Liederabend, Oper Halle, 17. Oktober 2021
KS Anke Berndt, Sopran
von Dr. Guido Müller
Auch in ihrem dreißigsten Bühnenjahr an der Oper Halle vermag uns die Sängerin KS Anke Berndt (Berlin / Halle) mit ihrer unverbrauchten Stimme im Repertoire zwischen Mozart und Operette, Beethoven und Glanert zu bezaubern. Ihre Stärken liegen im lyrisch-dramatischen Fach.
Trotz gelegentlicher Ausflüge in die Rollen der Musikdramen von Richard Wagner – besonders in Erinnerung ist ihre Senta im „Fliegenden Holländer“ in der aufsehenerregenden Inszenierung von Florian Lutz in der Raumbühne zu Beginn seiner Spielzeit an der Oper Halle vor einigen Jahren, blieb KS Anke Bernd in ihrem vertrauten eher lyrischen als hochdramatischen Fach, dass sie sich allerdings in den nächsten Jahren vor allem mit den großen Wagner-Partien erarbeiten möchte. Die Eva in den „Meistersingern von Nürnberg“ und einige Rollen im „Ring“ hat sie in Halle bereits gestaltet.
Ganz besondere Stärken hat KS Anke Berndt zudem in der schauspielerischen Gestaltung und in der Komik. In diesem Arienkonzert – Liederabend führt in die falsche Richtung, da nur Szenen und Arien aus Opern und Operetten gesungen wurden – aus Anlass ihres Bühnenjubiläums und der Verleihung des Titels der Kammersängerin durch die Stadt Halle (Saale) fehlte nun leider dieses Umfeld einer Inszenierung, in der KS Anke Berndt erst alle ihre Talente zur Geltung bringen kann. Allerdings wurden vor allem solche großen und anspruchsvollen Arien ausgewählt, in denen Frau KS Anke Berndt in den letzten Jahren brillieren konnte. Dem Hallenser Opernbesucher wurden diese Produktionen durch eingeblendete Fotos in Erinnerung gerufen: Leonore in „Fidelio“ von Beethoven , Agathe in „Der Freischütz“ von C. M. von Weber, Titelrollen in „Rusalka“ von A. Dvořák, „Ariadne auf Naxos“ von R. Strauss und „Lulu“ von A. Berg.
Steht das Konzert auch unter dem Motto „Rückblick“ und sehr persönlich „Ein Abend voller Menschlichkeit“ – so beginnt Frau KS Anke Berndt doch mit einer Verheißung. Sehr gewagt fängt sie mit einem sehr anspruchsvollen Auftakt zuerst mit Isoldes „Liebestod“ aus Richard Wagners Musikdrama „Tristan und Isolde“ an, das in wenigen Wochen auch an der Oper Halle seine Premiere feiert – allerdings mit einer anderen Sängerin in der Titelpartie. KS Anke Berndt beginnt den „Liebestod“ nicht „mild und leise“ sondern gleich sehr jugendlich-dramatisch kräftig und setzt damit aufs Ganze.
In der folgenden Szene der Ariadne „Ein Schönes war“ aus Richard Strauss’ Oper „Ariadne auf Naxos“ von 1912, die Frau Berndt im Gegensatz zur Isolde bereits an der Oper Halle vor ein paar Jahren gestaltet hat, gelingen ihr nicht nur eine vorbildliche Artikulation sondern auch wunderschöne Legati und sehr feine Differenzierungen.
Noch stärker kommen die lyrisch-dramatischen Fähigkeiten von KS Anke Berndt in der folgenden Arie der Agathe „Und als ob die Wolke sie verhülle“ aus Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ von 1821 zum Ausdruck. Diese Oper wird regelmäßig im Goethetheater Bad Lauchstädt südlich von Halle (Saale) quasi historisch unter vollem Einsatz der alten Bühnenmaschinerie aufgeführt und verdient unbedingt den Besuch.
