Ist Jonas Kaufmann noch ein Tenor?

Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch, Liederabend  Bayerische Staatsoper, Münchner Opernfestspiele, 11. Juli 2024

Jonas Kaufmann hatte, bis auf vier Zugaben, einen sehr schlechten Abend. Jedenfalls für musikalische Menschen, für Menschen, die ein Instrument spielen oder in einem guten Chor singen.

Bayerische Staatsoper, Nationaltheater, 11. Juli 2024

Liederabend
Jonas Kaufmann (Tenor) und Helmut Deutsch (Flügel)

Robert Schumann (1810 – 1856)
Dichterliebe op. 48 (Heinrich Heine)

Franz Liszt (1811 – 1886)
Tre sonetti del Petrarca  (zweite Fassung) S 270.2
Lieder zu Versen von Heinrich Heine, Wolfgang von Goethe und Emanuel Geibel

Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch, Foto © Wilfried Hösl

von Andreas Schmidt

Ein Weltstar tritt auf in München, in „seiner“ Stadt, in „seinem“ Nationaltheater. Am Steinway der großartige Helmut Deutsch, makellos, perlend, lupenrein, fein. Und er: der Tenor Jonas Kaufmann.

Das Publikum in München, zu beträchtlichen Teilen Liederabende nicht gewohnt, zollt beiden großen Applaus, gar ein paar Bravi. Das Publikum klatscht immer wieder zwischen den Liedern von Robert Schumann und Franz Liszt. Obwohl der  ja stets höfliche Jonas Kaufmann das Auditorium nach den Tre sonetti del Petrarca  gebeten hatte: „Es ist schön, wenn wir ein paar Lieder im Stück zusammen machen können.“

Auch danach klatschen einige Unbelehrbare immer wieder dazwischen – nun zur Belustigung der Mehrheit des Auditoriums.

Das Positive vorab: Jonas Kaufmann hatte immer wieder schöne lyrische Passagen im baritonalen Bereich. Dieser ist mittlerweile seine Kernkompetenz.

Besonders schön gelang ihm der Vers aus Liszts „Freudvoll und leidvoll“ (Text: Goethe):

„Glücklich allein
Ist die Seele die liebt.“

Im höchsten Register hingegen war er so schlecht, wie ich ihn noch nie gehört habe.

Immer wieder sang er Töne von unten an. Seine Stimme klang gepresst, eng, zu. Ja, bei wenigen Passagen schrie er gar. Er quetschte und knödelte immer wieder.

Ich habe die Passagen alle in meinem Programmheft notiert, möchte sie aber jetzt nicht alle wiedergeben.

Jonas Kaufmann klang an diesem Abend nicht wie ein frisch-freier Tenor. „Ist er überhaupt noch ein Tenor?“, fragten sich manche Gäste in der Pause.

So angeschlagen habe ich Jonas Kaufmann noch nicht erlebt wie an diesem Abend.

Der Weltstar hatte ja bereits für den 7. Mai 2024 das verschobene Konzert „The Sound of Movies“ mit den Münchner Symphonikern aufgrund einer „akuten Erkrankung“ kurzfristig abgesagt.

War er auch an diesem Abend krank und hätte besser absagen müssen? War wieder ein „multiresistenter Keim“ Schuld, der schon zu mehreren Absagen geführt haben soll?

Oder ist beim  deutlich voluminöser gewordenen „Tausendsassa-Tenor“, dessen Vermögen mindestens zweistellig im Millionenbereich liegt, der Lack ab? Zu viele Fernsehauftritten und Verkaufssendungen, unsägliche Weihnachts-CDs, enge Terminpläne, zu viele Projekte…

STRESS PUR.
GIFT FÜR DIE STIMME.

Die Lieder waren vom Text her göttlich, so wie „DIE LORELEY“:

„Ich weiß nicht, was soll’s bedeuten
Dass ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.“

Der Pianist, der Wiener Helmut Deutsch, spielte sanft-umhüllend göttlich.
Die Kompositionen waren zu großen Teilen von einem anderen musikalischen Stern. Extraklasse!

