von Peter Sommeregger
Dem am 30. Januar 1954 im märkischen Wachow als Sohn eines Fleischers geborenen Jochen Kowalski war seine spätere Karriere sicherlich nicht in die Wiege gelegt. Von Anfang an vorhanden war aber seine Liebe zur Oper, die ihn den Beruf eines Requisiteurs an der damaligen Ost-Berliner Staatsoper ergreifen ließ. So gewann er viel an Wissen über diese Kunstform.
Sein Stimmfach, der Countertenor, war damals in der DDR praktisch nicht bekannt, was ihn anfangs zum Exoten stempelte, gleichzeitig aber auch ein Alleinstellungsmerkmal bedeutete. Nach seinem erfolgreichen Debüt bei den Händelfestspielen in Halle wurde er sofort an die Komische Oper in Berlin engagiert, die während seiner gesamten Karriere künstlerische Heimstatt für ihn wurde.
Nach und nach wurde man auch im westlichen Ausland auf Kowalski aufmerksam, als Prinz Orlowsky in der „Fledermaus“ war er international, bis zur New Yorker Metropolitan Opera unterwegs. In der Komischen Oper Berlin stand er für die Pflege des Barocken Repertoires, in dem er sich unter dem Regisseur Harry Kupfer viele Rollen, bevorzugt in Opern Händels, erarbeitete. Seine eigentliche Glanzrolle wurde aber der Orpheus in Glucks Oper „Orpheus und Eurydike“.
In seiner 2013 erschienen Autobiographie beschreibt er interessant das Spannungsfeld, in dem er sich gegen Ende der DDR als „Wanderer zwischen den Welten“ befand. Auch eine damals erst kurz überwundene Stimmkrise und die Herausforderungen eines veränderten Repertoires beschreibt er völlig uneitel.
Man konnte Jochen Kowalski immer wieder in ganz verschiedenartigen Konzertprogrammen erleben, in denen er mit seiner unverwechselbaren Stimme starke Akzente setzte. Ganz still und bescheiden nahm er im November 2022 als Nutrice in Monteverdis „Krönung der Poppea“ an der Berliner Staatsoper Abschied von der Bühne.
Zum 70. Geburtstag an diesem 30. Januar kann man dem Künstler Jochen Kowalski nur wünschen, dass er bleibt, was er immer war: ein bodenständiger, unaufgeregter Mensch, den seine große Karriere niemals abheben ließ. Wahrscheinlich hat ihn gerade dies groß gemacht.
Peter Sommeregger, 29. Januar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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