© Daniel Bruengger
Amerikanischer Opernsänger Stephen Gould
(* 24. Januar 1962 in Roanoke, Virginia; † 19. September 2023)
von Jolanta Łada-Zielke
Der amerikanische Heldentenor Stephen Gould, der unvergessliche Wagner-Rollen schuf, ist tot. In Bayreuth verkörperte er mehrfach Tannhäuser, Siegfried und Tristan. Er ist am Dienstag, 19. September 2023 im Alter von 61 Jahren gestorben.
Goulds Tod hat Bewunderer seines Talents in aller Welt überrascht und betrübt. Der Tenor sollte die drei Hauptpartien bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen singen, sagte aber aus gesundheitlichen Gründen ab. Ende August verkündete er das Ende seiner Karriere, und bald darauf folgte die Nachricht von seiner schweren Krebserkrankung. Anfang September gab er bekannt, dass es keine Aussicht auf Heilung gibt.
Stephen Gould stammte ursprünglich aus Virginia und absolvierte sein Gesangsstudium am New England Conservatory of Music in Boston. Im Jahr 2015 hat man ihn mit dem Titel „Österreichischer Kammersänger“ ausgezeichnet. Sein Bayreuth-Debüt gab er 2004 als Tannhäuser und sang dann von 2006 bis 2008 den Siegfried in „Der Ring des Nibelungen“ unter der Regie von Tankred Dorst. Den Vorschlag, diese Partie zu übernehmen, erhielt er bei den Bayreuther Festspielen 2005, als er noch als Tannhäuser auftrat. Ich sah ihn damals ab und zu im Festspielpark, wie er mit Blick auf die Partitur von „Siegfried“ oder „Die Götterdämmerung“ herumspazierte. Er sagte, dass er sie auf jede Reise mitnimmt, um die Rolle des Siegfried so gut wie möglich zu meistern.
Gould hat oft die Titelrolle in der Oper „Tristan und Isolde“ gesungen, die besonders anspruchsvoll ist, vor allem im emotionalen Sinne. In den Jahren 2015 und 2019 verkörperte er den Tristan am Grünen Hügel in der Inszenierung der Festspielleiterin Katharina Wagner, unter der Leitung von Christian Thielemann. Er hat diese Partie auch an den Opernhäusern in Berlin und Wien gesungen.
Ich hatte die Gelegenheit, 2019 in Bayreuth mit dem Künstler über diese Rolle zu sprechen. Stephen Gould betonte, wie wichtig für ihn die Interaktion mit dem Publikum war: „Als ich das Werk studiert habe, haben mir viele gesagt: »Vergiss nicht, dass das fast ein symphonisches Stück ist, und die Stimmen ein Teil vom Orchesterklang sind.« Zwar stimme ich dem zu, gehe aber noch weiter. Ich denke, im emotionalen Sinne soll das Publikum ein Teil der Vorstellung werden, egal ob es mit der Interpretation einverstanden ist. Die Emotionen, die die Zuschauer mitbringen, gehören auch zu diesem Gesamtwerk.“
Als Mensch war Stephen Gould warmherzig, humorvoll und besaß eine gesunde Distanz zu sich selbst. Er sprach in höchsten Tönen von anderen Sängern, auch von anderen Tenören. Es herrschte eine freundliche Atmosphäre bei unseren Gesprächen, da der Künstler seine Aussagen mit amüsanten Anekdoten ausschmückte.
Im Herbst 2019 hatte ich das letzte Interview mit ihm in der Hamburger Staatsoper. Damals war Stephen Gould als Bacchus in Richard Strauss’ „Ariadne auf Naxos“ zu erleben. Er vertraute mir damals an, dass er gerne Loge und Siegmund in Bayreuth gesungen hätte, da er diese beiden Charaktere gerade in Tokio gespielt hatte. Leider ist es ihm nicht mehr gelungen, sich diesen Traum zu erfüllen.
Alle Musikliebhaber werden ihn sehr vermissen.
Jolanta Łada-Zielke, 21. September 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at