Jonas Kaufmann hatte, bis auf vier Zugaben, einen sehr schlechten Abend. Jedenfalls für musikalische Menschen, für Menschen, die ein Instrument spielen oder in einem guten Chor singen.

Andreas Schmidt, 12. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Gedenkfeier Franz Beckenbauer, Fake-Auftritt von Jonas Kaufmann? klassik-begeistert.de, 22. Januar 2024

Jonas Kaufmann, it’s Christmas!, der Tenor singt 42 Weihnachtslieder klassik-begeistert.de

MeetYourMaster, Singen lernen mit Jonas Kaufmann klassik-begeistert.de

Silvesterkonzert, Der Jahresausklang mit Kirill Petrenko und Jonas Kaufmann Philharmonie Berlin, 29. Dezember 2022

28 Gedanken zu „Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch, Liederabend
Bayerische Staatsoper, Münchner Opernfestspiele, 11. Juli 2024“

  1. Diese Kritik, lieber Herr Andreas Schmidt, ist um Längen grottenschlechter als dieser Liederabend es war. Um nicht zu sagen, eine Frechheit! Die Frage, ob Jonas Kaufmann überhaupt noch ein Tenor ist, wurde vor gerade mal einem Monat in London eindrucksvoll beantwortet. „Was für ein alsoluter Wahnsinn! Dieser Mann da auf der Bühne dreht auf, zieht alle Register und gibt in seiner Bestform einen Andrea Chénier, wie ihn so die Welt noch nie gesehen hat“. So war es zu lesen – und wer es nicht glaubt, sollte mal bei YouTube vorbeischauen. Wer den Tenor Jonas Kaufmann aktuell meint bewerten zu müssen, sollte dies jedenfalls nicht anhand eines Liederabends mit einem völlig indisponierten Publikum tun.

    Franz Büchel

    1. Ähm, lieber Herr Büchel, kann es sein, dass Ihnen Ihre Phantasie einen Andrea Chénier vorgegaukelt hat, wie Sie ihn gerne gehabt hätten oder wie er in Ihrer Erinnerung einmal war? Was ich gesehen und gehört habe, war nämlich ein sehr indisponierter Jonas Kaufmann, der sich mit diversen Mätzchen über die unüberhörbaren Stimmprobleme drüber gerettet hat, worunter auch sein ohnedies recht steifes Schauspiel sehr gelitten hat. Seine einstmals, in den Anfängen, so wunderschöne Stimme ist unwiderruflich kaputt (Aussage eines HNO-Arztes!) und er täte gut daran, sich andere Betätigungsfelder zu suchen. Ich verstehe Ihre Enttäuschung und auch das Nichtwahrhabenwollen von Tatsachen, aber leider hilft das niemandem, am allerwenigsten Herrn Kaufmann.

      Rolina

      1. Seit wann ist ein HNO-Arzt (!!!) Fachmann für die „Beurteilung“ von stimmlichen Leistungen von hervorragenden Sängern?
        Das möge man doch dem Publikum überlassen, unter dem sich zahlreiche Menschen befinden, die „ein Instrument spielen und in guten Chören singen“…
        Wer nicht verstehen kann, dass die Entwicklung einer Stimme Veränderungen mit sich bringt, dem ist nicht zu helfen. Jugendlicher Sturm und Drang gegenüber reifer Interpretation schafft jedenfalls einen anderen Eindruck, der für meine persönliche Rezeption zugunsten der Reife ausfällt. Ich jammere auch nicht längst verstorbenen (angeblich) weitaus besseren Sängerinnen und Sängern, als es sie „heute“ gibt, hinterher. Die Erinnerung trügt fast immer.

        Waltraud Becker

        1. Liebe Frau Becker,

          bei Ihnen interessierte mich besonders, ob Sie DIESE schlechte Kaufmann-Performance live
          im Nationaltheater erlebt haben…

          Herzlich

          Andreas Schmidt

    2. Vielen Dannk für die korrigierenden Sätze.
      Ich habe sowohl Andrea Chénier als auch den Liederabend erlebt. Beides allerhöchstes Niveau.
      Es ist seit Jahren zu beobachten, dass insbesonders die Münchner Presse zur Jagd auf Kaufmann geblasen hat; es fällt auf die Schreiberlinge zurück.

      Waltraud Becker

      1. Liebe Frau Becker,

        wenn Sie Jonas Kaufmann auf „allerhöchstem Niveau“ beim Liederabend in München erlebt haben, tut es mir leid um Ihren musikalischen Sachverstand.

        AS

        Spielen Sie ein Instrument? Können Sie singen? Singen Sie in einem Chor?

        1. Lieber Herr Schmidt,

          mittlerweile kennt doch jeder Opern- und Klassikfan, der online unterwegs ist, die Frau Becker. Sie hat bereits zwei Online-Foren durch ihre ständige Stänker-, Beckmesser- und Kaufmann-Liebhaberei gesprengt. Die Dame müssen Sie echt nicht ernst nehmen.

          Sommerliche Grüße,
          Ragnar Danneskjoeld

    1. „Er“ folgt in dieser Aufgabenstellung den Kolleginnen und Kollegen Fassbaender (die alles schon immer besser gewusst hat!), Bartoli (gleich 2-fach), Flórez, Villazón, Konieczny, Kwiecień (der aber wieder aufgegeben hat), Silins, Eyvazov usw.
      Wo war die Häme, als diese zur Bühnenarbeit die der Intendanz hinzugefügt haben?
      Neid und Missgunst sind schlechte Ratgeber…

      Waltraud Becker

  2. Kaufmann-Bashing ist in München offenbar „in“, während Gerhaher, bei dem ich auch einiges auszusetzen hätte, von der Kritik ständig hochgeschrieben wird. K.’s Liederabend am 11.7. habe ich gehört. Ja, seine Stimme klingt wohl nicht mehr so unbekümmert strahlend wie früher, aber solche Kritiken wie in der SZ und der AZ hat er nicht verdient. Es gibt darin z.T. eine beleidigende Wortwahl, die niveaulos ist. Immerhin war das Publikum – auch wenn einige nicht wussten, dass man in Liedzyklen nicht hineinklatscht – sehr angetan von Kaufmanns intelligenter Liedinterpretation; ich auch. Seine Textverständlichkeit, seine Musikalität, seine Bühnenpräsenz sind nach wie vor bewundernswert. – Warum sind eigentlich Kaufmanns Kritiken im Ausland soviel besser?

    Heide Fruth-Sachs

    1. Apropos Gerhaher: Für „Wolfram“ Christian Gerhaher, der eine besondere Liebe zur Liedkunst hat, soll sein Debüt als Wozzeck am Opernhaus Zürich ein wichtiger Meilenstein und Wendepunkt in seiner Laufbahn gewesen sein. Meine Frau und ich schrieben im „neuen Merker“ im März 2022, dass sein Wozzeck für uns zu hell timbriert ist. Auch im Volumen „vermerkten“ wir Defizite.
      Kennen wir uns nicht aus den Siebzigerjahren? Ich genoss zweimal „Deine“ Gastfreundschaft. Im Herbst 1974 auf Zwischenstopp nach Innsbruck gabst „Du“ mir den guten Rat, nachher weiter nach Rom zu fahren. Wir standen auch eine Zeit im Briefwechsel.

