Das klassik-begeistert Harfen-Special mit Elisabeth Plank, Teil I
Elisabeth Plank ist eine der wenigen, sehr erfolgreichen Solo-Harfenistinnen. Am 6. Juni 2025 ist ihr Album chimaera bei Genuin erschienen. Plank setzt damit ihren Weg fort, die Geschichte der Harfe neu zu erzählen. Das habe ich kritisch hinterfragt. Resultat war ein sehr lebhaftes Gespräch über Chefs, die Vienna Harp Days und warum Prestige nichts in der Musik zu suchen hat. Und zwar wirklich gar nichts…
Jörn Schmidt im Gespräch mit Elisabeth Plank
klassik-begeistert: Angst vorm Chef, kennen Sie das?
Elisabeth Plank: Nein, ich bin zwar sehr streng, aber gerecht.
klassik-begeistert: Und umgekehrt – warum keine Festanstellung in einem großen Sinfonieorchester mit einem fordernden Chefdirigenten?
Elisabeth Plank: Meine Mission ist, dem Publikum die Harfe als Soloinstrument näherzubringen. Und natürlich ist die Kommunikation und der Austausch mit dem Publikum etwa in einem Solorezital viel direkter: diese Momente, diese Verbindungen, die dann in Konzerten entstehen, sind einfach magisch und genau das liebe ich.
klassik-begeistert: Keine Lust auf symphonisches Repertoire?
Elisabeth Plank: Es gibt schon wunderschönes symphonisches Repertoire, das ich manchmal vermisse zu spielen – aber die meiste Zeit sitzt man und wartet, und dann spielt man in manchen Werken vielleicht drei Töne.
klassik-begeistert: Nerven Vergleiche mit Xavier de Maistre?
Elisabeth Plank: In der Kulturbranche ist jeglicher Vergleich unnötig. Uns alle zeichnet etwas anderes aus, jeder Musiker und jede Musikerin steht für eine eigene künstlerische Welt, eine eigene Vision, eine eigene Identität. Wenn wir sowieso austauschbar wären, bräuchte man ja pro Instrument nur eine Spielerin!

klassik-begeistert: Am Wiener Konzerthaus waren Sie Artist-in-Residence. Was kommt als nächstes?
Elisabeth Plank: Viele spannende Konzertprojekte, von der Uraufführung eines Harfenkonzerts des argentinischen Komponisten Lucio Bruno-Videla zu einem neuen Programm mit historischer Doppelpedalharfe ist alles dabei! Aber ich lasse mich, wie so oft, überraschen! In meiner Laufbahn wurde ich von vielen tollen Möglichkeiten, die sich mir eröffnet haben, überrascht. Aber ich sehe schon, dass meine Tätigkeit immer mehr wahrgenommen und wertgeschätzt wird, auf vielen Ebenen – Anfang des Jahres wurde ich etwa mit einer Coverstory von Harp Column, dem größten Harfenmagazin der Welt präsentiert.
klassik-begeistert: Sie sind Gründerin der Vienna Harp Days. Der Schwerpunkt liegt auf der Masterclass?
Elisabeth Plank: Vienna Harp Days ist ja vor allem daraus entstanden, dass es in Österreich bis dahin keinen Meisterkurs für Harfe gab. Und für die jungen Harfenistinnen soll es einfach eine Chance sein, verschiedene Schulen für Spieltechnik kennenzulernen, Harfenistinnen verschiedener Genres im Konzert erleben zu können – um so zu sehen, was außer einer Orchesterlaufbahn alles möglich ist, und was man alles mit Harfe eigentlich machen kann, auch außerhalb von klassischer Musik…
klassik-begeistert: Haben Sie Pläne, die Vienna Harp Days auszubauen?
Elisabeth Plank: Wir sind in kurzer Zeit schon stark gewachsen… Die Idee von Vienna Harp Days ist es, die Harfe niederschwellig einem großen Publikum zu präsentieren, das heißt alle Veranstaltungen finden bei freiem Eintritt statt. Das eröffnet viele Möglichkeiten. So haben die Besucher die Gelegenheit, sich ein Konzert anzuhören, am nächsten Tag beim Meisterkurs, oder einem Vortrag zuzuhören und so die Harfe einfach sehr nah und auf verschiedene Arten kennenzulernen.
klassik-begeistert: Ich habe verstanden, Sie mögen keine Vergleiche mit anderen Künstlern… dann probiere ich es so: Ihre Karriereplanung erinnert mich an Avi Avital. Mit Mandoline ist an eine Festanstellung nicht zu denken, und viel Repertoire gibt es auch nicht. Hat die Liebe zu Ihrem Instrument eine vergleichbare Karriereplanung erzwungen?
