Eröffnung Grafenegg 2025: Die großartigen Labèque Schwestern zelebrieren Francis Poulencs Klavierkonzert in d-Moll

Katia und Marielle Labèque, Fabien Gabel  Eröffnung 19. Grafenegg Festival, 14. August bis 7. September 2025

Katia & Marielle Labèque © Umberto Nicoletti

Maestro Gabel ist der exzellente Bergführer bei Richard Strauss und brachte in diesem Festival-Eröffnungskonzert dieses letzte große symphonisches Orchesterwerk mit Bravour zum Erklingen. Zusätzlich kam ein interessantes Orchesterstück von Maurice Ravel zum Hören und vor der Pause wurde das traumhaft schöne Klavierkonzert in d-moll des französischen Komponisten Francis Poulenc von den großartigen Schwestern Labèque geradezu zelebriert.

Das 19. Grafenegg Festival
findet  von 14. August bis 7. September 2025 statt

Katia und Marielle Labèque

Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Dirigent: Fabien Gabel

Francis Poulenc: Konzert für zwei Klaviere und Orchester in d-moll
Maurice Ravel: Prélude et Danse aus der Kantate „Semiramis“ (Europäische Erstaufführung
Richard Strauss: „Eine Alpensinfonie“ op. 64

Wolkenturm, Grafenegg, 14. August 2025

von Herbert Hiess

Strauss’ finales Orchesterwerk ist fast so eine Art Autobiographie des bayerischen Komponisten. Mit einer der größten Orchesterbesetzungen kommt diese Naturapotheose mehr als eindrucksvoll zu Gehör. Und für so ein Werk braucht es ein virtuoses Orchester und einen ebensolchen Dirigenten.

Und an diesem Abend wurden beide Voraussetzungen erfüllt. Es gab kein Instrument der Orchesterliteratur, das im Orchester nicht zu finden war. Beispielsweise eine Kontrabasstuba, Kontrafagott, ein Heckelphon (sozusagen eine Art Bassettoboe) und viele andere.
Laut Angaben des Komponisten werden hier mindestens 107 Musiker benötigt; das Werk ist auch extrem aufwändig – für die kurze Passage der Fernmusik (bei Eintritt in den Wald) werden zwölf Hörner, zwei Trompeten und zwei Posaunen benötigt.

Da hat der Dirigent schon einige Aufgaben zu bewältigen; und diese waren bei dem Franzosen Fabien Gabel in allerbesten Händen. Der frischgebackene Chef des Niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters demonstrierte seine exzellente Schlagtechnik und seine ebensolche Musikalität. Keine Passage wurde dem Zufall überlassen, nirgendwo in den gut 50 Minuten gab es  eine Art Hänger und niemals gab es Langeweile.

Fabien Gabel © Lisa Edi

Schon allein zu Beginn (Nacht) war man fasziniert vom Flirren der Geigen und  von den geteilten Kontrabässen. Überhaupt war das Orchesterwerk von einer maximalen Transparenz geprägt. Auch wenn es zwischendurch manchmal bei manchen Instrumenten leichte Ungenauigkeiten gab – dieses Konzert war allemal beispielgebend.

Der 1975 in Frankreich geborene Maestro ist ein Riesengewinn für das Orchester. Die Musiker sollten ihn gebührend respektieren und ebenso wertschätzen; es gibt bei den heutigen Dirigenten nicht wirklich viele interessante und gute. Nur solche  können ein Ensemble zu Höhenflügen bringen; diese Chance sollte sich das Kollektiv nicht entgehen lassen.

Vor der „Alpensinfonie“ und nach der Pause war Maurice Ravels Orchesterwerk „Prélude et Dance“ aus der Kantate „Semiramis“. Das Werk beginnt eher zaghaft und nachdenklich, steigert sich aber im Lauf der Aufführung zu einem fast ausufernden Bacchanal. Großartig wie Fabien Gabel hier geradezu brillierte.

Und vor der Pause spielten die großartigen Schwestern Katia und Marielle Labèque, die übrigens die Ehefrau des Stardirigenten Semyon Bychkov ist, das skurrile Konzert von Poulenc. Diese Pianistinnen sind als Geschwister unnachahmlich; beide begeisterten mit einem sanften und hochmusikalischen Anschlag, der zeitweise fordernd und mitreißend wurde.

Tonkünstler-Orchester, Fabien Gabel © Beatrice Schreiner

Warum ist das Konzert skurril? Gegen jede Kompositions- und Instrumentierungstechnik fasziniert das Klavierkonzert mit überraschenden Einlagen von einer solistischen Basstuba, dann wieder von einer Posaune und Trompete. Dann hörte man quasi als Begleitung Kastagnettenklänge, bis im zweiten Satz (Larghetto) ein Thema von Mozart die Stimmung wandelte – das dauerte nicht lange, denn Poulenc würzte diese „klassischen“ Takte mit der bei ihm so eigenen Instrumentierung. Es kann ja nicht sein, dass die moderneren Orchestrierungen klassisch „schön“ klingen – da gehört schon etwas Salz in die Suppe.

Und die beiden Damen ließen es sich nicht nehmen, nach der Pause mit einer fulminanten Zugabe zu glänzen. Da spielten sie von
Philip Glass „4 Movements“.

Wie für Glass üblich beginnen seine Werke fast minimalistisch und steigern sich im Verlauf zu einem grandiosen Abschluss. Es war nicht nur schön zu hören, sondern  auch anzusehen, wie sich die beiden Schwestern Motiv für Motiv zuspielten. Und mit den beiden großen Steinwayflügeln war der musikalische „Sieg“ und Jubel vorprogrammiert.

Herbert Hiess, 15. August 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sir Simon Rattle & Katia und Marielle Labèque München, Herkulessaal, 3. Oktober 2024

Swing Dance Orchestra, Rachel Hermlin, Gesang Wolkenturm, Grafenegg, 26. Juli 2025 

Rudolf Buchbinder, Klavier, Staatskapelle Dresden, Daniele Gatti Konzert am 8. September 2024 im Wolkenturm, Grafenegg

Staatskapelle Dresden, Daniele Gatti Konzert am 7. September 2024 im Wolkenturm, Grafenegg

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