      Liebe Grüße
      Lothar (Schweitzer) aus Wien

  3. Spannend, wie die Meinungen bei Jonas Kaufmann mal wieder divergieren. Schade auch, dass ich dem Liederabend nicht beiwohnen konnte, denn grundsätzlich ist der Tenor ein Liedsänger, der es versteht, eine Geschichte mit allen nur erdenklichen Facetten zu erzählen, Emotionen zu transportieren, sehr authentisch zu gestalten und die Lyrik mit psychologischem Feinsinn zu würzen, was meines Erachtens bedingt, dass Schöngesang im Liedvortrag zum Großteil überbewertet wird. Lieder werden dann erst interessant und lebendig, wenn der Stimme Gestaltungsspielraum zuteil werden darf. Schmerz, Verzweiflung, Hohn usw. kann man stimmlich nicht ästhetisch sauber und auf den Punkt gesungen vermitteln. Das würde sofort ins Lächerliche abrutschen. Man braucht auch Mut zur „Hässlichkeit“, wenn den niederen Gefühlen Charakter verliehen werden soll. Das macht meines Erachtens einen richtig guten Liedsänger aus, der ein Publikum mit gleichermaßen schauspielerischen Fähigkeiten begeistern und für die Dauer seines Vortrages fesseln will. Und das kann Jonas Kaufmann verdammt gut. Er lebt seine Rollen und geht vollends darin auf. Und sein baritonal satter Schmelz, der in der Dichterliebe sehr intensiv zum Einsatz kommt, klingt mittlerweile so schön wie noch nie. Ich frage mich tatsächlich, was denn an dem Abend in der Bayerischen Staatsoper so schief gelaufen ist?

    Nicole Hacke

    1. Liebe Nicole,

      singt man Töne einen halben Ton von unten an? Schreit man, wenn es ins höchste Register geht? Ist es eine Freude für den Zuhörer, wenn Jonas Kaufmanns Stimme eng, gepresst – ja teils gequält – klingt?

      Er war ein Schatten seiner selbst, der Jonas Kaufmann.

      Andreas Schmidt

      1. Es drängt sich dennoch der Eindruck auf, dass Kaufmann-Bashing zum Volkssport geworden ist. Er hat ja augenscheinlich nur noch ausschließlich schlechte Tage. Ob Töne allerdings von unten angesungen werden oder – um eine Analogie zu bemühen – Lagenwechsel auf Streichinstrumenten geschmiert werden (um den zu freundlichen Begriff des Portatos zu vermeiden) ist sekundär! Das Wesentliche ist die Frage, ob ein Künstler sich substantiell mitzuteilen hat. Und hier wird es bzgl. dieses Liederabends besonders kompliziert: Die Dichterliebe ist schließlich ein Werk , welches es dem Interpreten wirklich schwer macht, es überzeugend darzustellen – gibt es doch, anders als beispielsweise die Winterreise, nur sehr spärlich preis, was es meinen will. Hier Maßstäbe aus dem Stück abzuleiten und unter diese eine Interpretation zu subsumieren, schiene mir der sinnvollere Ansatz zu sein, mit dem Musikmachen des Jonas Kaufmann ins Gericht zu gehen.
        Im Lockdown hat Kaufmann ja bereits eine Aufnahme der Dichterliebe im Rahmen der Münchner Stream-Konzerte vorgelegt – eine musikalisch sehr überzeugende. Ich finde dennoch ebenso, dass er gerade im Liedfach oft stimmlich (!) nicht vollständig überzeugend ist. Aber das kann nicht der entscheidende Punkt sein: Denn es gilt Musik, nach musikalischen Maßstäben zu bewerten, mithin danach, was der Künstler zu sagen vermag. Wenn Musik – so formulierte es einst Harnoncourt – Klangrede (!) ist, dann sollten wir jene Rede primär nicht nach ihrer Aussprache, sondern nach ihrem Inhalt bewerten.
        Wer dieses Primat der Interpretation belegt haben möchte, dem seien die eindrücklichen Aufnahmen des uralten Ivry Gitlis ans Herz gelegt. (Bspw.: https://youtu.be/oNURT4AD-wM?si=agYtj3GIGqrrluEV).
        Abschließend will mir insofern scheinen, dass wir als Kritiker – nicht nur, aber insbesondere bzgl. Kaufmann – gut beraten wären, unsere Maßstäbe zu überdenken und auch anzupassen. Die übermäßige Beschäftigung mit Stimmbildung scheint mir die eigentliche und vernehmliche Aufgabe des Kritikers zu verfehlen.

