Franz Grundheber (zwischen Anneliese Rothenberger und Simone Young) in der Ehrengalerie im Parkettfoyer der Hamburgischen Staatsoper)
von Dr. Ralf Wegner
Es gibt wenige Sänger bei denen man meint, die eigenen Ohren seien nicht groß genug, um den wunderbaren Klang in sich aufzunehmen. Zu diesen zählte Franz Grundheber. Ab 1967 tauchte sein Name in bei mir erhaltenen Besetzungszetteln auf, zum Beispiel als Herold in Othello, ohne dass mir die Stimme in Erinnerung blieb. Später wurde er als Donner oder Masetto besetzt.
1978 hörte ich ihn als Figaro, zwei Jahre später als Père Germont (mit Ricciarelli und Carreras). 1981 fiel er mir zum ersten Mal als wirklich herausragender Sänger auf, und zwar als Faninal im Rosenkavalier. In den 1980er Jahren erreichte Grundheber schließlich einen Status, der ihn mit Amfortas, Jago oder Zar Peter in den sängerischen Olymp katapultierte. Als Rigoletto (ab 1994) sang er zusammen mit Hellen Kwon unübertroffen und er war wohl der beste Holländer (ab 1996), den ich je gehört habe.
Kollege Dirk Schauß hat ja schon Grundhebers Holländermonolog aufs beste beschrieben. Was bei anderen Sängern oft durchhing, erreichte bei ihm eine sängerische Tiefenspannung, die ich so nie wieder erlebt habe. Wie gern hätte man von Grundheber auch den Wotan gehört, es hat aber nicht sein sollen. Dafür sang er, von mir gehört, noch in seinen 60er- und 70er-Jahren Verdipartien mit einer Inbrunst, die erschütterten, so ab 1999 Macbeth, 2006 Simon Boccanegra und bis 2014, zwei Tage vor seinem 77. Geburtstag, immer noch Amonasro. Auch als Scarpia (2000-2011) beherrschte er die Klaviatur der Gefühle, nichts hatte er eingebüßt, weder die Stimmkraft, noch seine glänzende, elektrisierende Höhe, noch das Gleichmaß des Stimmflusses.

Simone Young hat ihn oft auf die Bühne geholt, nach einer Boccanegra-Aufführung am 27. Oktober 2006 ernannte sie ihn anlässlich des 40. Bühnenjubiläums zum Ehrenmitglied der Hamburgischen Staatsoper. Zum Hamburgischen Kammersänger war er bereits 1986 ernannt worden.
Franz Grundhebers Vermögen, bis ins hohe Alter mit stimmlichen Mitteln den Charakter der jeweiligen Partien glaubwürdig zu gestalten, ohne an Schönheit oder an baritonalem Glanz zu verlieren, war auf der Opernbühne einmalig. Wenn er in der Hamburger Musikhalle in Beethovens 9. „O Freunde, nicht diese Töne!“ anstimmte, glaubte man sich im musikalischen Himmel zu befinden. Dort hat er jetzt einen Ehrenplatz eingenommen.
Dr. Ralf Wegner, 29. Septembe 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Nachruf Franz Grundheber klassik-begeistert.de, 29. September 2025