(Dernière Donizettis Liebestrank; Clemens Unterreiner und Ensemble; Foto Patrik Klein)
Das Opernfestival im Herzen des österreichischen Kamptals lässt in der Burgruine in Gars italienische Lebenslust und Leichtigkeit in sprühenden Funken glühen
von Patrik Klein
Liebe, Leidenschaft, Humor und eine Extraportion Italo-Charme ergaben eine atemberaubende Mischung in der morbiden Burgkulisse in Gars im Waldviertel mit Donizettis Gassenhauer „Der Liebestrank“.
Der neue Intendant und Bariton Clemens Unterreiner, der am Eingangsportal viele der Besucher mit Handschlag und kleinem Talk begrüßte, bewies mit dieser neuen Produktion ein erstklassiges Gespür für publikumswirksame und anspruchsvolle Musiktheaterunterhaltung.
In der Regie des Duetts von Carolin Pienkos mit Cornelius Obonya und unter dem äußerst flotten und italienisches Esprit nur so ausströmenden Dirigat des Ungarn Levente Török glänzten in den bunten und lebhaften Bühnenbildern in der Burgkulisse internationale Stimmen, die sich hören lassen konnten. Maria Nazarova als Adina, Paolo Rumetz als Dulcamara, Orhan Yildiz als Belcore sowie Matteo Ivan Rašić als Nemorino gaben ein Ensemble der Extraklasse.
Adina und Nemorino, das im Mittelpunkt stehende Liebespaar, fand dann auch trotz der bekannten Verwicklungen und unangenehmen Nebeneffekte am Ende durch ihre wahre Liebe voller Glück zueinander. Als in die Geschichte hineingezogener Betrachter musste man dann auch unumwunden zugeben, dass das Ambiente, die Wirkung der Burgruine, die herrliche Musik und die spannende Inszenierung kaum fantasievoller in dieser Spielstätte hätte platziert sein können.
Mit einer großen Portion Fantasie ausgestattet, einem Hauch von Abenteuer, einer Prise köstlichster orchestraler Klangwolken, einer Melange von gelungenen Arien und Duetten gelang ein Abend, bei dem man wie auf den Flügeln eines vorzeitlichen Flugdinosauriers durch die Lüfte getragen wurde in seine persönliche Glückseligkeit.
Es wurde auf hohem Niveau elektronisch unverstärkt gespielt, gesungen und musiziert. Das Orchester leicht rechts der Bühne platziert gab Impulse durch Maestro Török vor, die das italienische Flair und den Duft nach Melodramma Giocoso lebendig werden ließen. Da wurden die Rezitative untermalt mit feinen E-Pianoklängen, da hörte man Phrasen u.a. aus „Tristan und Isolde“, „Carmen“ und „Lohengrin“, da wedelte der Dirigent mit Fähnchen am Taktstock zum Finale oder gab voller Hingabe seine musikalischen Ideen weit im Orchester stehend ab. Wenn es auf Präzision beim Gesang ankam, so drehte er sich weg vom Orchester ganz hin zu den Sängern auf der Bühne, die voller Spielfreude agierten.
Fein gesungen wurden dann insbesondere das Terzett „Tran, tran, tran. In guerra ed in amor“ von den bestens aufgelegten Belcore, Adina und Nemorino, oder die Romanze des Nemorino „ Una furtiva lagrima“ sowie ganz besonders das Finale „Ei corregge ogni difetto“.
Das Publikum hatte sichtlich Spaß an diesem Leckerbissen des Musiktheaters. Man ging begeistert mit, hauchte den Gesang der Zikaden im Umfeld der Burg ein und spendete den Künstlern am Ende wahre Beifallsorgien, denn das komplette Regieteam erschien noch einmal zu dieser Dernière und Intendant Unterreiner stellte alle Künstler noch einmal persönlich mit Charme und voller Emotionen vor.
Im nächsten Jahr kommt Traviata. Man sollte sich den Frühbucherrabatt bereits jetzt sichern. So geht erfolgreiche Intendanz und Abholen des Publikums.
Gaetano Donizetti, „L’elisir d’amore“ – „Der Liebestrank“
(besuchte Vorstellung: Derniere am 3.8.24)
Dirigent: Levente Török
Regie: Carolin Pienkos und Cornelius Obonya
Bühne: Walter Vogelweider
Kostüme: Laura Madgé Hörmann
Choreografie: Kati Farkas
Chorleitung: Michal Juraszek
Maske: Celine Kreps
Frisuren: Sandra Kreuzhuber
Besetzung
Adina: Maria Nazarova
Nemorino: Matteo Ivan Rašić
Dulcamara: Paolo Rumetz
Belcore: Orhan Yildiz
Giannetta: Martha Matschenko
Backstage
Regieassistenz und Abendspielleitung – Andrija Repec
Technische Leitung – Franz Zlatar
Bühnentechnik – Rainer Heissenberger und David Gamel
Lichttechnik – Johann Duchan und Alfred Kollingbaum
Korrepetition – Tamilla Sadigbayli und Stefano Pertocco
Schneiderin und Ankleiderin – Bianca Hobl
Übertitelinspizienz – Orr Guy
Lichtinspizienz – Anastasiia Bohomovaza
Regiehospitanz – Selina Umundum
(Klassik-begeistert-Autor Patrik Klein)
Der klassik-begeistert-Autor Patrik Klein ist ein leidenschaftlicher Konzert- und Opernfreak, der bereits über 300 Konzerte (Eröffnungskonzert inklusive) in der Elbphilharmonie Hamburg verbrachte, hunderte Male in Opern- und Konzerthäusern in Europa verweilte und ein großes Kommunikationsnetz zu vielen Künstlern pflegt. Meist lauscht und schaut er privat, zwanglos und mit offenen Augen und Ohren. Die daraus entstehenden meist emotional noch hoch aufgeladenen Posts in den Sozialen Medien folgen hier nun auch regelmäßig bei klassik-begeistert – voller Leidenschaft, ohne Anspruch auf Vollständigkeit… aber immer mit großem Herzen!
Klein beleuchtet kurz 41: Webers Freischütz klassik-begeistert.de, 24. Juli 2024