Foto: Lena Belkina © Kseia Panchenko
Übrigens: Lena Belkina ist im Streaming der Oper Leipzig als Angelina in „La Cenerentola“ vom 25. bis 27.12. und vom 31.12. bis 2.1. – jeweils ab 15 Uhr – zu erleben sowie live in derselben Oper (Haus und Stück) am 12.2.2022. Mein Tipp: Auf keinen Fall verpassen.
Piano Salon Christophori, Berlin
Lena Belkina Mezzosopran
von Sandra Grohmann
Gänsehaut-Faktor 100%. Lena Belkina, die sonst in Bregenz und im Theater an der Wien begeistert oder Sylvesterkonzerte in Moskau gibt, singt auch im kleineren Rahmen die betrogene Donna Elvira ebenso wie den (selbst)verliebten Oktavian ebenso wie russische Lieder von
Peter I. Tschaikowsky und Sergei Rachmaninov, als gäbe es kein Morgen.
Als gäbe es nur diesen Moment, nur dieses Gefühl, nur diese Phrasierung – alles andere wird unwichtig. Ihre warme Stimme, die manchmal erdig klingt (eines Tages wird man sich vielleicht auf ihre Azucena freuen dürfen) und manchmal wie wohltuender Tee mit Sahne und Honig, moduliert sie durch alle Lebenslagen. Sie ist weich, zart, verführerisch. Sie ist zornig, verletzt, anklagend. Sie vermittelt russisches Liedgut auch denjenigen, die wie ich kein Wort verstehen (nur weil ich die Sprache nicht beherrsche: ihre Textverständlichkeit ist auf Deutsch, Französisch, Italienisch und sicher auch auf Russisch tadellos), allein durch ihre Stimmfärbung, Mimik und Gestik. Niemals durch veristische Seufzer.
Mit unerhörter Bühnenpräsenz verwandelt sie sich sekundenschnell von Massenets Charlotte in Strauß‘ Rosenkavalier: Kurze Konzentration am Rande des Bösendorfer, von dem aus Matthias Samuil das Orchester in die Halle des Piano Salon Christophori zaubert und einfühlsam (aber ja doch!) dirigiert. Und schon ist sie nicht mehr Werthers Freundin, sondern der spitzbübische Hausfreund der Marschallin. Die Hosenrolle nimmt man ihr wie schon beim Tancredi sofort ab, und es ist kein Wunder, dass Lena Belkina, wie sie nach dem Konzert erzählt, einen ganzen „Fan*innen“-Club hat: Dieser Oktavian mit seinem „Wie du bist…“ jedenfalls ist unwiderstehlich, und die Stimme wandelt sich mit der Stimmung.
Gehauchte Töne, die gleichwohl tragen, und volumenreiches, aber nicht gepresstes Fortissimo füllen die Halle, die durchaus noch einige Zuhörer aufgenommen hätte (nächstes Mal sehen wir uns bitte dort!). Einzig die anfänglichen Koloraturen klangen ein klein wenig zu kontrolliert und rissen mich noch nicht von meinem Stuhl im gepflegten Sammelsurium des „Piano Salon“ an der Weddinger Uferstraße in Berlin, der nicht nur Konzertsaal ist, sondern eigentlich und zugleich Werkstätte für die Restauration historischer Flügel sowie Ausstellungsraum für die hauseigene Sammlung nicht restaurierter Bestandteile (und alberner Lampen).
In diesem Rahmen bekam das feine Konzert erst recht den Charakter eines Kammermusikabends im vertrauten Kreis. Umso bewegender war es, dass Lena Belkina und Matthias Samuil für uns die große Welt der Oper und die filigrane Welt des Liedes in voller Schönheit erstehen ließen. Sehnsüchtig und leidenschaftlich ging es nach einer Chopin-Mazurka, die Samuil solo für uns aufspielte, zu russischen Frühlingsquellen. Die sprechenden Titel waren jeden Moment herauszuhören: Tschaikowskis Das war im Frühling – Nur wer die Sehnsucht kennt – So schnell zu vergessen und Rachmaninovs Grübelei – Ich warte auf dich – Frühlings Wasser brachten das Herz zum Rasen.
Dass die Künstlerin schließlich das Publikum die Zugaben auswählen ließ, verwandelte die Werkstatthalle endgültig in einen Salon. Brava!
Übrigens: Lena Belkina ist im Streaming der Oper Leipzig als Angelina in „La Cenerentola“ vom 25. bis 27.12.21 und vom 31.12.21 bis 2.1. 22- jeweils ab 15 Uhr – zu erleben sowie live in derselben Oper (Haus und Stück) am 12.2.2022. Mein Tip: Auf keinen Fall verpassen.
Sandra Grohmann, 14. Dezember 2021, für
klassik-begeistert.de und Klassik-begeistert.at
10 Fragen an die Mezzosopranistin Lena Belkina klassik-begeistert.de