        Willi Patzelt

        1. Lieber Willi,

          pardon, Du irrst komplett, oder hast Du Herrn Kaufmann gehört? Warst Du im Nationaltheater?

          Sein Gesang war oft Marter für die Ohren. Glück den Menschen, deren Ohren das nicht zu hören vermögen.

          Wenn ein „Weltstar“ Töne halbtönig von unten ansingt und knödelt und quetscht und presst und schreit, ja, dann macht es keinen Spaß bei diesen Meisterwerken von Schumann und Liszt.

          „Was zählt, ist auf’m Platz!“ (Fußballerweißheit).

          Herzlich

          Andreas

          1. Lieber Andreas,

            nein, habe ich nicht – zumindest nicht an diesem Abend. Habe ihn aber kürzlich erst gehört und kann dementsprechend schon die negative Kritik nachvollziehen. (Ohne sie in dieser Wortwahl je teilen zu wollen.) Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass wir uns als Musikkritiker mehr mit Musik beschäftigen sollten – und die ist mehr als ein Vorgang von Tonerzeugung. Dafür, dass missglückte Tonerzeugung nicht gelingender Musik im Wege steh, ist Ivry Gitlis als Kronzeuge angeführt.

            (Und ganz nebenbei: Nur weil Leute den Höreindruck nicht teilen, müssen sie ja nicht musikalisch ungebildet oder mit schlechteren Ohren versehen sein. Vielleicht war es ihnen einfach ein Stück weit egal – Schiene mir nachvollziehbar.)

            LG Willi

        2. Lieber Herr Patzelt, ich muss Ihnen leider in allen Punkten Recht geben. Gerade in diesem Blog hat in den vergangenen Jahren das Kaufmann-Bashing sehr zugenommen und grenzt manchmal an Missgunst und Neid. Oder hat man hier je etwas über die finanziellen Verhältnisse einer Frau Netrebko gelesen, die ja auch, wie alle Menschen, älter wird und nicht mehr jeden Ton trifft. Sowohl sie als auch Herr Kaufmann und weitere großartige Künstler stehen z.T. mehr als 30 Jahre auf den Bühnen dieser Welt, haben uns zahlreiche Sternstunden geschenkt und füllen nach wie vor weltweit die Theatersäle. Sie dürfen von uns, dem Publikum, jeden Respekt erwarten. Gerade wenn man meint, musikalisch gebildet zu sein.

          Mit besten Grüßen
          Angelika Evers

  4. Der eigentliche Skandal bei diesem Liederabend war das Publikum, das immer wieder, schon in die letzten Pianotöne des wunderbaren Herrn Deutsch, hineinklatschte oder völlig gefühllos BRAVO rief, anstatt die letzten Töne verklingen zu lassen. Ein Liederabend ist doch kein Wettbewerb – wer ist der Erste beim Beifall! Und wenn man sensibel für Körpersprache ist, so konnte man bemerken, wie sehr beide Künstler unangenehm in ihrem Vortrag und ihrer Konzentration gestört wurden.
    Herr Schmidt, was hat ein Satz wie dieser „Oder ist beim deutlich voluminöser gewordenen „Tausendsassa-Tenor“, dessen Vermögen mindestens zweistellig im Millionenbereich liegt, der Lack ab?“ in der Besprechung eines Liederabends zu suchen? Das ist ja wohl völlig daneben!
    Geht es hier um den, ihrer fundierten Meinung nach (immerhin singen Sie ja im Chor) schlechten Vortrag oder um das Vermögen von Herrn Kaufmann?

    Angelika Evers

    1. Liebe Frau Evers,

      Sie haben das pein-liche (Pein ist Schmerz) Verhalten von größeren Teilen des Publikums sehr gut wiedergegeben.
      Herr Deutsch hat mit seinem Tastenwunder mein Herz berührt… und Menschen ohne all zu viel Gefühl haben seine Genialität attackiert.

