Operngala/Abschied Axel Kober GMD © Anne Orthen
Axel Kober erhält zum Abschied nicht nur die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Oper am Rhein, sondern auch „den Schlüssel zu unseren Herzen“. Spätestens die Farewell-Party zeigt: Den hat er schon lange gehabt! Jeder im Team ist ihm wichtig. Deswegen stehen anders als in einer üblichen Operngala nicht einzelne Solisten, sondern das gesamte Ensemble im Mittelpunkt. Nach dem dritten Aufzug Richard Strauss’ Oper „Die Frau ohne Schatten“ fegen Begeisterungsstürme durch den Saal und Blumen fliegen auf die Bühne.
Operngala zum Abschied von Axel Kober als Generalmusikdirektor
Werke von Richard Wagner, Giuseppe Verdi, Gaetano Donizetti, Pietro Mascagni und Richard Strauss
Solisten des Ensembles der Deutschen Oper am Rhein
und externe Gastsolisten
Chor der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorfer Symphoniker
Dirigent: Axel Kober
Deutsche Oper am Rhein, Düsseldorf, 5. Juli 2024
von Petra und Dr. Guido Grass
Wir haben es geschafft: von Köln nach Düsseldorf trotz Deutschlandviertelfinalefanmeilenverkehrschaosparkplatzsuche. Wir sind glücklich, nicht am Fußballfieber erkrankt zu sein. Und beim Betreten des Foyers fühlen wir uns sofort wie ein Fisch im Wasser. Noch besser, denn flinke Kellner reichen zur Begrüßung ein Gläschen Sekt aufs Haus. Da kommt sofort Galastimmung auf, heute wird gefeiert. Axel Kober ist der Held des Abends, 15 Jahre loyale Arbeit als Generalmusikdirektor, und nun möchte er „einfach mal Dirigent sein“.
Alle wollen zu Wort kommen, um ihren Dank auszudrücken, und Geschenke überreichen. Eines davon ist ein Film, den das Kommunikationsteam der Oper interessant und mit persönlicher Note gestaltet hat.
Axel Kober hat den Schlüssel zu unseren Herzen
Als Vertreter des Ensembles der Deutschen Oper am Rhein überreicht Florian Simson als symbolisches Geschenk den „Schlüssel zu unserem Herzen“. Simson betont in seiner charmanten Rede, dass Kober den echten Schlüssel natürlich längst schon besitze. Noch ein Weiteres bringt er auf den Punkt: GMD – General-Musik-Direktor, in der Mitte dieser Nominalwortkette steht „Musik“. Und die steht auch bei Axel Kober immer im Mittelpunkt.
Nach den Eröffnungsreden bestimmt Kober: „Jetzt fangen wir erst mal an!“
Mit weichen, leichten Bewegungen lässt er zart, fast kammermusikalisch, das Vorspiel zu Richard Wagners „Lohengrin“ beginnen. Hier können die Düsseldorfer Symphoniker ihr Können unter Beweis stellen. Wenn Generalintendant Meyer meint, Kober habe den Klang des Orchester verändert und geprägt, hier wird es hörbar, z.B. beim Blech, das uns mit warmen weichen Ton umspült.
Die nachfolgenden Stücke sind den großen Opern entnommen, die unter vielen anderen prägend waren für Kobers Düsseldorfer Zeit: Das Rheingold, Rigoletto, Ariadne auf Naxos, Lucia di Lammermoor, Cavalleria rusticana und Falstaff.
Seine Auswahl sind keine Lieblingsstücke, erklärt Kober auf der Bühne. Es ist ihm wichtig herauszustellen, dass er bewusst nicht auf die großen Arien gesetzt hat, sondern auf die Passagen mit vielen Sängern. Heute Abend sollen möglichst viele dabei sein, um ein gelungenes Fest zu feiern.
Stolze 30 Ensemblemitglieder zeugen vom beeindruckenden Niveau der rheinischen Opernstadt. Wir verzichten ganz im Sinne Kobers darauf, einzelne hervorzuheben, auch weil es uns schwer fiele, unter den vielen schönen Momenten den einen oder die eine auszuwählen.
Wir feiern einfach mit.
Es ist erfrischend anzusehen, wie sehr sich Kober freut, wenn wieder eine Sängerin oder ein Sänger eine der vielen Lieblingsstellen gelungen darbietet. Wie er lächelt und lacht, wenn die Rheintöchter Alberich necken oder Zerbinetta mit den Männern spielt!
