Sylvain Cambreling © Daniel Dittus
Im Vorfeld zu den beiden Turangalîla-Konzerten der Symphoniker Hamburg am 16. und 17. Juni in Laeiszhalle und Elbphilharmonie sprechen Maestro Sylvain Cambreling und die Ondistin Nathalie Forget im zweiten Teil unseres Turangalîla-Interviews zur Akustik der beiden Hamburger Häuser. Außerdem geht es noch mal um die Ondes Martenot.
Jörn Schmidt im Gespräch mit Sylvain Cambreling und Nathalie Forget
klassik-begeistert: Wo findet die Probenarbeit zu den beiden Turangalîla-Konzerten statt: In Laeiszhalle oder Elbphilharmonie oder in beiden Häusern?
Sylvain Cambreling: Die Proben finden in der Laeiszhalle statt.
klassik-begeistert: Am Konzertabend, in welchem Konzerthaus wird die Turangalîla-Symphonie besser klingen? In der Elbphilharmonie, möchte man meinen, allein schon wegen des großen Orchesterapparats, den Messiaen auffährt. Ist dieser Ansatz vielleicht zu kurz gesprungen?
Sylvain Cambreling: Ich glaube, die Turangalîla -Symphonie wird in beiden Sälen funktionieren, aber natürlich kann ich es noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich bin sehr interessiert an diesem Experiment und wie es dann tatsächlich auch zu hören sein wird.
Nathalie Forget: Ich bin bereits in beiden Häusern aufgetreten und ich weiß bereits jetzt: Das werden zwei unterschiedliche Konzerte, jedes für sich hochinteressant. Wo es besser klingt, das kann ich nicht sagen, aber mein Gefühl ist: Ein Mix aus beidem wäre ein guter Konzertsaal! Wie auch immer, es wird gewaltig. Also kommt alle ins Konzert!!!
klassik-begeistert: Welche Werke sind, unter anderem, noch für die Ondes Martenot geschrieben, und wie komponiert man für so ein Instrument?
Nathalie Forget: Es gibt Tausende von Werken für mein Instrument, in nahezu allen Gruppierungen und Musikrichtungen: Oper, Oratorien, Konzerte, Kammermusik, Solo, vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. In Genres gedacht von klassischer Musik bis zur Rockmusik. Mehr als 900 Komponisten haben für die Ondes geschrieben:
- Klassischen Musik des 20. Jahrhunderts: André Jolivet, Darius Milhaud, Edgar Varèse, Arthur Honegger, Charles Koechlin, Marcel Landowski, Olivier Messiaen, Giacinto Scelsi, Bohuslav Martinů, Tristan Murail, Claude Vivier, Sylvano Bussotti, Bernard Parmegiani, Claude Ballif, Ivan Wyschnegradsky, Michaël Lévinas, Betsy Jolas…
- Film- oder Fernsehmusik: Germaine Tailleferre, Barry Gray, Elmer Bernstein oder Maurice Jarre. In Theatermusik und Ballett: Henri Dutilleux, Jolivet, Milhaud…
- Pop- und Elektromusik: Von Jacques Brel und Léo Ferré bis Kraftwerk, Björk, Radiohead… Auch heute noch entdecken viele Komponisten die Ondes. Genannt seien Nishimura, Ring, Campo, Adamek, Criton, Tanada, Suarez di Fuente, Ronsholdt, Masson, Auerbach, Adès… Man kann für die Ondes wie für jedes andere monophone Instrument komponieren. Dabei kann es von großer Hilfe sein, sich beim Komponieren mit einem Ondisten auszutauschen, der das Instrument und sein Repertoire von den Anfängen bis heute gut kennt.
Gleichzeitig denke ich: Jeder kann sich mit den Ondes Martenot wirklich frei fühlen, da das Instrument so viele Möglichkeiten bietet. Ziemlich alles kann funktionieren und einfach fantastisch klingen.
klassik-begeistert: Der eine oder andere Solist hat in der Elbphilharmonie ein Desaster erlebt, man denke an Jonas Kaufmanns Auftritt 2019. Gerade Sänger haben es schwer, überall gehört zu werden. Befürchten Sie, dass die Ondes Martenot in der Elbphilharmonie akustisch untergehen, und was ist Ihr Rezept gegen die akustischen Tücken des Hauses?
Nathalie Forget: Ich habe schon in der Elbphilharmonie gespielt und mir gefällt das Haus sehr gut. Natürlich kommt es darauf an, wo man im Publikum sitzt, denn Lautsprecher (Anm. Jörn Schmidt: insbesondre Richtungslautsprecher) sind immer sehr direktional, viel mehr als jedes akustische Instrument. Aber wir können auch kräftiger spielen und unsere Klangfarben ändern, was es erleichtert, den Klang an jede Akustik anzupassen. Jeder Saal ist anders und ich muss immer am Klang arbeiten und Änderungen vornehmen. Ich werde also auch in der Elbphilharmonie meine Lautsprecher den akustischen Gegebenheiten anpassen. Ich freue mich wirklich darauf, dort zu sein!!!
klassik-begeistert: Warum lieben Sie und Ihr Orchester die Laeiszhalle?
Sylvain Cambreling: Jede gute Konzerthalle hat seine eigene Persönlichkeit. Die Persönlichkeit der Laeiszhalle bewegt mich ganz besonders. Die Wände speichern die Musikgeschichte von einem ganzen Jahrhundert.
klassik-begeistert: Herzlichen Dank für das Gespräch!
Jörn Schmidt, 11. Juni 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Symphoniker Hamburg, Martha Argerich, Sylvain Cambreling Laeiszhalle, 25. April 2024