Relaxin‘ in der Unterfahrt: Julian & Roman Wasserfuhr performen gut aufgelegt in München

Julian & Roman Wasserfuhr, Relaxin‘ in Ireland,  Jazzclub Unterfahrt München, 12. Dezember 2019

Fotograf: Nikolas Müller
Jazzclub Unterfahrt München, 12. Dezember 2019
Julian & Roman Wasserfuhr
Relaxin‘ in Ireland
BR-Klassik Mitschnitt

von Petra Spelzhaus

München hat nicht nur eine herausragende klassische Musikszene, sondern mit dem Jazzclub Unterfahrt eine Location, die seit 1978 auch das „Who is Who“ des Jazz in die bayerische Metropole lockt.

So auch am 12. Dezember 2019, als die die Brüder Julian und Roman Wasserfuhr an einen Meilenstein ihres musikalischen Schaffens zurückkehren. Im Jahr 2005 trafen sie sich in der Unterfahrt erstmals mit Siggi Loch, dem Gründer, Manager und Produzenten des Jazzlabels ACT, um über die Produktion ihrer ersten CD zu sprechen. Trompeter Julian war damals 17 Jahre jung, der Pianist Roman 20 Jahre. Im folgenden Jahr erschien die erste CD unter dem Titel „Remember Chet“, eine Hommage an den Trompeter Chet Baker.

Im Rahmen des nun folgenden Konzertes wird das mittlerweile schon sechste Wasserfuhr-Album vorgestellt: „Relaxin‘ in Ireland“. Der dritte im Bunde ist der kongeniale Cellist  Jörg Brinkmann.

Als wir, die wir als Spätbucher noch die letzten Tickets ergattert haben, in der hintersten Reihe des Seitenflügels mit Blick auf den Notausgang Nord Platz nehmen, ist der Jazzclub bereits gerammelt voll. Ein Notausgang wird an dem Abend nicht benötigt, es zeigt sich im Publikum keinerlei Fluchttendenz.

Drei gut aufgelegte Musiker betreten die Bühne. Das Konzert beginnt äußerst reduziert, Julian Wasserfuhr zupft sanft an den Metalllamellen eines Daumenklaviers, der Kalimba, die dem ersten Stück des Abends auch den Namen gibt.

Im weiteren Verlauf werden entspannte Stimmungslandschaften gezeichnet. Die Inspiration holten sich die Jazzer im Rahmen eines Aufenthaltes auf der irischen Insel.

Roman Wassserfuhr in großartiger Spiellaune entlockt dem Flügel mal zeitlos elegische Phrasen, dann wieder  treibende Rhythmen. Er bildet das Fundament für elegante Improvisationen.

Geburtstagskind Julian Wasserfuhr spielt Trompete und Flügelhorn elektronisch verstärkt mit gewohnt warmen und weichen Sound. Beim „Englishman in New York“ wähnt man sich während des Trompetensolos mit viel Hall in den Straßenschluchten der Weltstadt.

Jörg Brinkmann beweist, dass das Cello, das man eher der klassischen Musik zuordnen möchte, ein geradezu ideales Jazzinstrument ist. Es übernimmt Bassparts, klingt gestrichen symphonisch. Es gibt Passagen, in denen das Cello  geradezu singt, dann verwebt es sich mit den anderen Instrumenten, um musikalisch abzuheben.

Während weniger die musikalischen Elemente als die erzeugte Stimmung an Irland erinnert, fühlt man sich in der folkloristischen Eigenkomposition Lettercollum auf ein irisches Fest entführt, mitten in die tanzende Menge.

Seit 2017 komponieren die Brüder Wasserfuhr aus Hückeswagen  nicht nur Songs, sondern auch ihr eigenes Bier „Schnaff“. Diesem wird in der gleichnamigen Hymne gehuldigt: Das Cello startet melodisch gestrichen mit bassähnlichen Sounds, Flügel und Cello nehmen kollektiv zunehmend an Fahrt auf, das Flügelhorn setzt die samtig-weiche Schaumkrone auf. Schade, dass dieser Gerstensaft nicht auf der Getränkekarte zu finden ist.

Nach einem erquickend melodischen Konzert, fordert das begeisterte Publikum zwei Zugaben. Das letzte Stück bezieht sich laut Jörg Brinkmann auf die Aussage einer Thai-Masseurin „Jetzt tut es sehr weh, aber dann besser“. Aber auch hier tut so gar nichts weh. Der Abend endet, wie er begonnen hat: Mit schönen Melodien und der nötigen Entspannung für den vorweihnachtlichen Endspurt.

Wer das Pech hatte, das Konzert zu verpassen oder es im Radio einfach nochmal nachhören möchte, kann den Valentinstag 2020 um 23:05 Uhr auf BR-Klassik ausklingen lassen.

von Petra Spelzhaus, 14. Dezember 2019, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Julian Wasserfuhr: Trompete und Flügelhorn
Roman Wasserfuhr: Piano
Jörg Brinkmann: Cello

Dr. Petra Spelzhaus ist Ärztin und Jazz-Trompeterin in München. Ihr Lebensmotto: Life is Jazz.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert