Meisterhafte Virtuosität und überwältigende Spielfreude: Hilary Hahn, Mikko Franck und das Orchestre Philharmonique de Radio France eröffnen die neue Saison der Dresdner Palastkonzerte

Orchestre Philharmonique de Radio France, Mikko Franck, Hilary Hahn,  Kulturpalast Dresden

Foto: Michael Patrick O’Leary (c)
Kulturpalast Dresden
, 1. September 2009
Orchestre Philharmonique de Radio France
Mikko Franck,
Dirigent
Hilary Hahn, Violine

von Pauline Lehmann

Mit einem musikalischen Feuerwerk starten die Palastkonzerte der Dresdner Musikfestspiele in die zweite Saison. Die Geigerin Hilary Hahn und das Orchestre Philharmonique de Radio France unter der Leitung von Mikko Franck begeistern mit Werken von Maurice Ravel, Jean Sibelius und Ludwig van Beethoven.

Zu Beginn des Konzertabends erklingt Maurice Ravels Le Tombeau de Couperin. Ravel verbindet in seiner viersätzigen Orchestersuite erschütternde Erlebnisse aus der Zeit des Ersten Weltkrieges mit einer anmutigen Hommage an die französische Musik des 18. Jahrhunderts. Graziös musizieren die Holzbläser das verspielte Thema des Prélude. Die Streicher übernehmen, und Franck zaubert einen beeindruckenden Klangraum, der mit einem flirrenden Harfenarpeggio endet.

Die Forlane wirkt düster und vermittelt eine zwielichtige Atmosphäre. Franck und dem Orchestre Philharmonique de Radio France gelingt es, heitere Momente besonders glanzvoll erstrahlen zu lassen. Tiefe Passagen erklingen galant und leichtfüßig.

Franck begeistert durch seine lockere und humorvolle Art. Er bricht die Barriere zwischen Dirigent und Orchester auf, indem er auf die einzelnen Stimmen zugeht. Leise Passagen sind fein nuanciert und aufwallende Melodiebögen energetisch geladen. Das vitale Zusammenwirken des Orchestre Philharmonique de Radio France mit seinem Musikalischen Direktor schafft Sternstunden.

Das Menuet beginnt mit einem eindringlichen und sehnsuchtsvollen Oboensolo. Ruhige Holzbläserklänge wechseln mit aufbrausenden Passagen. Der feurige Rigaudon beschließt die viersätzige Orchestersuite. Francks Dirigat ist hoch energetisch. Seine körperlichen Impulse sind in den vorderen Reihen des Parketts deutlich spürbar. Staccato-Phrasen wirken locker und leicht. Das Publikum ist überwältigt und antwortet mit tosendem Applaus.

Den Höhepunkt des Abends bildet Jean Sibelius’ Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47. Das Tremolo der hohen Streicher und die einsame Melodie der Solovioline in einem durchsichtigen Pianissimo wirken sphärisch. In Arpeggien und Doppelgriffen steigert sich die Solovioline in eine halsbrecherische Kadenz. Hahns Violinspiel ist virtuos und meisterhaft. Sie lässt die Töne in einem nordischen, kristallklaren Glanz erstrahlen.

Hahn verleiht dem zweiten Satz Adagio di molto einen runden, vollen Klang. In der Melodie der Solovioline liegt die Schwere des ganzen Satzes. Im pulsierenden, tänzerischen Allegro ma non tanto gelingen Hahn die hohen technischen Anforderungen leichter. Ihr Spiel ist befreiter. Die rhythmischen Fokussierungen und das fulminante Finale machen Spaß. Die amerikanische Geigerin glänzt mit einer beeindruckenden Interpretation von Sibelius’ Meisterwerk. Das Publikum dankt mit Bravourrufen und stehenden Ovationen.

Zwei Stücke von Johann Sebastian Bach als Zugabe schaffen einen Kontrast zu Sibelius’ aufbrausendem Werk. Die Sarabande aus der Partita II in d-Moll BWV 1004 ist von einer eindrucksvollen inneren Ruhe der Solistin gezeichnet. Hahn begeistert mit einer intensiven Dynamik.

Im zweiten Teil des Konzerts erklingt Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67. Franck und das Orchestre Philharmonique de Radio France überzeugen mit einer dynamischen Interpretation, die in keinem Moment daran erinnert, diese Sinfonie schon unzählige Male gehört zu haben. Im zweiten Satz Andante con moto tritt der Kontrast zwischen dem lyrischen Thema und dem majestätischen Seitenthema deutlich hervor. Der Finalsatz Allegro – Presto macht Spaß.

Nach Bravourrufen und langen Ovationen entführen das Orchestre Philharmonique de Radio France und Franck mit Jean Sibelius’ Valse Triste op. 44 Nr. 1 das Publikum nochmals in den hohen Norden. Wieder beeindruckt die hohe Kunst der Dynamik. Ein durchsichtiges Pianissimo entwickelt sich zu einer ausgelassenen Melodie. Die schwebenden Klänge der Solovioline erinnern an Sternenstaub.

Pauline Lehmann, 4. September 2018, für
klassik-begeistert.de

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