Noch mehr steigert KS Anke Berndt sich dann in der großen Szene der Leonore aus der Oper „Fidelio“ von Ludwig van Beethoven von 1805 „Abscheulicher! Wo eilst du hin?“, die sie in der stark beachteten Inszenierung von Florian Lutz an der Oper Halle gesungen hat. Atemberaubend gut gelingen ihr die Sprünge, Legati und Sforzati, mit denen Beethoven die Stimme in dieser sehr schwierigen Arie geradezu wie ein Instrument behandelt.
Stellen sich bei Beethoven bereits die Gänsehaut-Momente ein, so trifft dies ebenso auf die Arie „Silberner Mond“ der „Rusalka“ aus Antonín Dvořáks gleichnamiger romantischer Oper von 1901 zu. Hier strahlt die lyrisch-dramatische Stimme der KS Anke Berndt in den allerschönsten silbrigen und impressionistischen Farben.
Unterstützt und begleitet wird Frau KS Berndt dabei auf das Vorzüglichste und Feinste gerade mit Sinn für lyrische und zarte Nuancen von dem jungen französischen Pianisten Maxime Perrin, der nach Hannover 2014-2019 seit 2020 als Korrepetitor an der Deutschen Oper Berlin tätig ist. Ihm gilt ein Sonderlob. Genau wie dem Schauspieler Martin Reik für seine launige und gut informierende Moderation mit Esprit einschließlich passenden Gedichten von Eugen Roth zwischen den Arien.
In das Umfeld dieser Opern von Dvořák und R. Strauss hätte auch gut eine Szene aus der „Florentinischen Tragödie“ von Alexander von Zemlinsky gepasst, in der Frau KS Berndt als Bianca an der Oper Halle in Tobias Kratzers Inszenierung von der internationalen Kritikerumfrage der Fachzeitschrift „Opernwelt“ als „Sängerin des Jahres“ nominiert wurde.
Stattdessen sang KS Anke Berndt die „Lulu“ aus Alban Bergs gleichnamiger unvollendeter Oper von 1937 „Wenn sich Menschen“. Mit dieser Rolle feierte sie auch internationale Erfolge in Gastspielen, die sie bis nach Brasilien führten.
Zum Abschluss ihres Konzerts gestaltete Frau KS Anke Berndt Arien aus den Operetten „Ball im Savoy“ von Paul Abraham (1932), „Gräfin Mariza“ von Emmerich Kálmán (1924) und die komische Schwippsarie auf der „Annen-Polka“ von Johann Strauß Vater. Die letzte Arie war der besondere Wunsch des Laudators zur Verleihung des Kammersängerin-Titels an Anke Berndt.
Der neunzigjährige ehemalige Berufsschullehrer Hans-Dieter Mahr war bereits nach 1948 als Maurerlehrling am Innenneubau der Oper in Halle beteiligt. Dabei hatte er einen lebensgefährlichen Sturz vom Gerüst überlebt. Seitdem war Mahrs Existenz quasi an die Oper Halle geknüpft. So kannte Mahr als eifriger Opernbesucher, Chronist der Oper und Mitglied des Vereins der Freunde und Förderer Frau Berndt seit ihren Anfängen an der Oper Halle. Ganz besonders schätzte er sie in den vielen Rollen in den Operetten, die sie mit großem komischen Talent in den 1990er Jahren gesungen hat.
In Grußworten lobten der neue Intendant Walter Sutcliffe wie die früheren Intendanten KS Anke Berndt für ihren Humor (Axel Köhler) und ihre Vielseitigkeit (Florian Lutz). Beim anschließenden Empfang gab es für die zahlreichen Weggefährten, Freunde und Fans der frisch zur Kammersängerin gebackenen Sopranistin Gelegenheit zum ausführlichen Gespräch und Austausch. Wir sind gespannt auf Ihre künftigen Debüts nicht nur an der Oper Halle, die nach ihrem Wunsch in das große Wagner-Fach führen sollen.
Dr. Guido Müller, 19. Oktober 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Soeben ist das „Konzert“ im Altenheim ProCurand zu Ende gegangen… es war wunderschön !!! Akustik ließ, bedingt, längst nicht all ihr Können zur Geltung kommen… ein Sonderlob, daß sich sooo eine honorige Sängerin/ Kammersängerin „herablässt“, in einem Altenheim aufzutreten.
Jutta Döring