      Herzlich

      Andreas Schmidt

  5. Hallo zusammen,
    es scheint alle Jahre wieder diese kontroverse Diskussion zu geben.
    Schon im vorigen Jahr fragte ich mich, warum JK so sehr polarisiert und scheinbar kein differenzierter Austausch möglich ist.
    Er bleibt in aller Munde, so oder so, was für eine Publicity!
    Ich finde mich in mehreren Kommentaren wieder. Anmerkungen zum vermeintlichen Bankkonto und zum Gewicht eines Künstlers finde ich schwierig, da ich den direkten Zusammenhang zu der schlechten Gesangsleistung nicht herstellen kann. Wie Frau Hacke mag ich den baritonal dunklen Schmelz in seiner Stimme und ich finde sie schöner denn je. Ist Kaufmann gut drauf, vermag er mich zu begeistern. Und scheinbar gilt dies auch für viele andere musikbegeisterte Menschen.
    Ärgerlich ist in der Tat, dass man nie weiß, ob man einen guten oder schlechten Tag erwischt, auch ich hatte schon Pech. Dann bin ich ganz und gar nicht begeistert. Und auch die recht vielen Absagen betrachte ich kritisch. Da darf die Frage erlaubt sein, ob er wirklich auf allen Hochzeiten tanzen muss.
    Manchmal ist weniger mehr.
    Auf alle Fälle schafft es JK in schöner Regelmäßigkeit, diese Differenzen zu erzeugen. So bleiben wir im Gespräch!
    Alles Gute Ihnen allen,
    Kathrin Beyer

    1. Liebe Kathrin,

      ich denke, man muss an diesem Kaufmann-Abend dabei gewesen sein, um urteilen zu können.

      klassik-begeistert ist mit seiner Kritik nicht allein. So schreibt die Abendzeitung aus München:

      „Jonas Kaufmann im Nationaltheater München: Der desolate Liederabend des Star-Tenors

      Der Tenor aus München und Helmut Deutsch mit Robert Schumanns „Dichterliebe“ und Liedern von Franz Liszt im Nationaltheater München. Ein Auftritt, der nicht unbedingt gelungen war.“

      Herzlich

      Andreas

      1. Lieber Andreas,
        ich habe über diesen Abend auch nicht geurteilt. Das steht mir gar nicht zu, da ich nicht dabei war.
        Auch habe ich ähnliche Kritiken gelesen, wie die deine.
        Ich habe nur im Allgemeinen angemerkt, dass ich stets aufs Neue überrascht bin, wie kontrovers dieser Künstler diskutiert wird. Dies auch von Menschen, die den gleichen Abend erlebt haben.
        Ich meine mich zu erinnern, dass es vor knapp einem Jahr eine ähnliche Diskussion gab, bezüglich Kaufmanns Auftritt in Verona.
        Mit keinem Wort habe ich deine Kritik angezweifelt. Ich nahm nur Bezug zu Kommentaren, in denen ich mich wieder fand und schrieb, dass er es vermag, mich zu begeistern… an guten Tagen.
        Herzlich,
        Kathrin

        1. Ja, liebe Kathrin,
          Herr Kaufmann hat gute und schlechte Tage… (sicher mittlerweile mehr schlechte)… und gute und schlechte Kritiken.
          Mir mangelt es bei ihm mittlerweile an der Kernkompetenz eines Tenors: Der leichten Strahlkraft im hohen Register. Sie macht einen guten Tenor aus.
          Seine Stimme hört sich oft im hohen Register – leider – so an, als sei sie „abgenudelt“.
          Möge er schnell wie Herr Domingo als Bariton umschulen, seine Fans loben ja immer seinen „baritonalen Schmelz“.
          Domingo war damals allerdings 68. Kaufmann war einen Tag vor seinem Münchner Konzert 55 geworden. Ich bin indes sehr sicher, dass er nicht mehr 13 Jahre als Tenor singen wird. Aber er hat jetzt ja auch noch einen neuen Job in Erl.

