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Nein, Sie haben sich nicht geirrt. Sie sind tatsächlich auf www.klassik-begeistert.de und können meinen höchstpersönlichen Rückblick auf ein fulminantes Konzert im Wolkenturm zu Grafenegg lesen. Eigentlich ein Ort, wo sonst hochkarätige Klassikkonzerte stattfinden. Und die „Seer“ kann man heute schon zur Klassik rechnen!
Konzert der „Seer“ am 5. Juli 2024 im Wolkenturm von Grafenegg
von Herbert Hiess
Die „Seer“ sind Österreichs bekannteste Mundartband, deren Ruf bis weit über die Grenzen des Heimatlandes der Musiker reicht – und das völlig zu Recht! Die Bandmitglieder sind immer authentisch, sozusagen „am Boden geblieben“ und vermitteln mit ihrer tollen Musik und den intelligenten, berührenden Texten ein Gefühl, das immer sofort zu Herzen geht.
Vor dem Konzert konnte ich den Bandgründer Alfred Jaklitsch und die zwei Frontsängerinnen Sabine „Sassy“ Holzinger und Astrid Wirtenberger persönlich auf ein Gespräch treffen. Auch da bewahrheitete sich die Bodenständigkeit und Liebenswürdigkeit dieser drei Personen, die niemals auch nur einen Anflug von Arroganz verströmen ließen.
Natürlich stellte ich die Frage, warum sie tatsächlich aufhören. Nach Alfreds Worten war das für ihn und die Bandmitglieder jetzt der richtige Zeitpunkt aufzuhören. „Die Zeiten haben sich massiv geändert“ und es sei ihm lieber, rechtzeitig zu gehen, bevor sie (die Band) sich „lächerlich“ machen. Nur, diese Befürchtung könnte ihm genommen werden – mit einer solchen grandiosen Performance wie auch in diesem Konzert sind sie Lichtjahre von einer Art „Lächerlichkeit“ entfernt.
Dabei können die acht hervorragenden und sympathischen Musiker auf ein beachtliches Lebenswerk zurückblicken. Alfred sagte, im Laufe der 28 (!!) Jahre Existenz der Band habe er über 540 Lieder geschrieben. Und die Qualität der Band ist nach wie vor unantastbar; die knapp drei Stunden Konzert (mit Pause) vergingen wie im Fluge und die Stimmung steigerte sich von Lied zu Lied.
An diesem Abend der „Ausklang“-Tournee in Grafenegg hatten diese liebenswerten Musiker ihre allergrößten Hits im Gepäck. Das Finallied war – wie zu erwarten – „Wia a wüd’s Wossa“ (Wie ein wildes Wasser), ohne den das Publikum sicher nicht nach Hause gegangen wäre.
Und wenn „Sassy“ ihre berührendsten Lieder anstimmt, bleibt sowieso kein Auge trocken. Entweder die Tränentreiber „Oma“ oder das besinnliche „Leb dei’ Leben“. Und die Zuhörer fühlen sich durch die meisten Lieder angesprochen. Sabine „Sassy“ Holzinger, diese sympathische Frau, blieb der Mundartband treu; mit ihrer exorbitanten Stimme und Musikalität hätte sie locker eine internationale Pop-Weltkarriere verdient. Nicht minder Astrid Wirtenberger, die vielseits begabt ist. Die hübsche blonde Dame gewann nicht nur 2011 die österreichische Version von „Dancing Stars“; gemeinsam mit Sabine Holzinger bildet sie das musikalische und vokale Herz dieser grandiosen Band. Zu Recht können die beiden Damen auf ihre Leistungen stolz sein.
Nicht zuletzt war das Konzert eine Zeitreise durch die 28-jährige Bandexistenz; hier gaben sich neue und „alte“ Lieder die musikalische Hand. Man weiß gar nicht, wo man da anfangen oder aufhören soll. Auch „Über’m See“ oder „Hoamatg’fühl“ waren für mich die jetzt schon unsterblichen Klassiker dieser Band.
Es war auch für mich ein schmerzlicher Abschied; aber es gibt dieses Jahr vor Weihnachten die „Stad“-Konzerte (Anm.: „Stad“ heißt so viel wie leise, still), wovon die allerletzten Termine dann am 21. und 22. Dezember 2024 im Konzerthaus in Wien stattfinden.
Dann ist tatsächlich Schluss!
Alfred, Astrid und Sassy – überlegt euch doch was für danach. Es kann nicht wirklich Schluss sein. Dass eine so stimmgewaltige und musikalische Person wie Sassy einfach aufhören kann – das wäre, als ob man eine gut bestückte Goldmine einfach zuschüttet.
Das Grafenegger Konzert war laut Alfred „das wirklich letzte Konzert“ in Grafenegg; ich hoffe, die Zeit wird es zeigen, dass ihr drei noch länger gebraucht werdet!
Herbert Hiess, 6. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Wiener Philharmoniker, Jakub Hrůša, Dirigent Wolkenturm, Grafenegg, 3. September 2023
Royal Concertgebouw Orchestra, Michael Nagy, Iván Fischer Wolkenturm, Grafenegg, 31. August 2023