Der BR Chor entzündet mein inneres Licht

Missa Assumpta est Maria/Denis Comtet Leitung  Prinzregententheater München, 27. September 2025

Foto: Das Ensemble beim Schlussapplaus ©Alexander Heinzel

Dieses Konzert entzündet einen wunderbaren zutiefst menschlichen Funken in mir. Voll von Wärme, Liebe, Schmerz, Erhabenheit und Zuversicht.

Missa Assumpta est Maria

Chor des Bayerischen Rundfunks
Akademie für Alte Musik Berlin
Denis Comtet Leitung

Prinzregententheater München, 27. September 2025

von Frank Heublein

Alle Werke dieses Abends im Prinzregententheater in München singt der Chor des Bayerischen Rundfunks zum ersten Mal. Die Werke sind aus der französischen Hemisphäre. Im ersten Teil geht es vom Gregorianischen Gesang über Renaissance und Frühbarock bis hin zur Neuzeit. Zu Lebzeiten der flämischen Komponisten Jean de Ockeghem im 15. und Pierre de Manchicourt im 16. Jahrhundert war Flandern größtenteils französisches Hoheitsgebiet. Im zweiten Teil werden zwei Werke des Hochbarocks von Charpentier für den Sonnenkönig Louis XIV. aufgeführt.

Im ersten Teil erklingen ausschließlich a capella Stücke. Eine Männerschola bestehend aus elf Männern singt den gregorianischer Choral Salve Regina. Ein kontemplativer Beginn. Ich, der Einzelne, werde durch diesen Gesang mit den Ausführenden und dem Publikum verbunden, aufgenommen in die Gemeinschaft der heute Anwesenden. Lise Borels Regina Caeli für Frauenchor a cappella ist 2020 entstanden. Sphärisches flirrendes Flimmern. Zwei Klangkörper, die über Klangbögen und Wiederholung zueinanderfinden. Jean de Ockeghems Ave Maria für gemischten Chor a cappella durchströmt und wärmt mich. Josquin Desprez’ Salve Regina erhebt mich durch die spirituelle Atmosphäre, die ich durch den Gesang des BR Chors intensiv erspüre.

Pierre de Manchicourt Laudate Dominum hat drängendes Tempo und starke Dynamik, gerade als sei diese Würdigung jetzt und dringend erforderlich. Mit diesem Stück verliert sich das Zeitliche in mir. Der Augenblick zählt. Der Chor umfängt meine volle Aufmerksamkeit. Thierry Escaich schrieb sein Salve Regina für gemischten Chor a cappella 2016. Das Stück führt die Dynamik des vorherigen Stücks de Manchicourts fort. Ausrufe, die sich aus dem Flirren der Stimmen wie Leuchttürme erheben. Am Ende des Stücks zieht sich der Chor in sich zurück. So verinnerlicht das Konzert begann, so endet dieser erste Teil.

Denis Comtet, BR Chor und der Akademie für Alte Musik Berlin ©Alexander Heinzel

Marc-Antoine Charpentiers Missa Assumpta est Maria steht im Zentrum des zweiten Teils. Die Solisten sind Mitglieder des BR Chors. Die je drei Solistinnen Franziska Zwink, Eunkyung Shin und Mareike Braun sowie die drei Solisten Heejoon Lee, Gabriel Sin und Lukas Mayr zeigen, welch hervorragende Einzelstimmen der Chor besitzt. Die Harmonie des Chors im Übergang mit den Einzelstimmen im Kyrie der Messe lässt einen göttlich-königlichen Funken vor mein inneres Auge treten. Zart ist das Christe eleison, voller Wärme das zweite Kyrie. Das Gloria wirkt erhaben mit wogendem Amen. Das Credo singt der Chor schmerzvoll empfindsam. Die Solisten und der Chor beweisen ein weiteres Mal, wie intensiv verbunden die Einheit von Chor und Einzelstimmen ist. Hervorragend unterstützt von der Akademie für Alte Musik Berlin.

Dirigent Denis Comtet mit dem BR Chor ©Alexander Heinzel

Wie in der kirchlichen Messe üblich, erläutert Dirigent Denis Comtet in der Einführung, wird auch die am heutigen Abend unterbrochen. In der Kirche wäre es ein Orgelsolo. Oder im Falle etwa einer Orgelreinigung so wie heute ein Orchesterstück. Für Marc-Antoine Charpentiers Concert pour quatre parties de violes tritt der Dirigent zur Seite und überlässt die Führung dem Konzertmeister. Ein großartig kompakter Klang mit viel Volumen, warm und erhaben erfüllen die elf Musikerinnen und Musiker der Akademie für Alte Musik Berlin mich und das gesamte Prinzregententheater.

Im Sanctus strahlt der Chor hoch sphärisch, das Agnus Die erfüllt mich erneut mit Erhabenheit und zugleich tiefem Schmerz. Das Domine salvum fac regem, so erfahre ich von Denis Comtet in der Einführung, hatte zwei Adressaten. Gott und den König Louis XIV.. Diesen Schluss lässt der BR Chor fürstlich göttlich strahlen. Spektakulär. Dem jubelnden Publikum wird das Domine salvum fac regem als Zugabe ein zweites Mal gesungen.

Dieses Konzert entzündet einen wunderbaren zutiefst menschlichen Funken in mir. Voll von Wärme, Liebe, Schmerz, Erhabenheit und Zuversicht.

Frank Heublein, 30. September 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Programm
Gregorianischer Choral
Salve Regina
für Männerschola

Lise Borel
Regina caeli
für Frauenchor a cappella
Diana Fischer, Eunkyung Shin | Sopran

Jean de Ockeghem
Ave Maria
für gemischten Chor a cappella

Josquin Desprez
Salve Regina
für gemischten Chor a cappella

  • Salve Regina
  • Eja ergo
  • Et Jesum

Pierre de Manchicourt
Laudate Dominum
für gemischten Chor a cappella

  • Laudate Dominum
  • Plaudite ergo

Thierry Escaich
Salve Regina
für gemischten Chor a cappella
Franziska Zwink | Sopran

 Marc-Antoine Charpentier
Missa Assumpta est Maria
für Soli, Chor, Instrumente und Basse continue, H. 11

Franziska Zwink, Eunkyung Shin | Sopran
Mareike Braun | Alt
Heejoon Lee, Gabriel Sin | Tenor
Lukas Mayr | Bassbariton
Q-Won Han | Tenor (Intonationen)

  • Kyrie
  • Gloria
  • Credo
  • Sanctus
  • Agnus Dei
  • Domine salvum fac regem

Marc-Antoine Charpentier
Concert pour quatre parties de violes
für vier Streichinstrumente und Basse continue, H. 545

  • Prélude
  • (Allemande)
  • Sarabande
  • Gigue anglaise
  • Gigue française
  • Passacaille

Gabriel Fauré, Pénélope (1913)  Prinzregententheater, München, 29. Juli 2025

Festspiel-Liederabend Gerald Finley Prinzregententheater, München, 15. Juli 2025

 

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