          Jonas Kaufmann hat seit 2022 die deutsche UND die österreichische Staatsbürgerschaft. Laut Standard hatte der 55-Jährige seinen Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt nach Salzburg verlegt, von Herrsching am Ammersee, wo Kaufmann bislang mit seiner Familie lebte.

          Herzlich

          Andreas

  6. Ich bin sehr überrascht, welch heftiges und kontroverses Echo Kaufmanns Liederabend vom 11. Juli bis heute auslöst. Da ich zu denjenigen gehöre, die an diesem Abend in München dabei waren und da ich auch über eine gewisse gesangliche Kompetenz verfüge – singe ich doch seit vielen Jahren in mehreren Chören, auch solistisch – erlaube ich mir einen zusätzlichen Kommentar:
    Andreas Schmidt hat aus meiner Sicht in zwei Punkten völlig recht. Kaufmanns Stimme klang vor allem in den ersten Liedern eng und kehlig, was sich allerdings im Verlauf besserte, als seine Stimme stärker in die Oberresonanz gelangte. In den höheren Lagen und vor allem im forte-Bereich blieb die Tongebung dagegen immer wieder enttäuschend, weil er forcieren musste, sodass es an schlanker Strahlkraft fehlte, was man aber von einem Tenor seiner Preisklasse erwartet – vermutlich auch die Folge einer überstrapazierten Stimme. Ich habe ihn auch schon einmal vor Jahren persönlich gewarnt, zuviel zu singen. In der Tat ist oft weniger mehr!
    Trotzdem war ich von dem Abend durchaus angetan, nicht nur wegen der beeindruckenden Klavierbegleitung von Helmut Deutsch, sondern auch weil Kaufmann an vielen Stellen wunderbar piano gesungen hat – eine Leistung, die man von Opern- und insbesondere Wagnersängern in der Regel gar nicht erwarten kann. In den bisherigen Kommentaren ist dies kaum gewürdigt worden. Insgesamt also ein zwiespältiger Abend, leider nicht hinreichend berührend.

    Dr. Peter Hampe

    1. Lieber Herr Dr. Hampe,

      herzlichen Dank für Ihren feinfühligen und differenzierten Kommentar.

      Herzlich

      Andreas Schmidt

      1. Liebe Kommentatorinnen und Kommentatoren,

        vielen Dank für die zahlreichen Zusendungen zu Jonas Kaufmann im Münchner Nationaltheater.

        Interessant ist m.E., wer von den Kommentatoren der Aufführung zugegen war und wer nicht.

        Das ist m.E. entscheidend für „the point of view“.

        Herzlich

        Andreas Schmidt

        1. Meine Frau und ich waren beim Konzert in München zugegen. Wir hatten einen guten mittigen Balkonplatz in vorderer Reihe und konnten somit gut hören.

          Schon beim ersten Lied war mir klar – er ist nicht fit und hat Probleme insbesondere in höheren Tonlagen. Mit zunehmenden Konzert besserte sich die Stimme etwas. Für einen noch Weltstar deutlich zu wenig. Schade.

          Zurückschauend ist zu sagen, seine Stimmprobleme, krankheitsbedingten Absagen häufen sich. Sie zeigen uns deutlich, auch Spitzentenöre haben ein biologisches Verfallsdatum. Der eine eher, der andere später. Herr Kaufmann weiß das sicher.

          Als Geschäftsmann, dass ist gerade Jonas Kaufmann ja auch, versucht er seine Schäfchen noch ins Trockene zu bringen. Das verlangt noch mehr Konzertpräsenz und wird den Abgesang vermutlich rasant beschleunigen. Ansonsten bewege ich mich auf der Linie von Herrn Dr. Hampe.

          Zusammenfassend – Helmut Deutsch baute eine göttliche musikalische Brücke, die der Mensch Jonas Kaufmann mit Mühe betrat.

          Albert Weindl

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