Der dritte Aufzug aus „Die Frau ohne Schatten“ ist der musikalische Höhepunkt des Abends
An den großen internationalen Opernhäusern ist der Name Kobers insbesondere mit den Werken Richard Wagners und Richard Strauss’ verbunden. Und auch heute bilden diese beiden Komponisten einen Schwerpunkt. Letzterem ist mit der konzertanten Aufführung des dritten Aufzugs der „Frau ohne Schatten“ der zweite des Abends gewidmet. Als externe Solisten verstärken Lise Lindström (Färberin), Linda Watson (Amme) und Corby Welch (Kaiser) die Hauskräfte, hierunter Bogdan Baciu als Barak.
Wie er mit kräftiger, aber warmer Stimme „Mir anvertraut“ anstimmt, erweicht es das Herz. Kein Wunder, dass er auch an anderen großen Bühnen gefragt ist.
Linda Watson spielt überzeugend die zwielichtige Amme. Mit Mitte 60 ist sie nicht mehr die Jüngste, doch das hört man ihr nicht an. Gewalt kommt gewaltig, ohne Grenzen scheint ihre Stimme.
Corby Welch ist als Wagner-Tenor gefragt und hat in Düsseldorf unter anderem als Siegfried oder als Paul (in Korngolds „Die tote Stadt“) für Furore gesorgt. Als Kaiser überzeugt er mit exzellenter Verständlichkeit. Scheinbar ohne jede Anstrengung setzt sich sein schöner, hell gefärbter Tenor auch über laute Orchesterpassagen hinweg.
Lise Lindström hatte uns bereits letztes Jahr in Köln in der Rolle der Färberin überzeugt. Auch heute gestaltet sie mit großer schauspielerischer Hingabe und ihrem facettenreichen Sopran die zweifelnde, verzweifelnde und liebende Ehefrau.
Die Rolle der Kaiserin ist mit Morenike Fadayomi aus dem Ensemble besetzt. Wenn sie die Amme mit „Zur Schwelle des Todes“ zur Rede stellt und ihre Stimme aus der hohen Lage in die bedrohliche Tiefe hinabgleitet oder sich mit „Ich will nicht“ der scheinbar leichten Lösung verweigert, gefriert das Blut in den Adern. Die Antwort des Kaisers „Wenn das Herz aus Kristall zerbricht in einem Schrei“ wird hier lebendig. Mit rührender Anmut erklingt kurz vor Schluss ihr Liebesbekenntnis zum Kaiser.
Mit sicherer Hand führt Axel Kober durch die Partitur. Wenn nötig scheut er sich nicht, das Orchester kräftig auffahren zu lassen. Doch auch dann achtet er darauf, dass wichtige Solostimmen nicht verloren gehen. Es ist auch optisch ein Genuss zu sehen, wie er beim großen Violinsolo (Dragos Manza) das leise begleitende Orchester mit minimalen Bewegungen im Zaume hält.
Wenn zum Schluss Kaiser und Kaiserin, Barak und seine Frau gemeinsam mit dem Chor singen, ist dies einfach nur noch umwerfend.
Strauss wäre jedoch nicht Strauss, wenn er die Oper nicht leise verklingen ließe. Leise aus der Ferne, zu den Klängen der Glasharmonika, singen die Stimmen der Ungeborenen: „Wäre denn je ein Fest, wären nicht insgeheim wir die Geladenen, wir auch die Wirte!“
Wie wahr, gerade heute. Frenetischer Applaus und stehende Ovationen. Blumen fliegen auf die Bühne.
Und nun auf zur Farewell-Party
Bisher wurde gedankt, beschenkt, musiziert und gefilmt; und nun wird es richtig familiär: Es wurde gebastelt und getextet. Frei nach „Hello Dolly“ bringt das Ensemble ein Ständchen: „Hello Axel“, witzig, frech, frei; und am Schluss liegen sich alle in den Armen. Happy End für heute – die Fortsetzung folgt, da sind wir uns sicher.
Petra und Dr. Guido Grass, Köln, 6. Juli 2024
für klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Düsseldorfer Symphoniker, Axel Kober, Dirigent Tonhalle Düsseldorf, 28. Juni 2024
Giselle, Ballett von Demis Volpi Deutsche Oper am Rhein, 19. November 2023
Richard Wagner, Parsifal Deutsche Oper am Rhein, Düsseldorf, 15. Oktober 2023