © Jan Windszus
Beschwingt verlässt man das Schillertheater nach dieser perfekten Therapie gegen Winterdepression.
Herbert Grönemeyer
Pferd frisst Hut
Musik und Libretto
Musikalische Leitung Dirk Kaftan
Inszenierung, Bühnenbild, Choreografie Herbert Fritsch
Komische Oper Berlin im Schillertheater, 8. Februar 2025 Premiere
von Peter Sommeregger
Die Komödie um einen Strohhut, der von einem Pferd gefressen wird, geht auf den französischen Autor Eugène Labiche zurück, und stammt noch aus dem 19. Jahrhundert. Sie ist aber unter verschiedenen Titeln und Bearbeitungen nie ganz in Vergessenheit geraten, was wohl an ihrer absurden Überdrehtheit liegt, die höchst unterhaltsam ist.
Aktuell hat sich der populäre Herbert Grönemeyer des Stoffes angenommen, dem er neuen Text und seine Musik unterlegte. Mitten in der schier endlosen Tristesse des wintergrauen Berlin zündet er mit dem Regisseur Herbert Fritsch einen Slapstick-Turbo, bei dem die verbalen und optischen Pointen im Minutentakt abgefeuert werden.
Freilich, philosophische Tiefe darf man von dieser Produktion nicht erwarten, aber am Ende zählt der unbestreitbare Unterhaltungswert.
Herbert Fritsch, seit Castorfs Volksbühnentagen ein Garant für schrägen Humor, hat der geschickt arrangierten Situationskomik noch ein weiteres Element hinzugefügt. Seine Darsteller verfügen ausnahmslos über erstaunlich artistische Fähigkeiten, welche die Absurdität der Handlung auf die Spitze treiben.
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Fritsch steht ein extrem spielfreudiges Ensemble zur Verfügung, das er in geschickter Choreographie ausgelassen über die Bühne toben lässt. Das Tempo der Aufführung ist furios, Dirk Kaftan am Pult des Orchesters der Komischen Oper sorgt für eine adäquate musikalische Umsetzung der Musik Herbert Grönemeyers, die pointiert das Bühnengeschehen illustriert.
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Angelpunkt und Hauptgewinn des Abends ist Christopher Nell in der Rolle des Bräutigams in Nöten, Fadinard, dem er außer höchst variabler Stimme und Mimik auch noch die erstaunliche Beweglichkeit seiner Gliedmaßen leiht. Das ist eine gleich dreifache Spitzenleistung!
Der Rest des Ensembles springt auch voll auf das von ihm vorgegebene Tempo auf und verleiht der Aufführung Schwung und Pepp.
Die quietschbunten Dekorationen und Kostüme sind weitere Pluspunkte der Aufführung, die ein begeistertes Publikum mitreißt. Selbst der lange Schlussapplaus ist noch durchchoreographiert, beschwingt verlässt man das Schillertheater nach dieser perfekten Therapie gegen Winterdepression.
Peter Sommeregger, 9. Februar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-bvegeistert.at
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