Elisabeth Plank: Wenn man es so sieht, dass wir uns nicht in Schubladen zwängen lassen und unseren eigenen Weg gehen – wenn nicht sogar selber anlegen – dann definitiv ja.
klassik-begeistert: Und beim Repertoire?
Elisabeth Plank: Dass es nicht viel Repertoire gäbe, das ist eine der Standardaussagen zur Harfe, die sich tief verankert hat und die mich unglaublich stört! Wir haben extrem viel Repertoire! Man kann sein ganzes Leben damit verbringen, es zu spielen, und wird nicht fertig damit.
klassik-begeistert: Aber nicht unbedingt Mainstream?
Elisabeth Plank: Wir haben natürlich viel Repertoire von Komponist*innen die man heutzutage vielleicht nicht mehr unbedingt kennt, aber das liegt nicht immer an der Qualität, sondern oft war einfach die Geschichte nicht gerecht und viele Komponistinnen sind in Vergessenheit geraten. Man findet unglaublich gute Musik, bevor man sich in Arrangements flüchten muss… Ich persönlich spiele lieber ein gutes Originalwerk eines unbekannten Komponisten, als ein Arrangement eines berühmten Komponisten, das schlecht klingt und dadurch die Harfe in ein negatives Licht rückt. Ich finde, im Harfenrepertoire gibt es viele Schätze, die es wert sind, entdeckt zu werden!
klassik-begeistert: Wie überzeugt man einen Komponisten, ein Werk für Harfe zu schaffen? Es gibt sicher Instrumente mit mehr Prestige…
Elisabeth Plank: …möchten Sie wirklich über Prestige reden, oder geht es um Musik? Darum, sich wahrhaftig ausdrücken zu wollen… So zu denken ist schädlich für alle Instrumente, die nicht Klavier oder Geige sind. Entweder man mag ein Instrument, oder nicht. Das ist subjektiv und muss nicht gewertet werden…

klassik-begeistert: Verstanden…
Elisabeth Plank: Und wenn das Publikum bevormundet wird, indem manche Instrumente von den Bühnen ferngehalten werden, und man sie nie in Konzerten zu hören bekommt… dann geht der Teufelskreis weiter. Natürlich fragt das Publikum nicht nach etwas, das es nie hören durfte. Aber letztlich schaden wir uns ja selber, weil wir sehr viel versäumen, was das Instrumentarium alles zu bieten hat.
klassik-begeistert: Auch verstanden…
Elisabeth Plank: Zu Ihrer Frage: Wenn das Bedürfnis besteht, für Harfe zu komponieren, wird das einfach gemacht. So einfach ist das. Harfe ist ein sehr spannendes Instrument, das – warum auch immer – ins Abseits gedrängt und kleingeredet wird. Gerade bei zeitgenössischer Musik bietet die Harfe eine tolle Spielwiese an Möglichkeiten und Klängen. Und das Faszinierende an Harfe ist auch, dass das Publikum sehen kann, wo der Klang herkommt. Gerade bei extended techniques, also Spieltechniken der zeitgenössischen Musik, ist das oft sehr spannend zu sehen. Das wären zum Beispiel die diversen Methoden zur Präparierung der Harfe, oder all die unterschiedlichen Stellen, an denen man zupfen oder klopfen kann.
klassik-begeistert: Also nicht Prestige triggert einen Komponisten, sondern die Ausdrucksmöglichkeiten eines Instruments?
Elisabeth Plank: Danke… Es kann eher vorkommen, dass Komponistinnen manchmal eine gewisse Sorge wegen der Komplexität des Instrumentes umtreibt. Aber alle, die bisher mit mir gearbeitet haben, lieben Harfe jetzt!
klassik-begeistert: Herzlichen Dank für das Gespräch!
Jörn Schmidt, 2. August 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Den zweiten und letzten Teil unseres Interviews mit Elisabeth Plank lesen Sie Sonntag, 3. August 2025, hier auf klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at.
Interview: kb im Gespräch mit Elisabeth Plank, Teil II klassik-begeistert.de, 3. August 2025
Interview: Jan Vogler, Cellist – Teil 1 klassik-begeistert.de, 16. Februar 2025
Interview: Jan Vogler, Cellist – Teil 2 klassik-begeistert.de, 17. Februar 2025
Interview: Jan Vogler, Cellist – Teil 3 klassik-begeistert.de, 18. Februar 2025