Feuerzangenbowle geht auch einfacher – und ist dabei nicht minder wirkungsvoll

PhilX, „Die Feuerzangenbowle“  Halle 1 Tabakquartier, 6. Dezember 2024

Foto: Quartetto con brio / (c) Bremer Philharmoniker/YouTube.com

PhilX „Die Feuerzangenbowle“

Benedikt Vermeer Sprecher

Quartetto con brio Musikarrangements der 1930er- und 1940er-Jahre

Halle 1 Tabakquartier, 6. Dezember 2024

von Dr. Gerd Klingeberg

„Die Feuerzangenbowle“, anno 1944 unter widrigen Bedingungen mit Hauptdarsteller Heinz Rühmann gedreht, um den inzwischen vom Krieg zermürbten Deutschen ein bisschen Heiterkeit und Durchhaltevermögen zu vermitteln, ist längst zum ultimativen Kultfilm geworden; die Worte eines Professor Crey und seiner Kollegen wie auch des Pennälers Hans Pfeiffer („mit drei F“) haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt und können oftmals nahezu fehlerfrei und sogar mit passendem Zungenschlag mitgesprochen werden.
In einer etwas anderen Version, quasi als Monodram, konnten die Zuhörer die dereinst von Heinrich Spoerl verfasste Posse im neuen Konzertsaal der Bremer Philharmoniker erleben. Schauspieler Benedikt Vermeer erzählte locker flockig die heitere Geschichte des Schriftstellers Dr. Johannes Pfeiffer, der, da von einem Hauslehrer unterrichtet, als vermeintlicher Pennäler Hans endlich einmal eine richtige Schule erleben möchte.

Vermeers von passender Gestik begleiteter Vortrag, mal frei heraus im humorigen Plauderton, mal dezidiert deklamierend, markant rezitierend oder lebhaft referierend, vermittelte die sattsam bekannten Schülerstreiche, die Dispute mit den teils arg verschrobenen Lehrern wie auch die rührende Lovestory samt Happy End zwischen Hans und Direktorentöchterchen Eva in plastischen Bildern. Und natürlich versäumte er es auch nicht, dabei in den jeweils angesagten Dialekt zu wechseln, was vom angeregt lauschenden Publikum nicht selten mit amüsiertem Gelächter quittiert wurde.

Saloneskes mit klassischer Note

Für den besonderen Reiz der abendlichen Veranstaltung sorgten indes zehn gut zwischen den Textabschnitten verteilte musikalische Intermezzi. Eigens dafür hatte Steffen Drabeck, Bratschist des Quartetto con brio, zumeist gut bekannte Melodien von UFA-Filmkomponisten für sein Streichquartett arrangiert. Erwartungsgemäß in einer deutlich klassisch geprägten Kompositionsweise, aber mit gehörig salonesker Einfärbung. Der eingangs schwungvoll intonierte Ohrwurm „Mit Musik geht alles besser“, komponiert von Werner Bochmann und vor allem in der Gesangsversion eines Rudi Schuricke bekannt, war ideal, um einiges von der damals herrschenden Stimmung einzufangen. Romantische Schwelgereien waren indes angesagt beim gefühlvoll gefiedelten „Illusions“ (Friedrich Holländer), ein Song, den Marlene Dietrich dereinst mit rauchig-erotischem Timbre präsentierte.

Nach dem charmant nonchalanten „Küss mich, bitte, bitte, küss mich“ (H. Carste/Kl. Richter) war es nicht weit bis zum tristtönigen Liebeskummer: „Bei dir war es immer so schön“ (Th. Mackeben), gefolgt vom selbstzweifelnden „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ (Holländer) und der mit expressivem Nachdruck vorgetragenen Aufforderung „Nur nicht aus Liebe weinen“ (Beckmann/ Mackeben), Letzteres mit indes mit einem passend aufmüpfig anmutenden Mittelpart, gemäß dem provokanten Text: „Ich liebe jeden, der mir gefällt!“.

Einen straffen Tango-Titel („Youkali“ von K. Weill) hatten die vier Musiker (O. Dulyba und Fl. Baumann: Violine, St. Drabeck: Viola, S. Anisonyan: Violoncello – allesamt Mitglieder der Bremer Philharmoniker) ebenso im Repertoire wie das von sanftem Mondschimmer und süßen Träumen erzählende Heia-Lied „La Le Lu“, mit dem Papa Rühmann dereinst seinen Filmsohn in den Schlaf trällerte. Um das Publikum damit am Ende nicht womöglich ebenso schläfrig zu entlassen, verwies das Quartett mit energisch schwingenden Bogenstrichen darauf: „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da!“ (Mackeben).

Ihre klassischen Wurzeln hatten die vier Musiker dabei keinesfalls hintangestellt. Als quasi Salon- oder Filmmusik-Ensemble setzten sie bei ihren gekonnten Ausführungen jedoch durchweg auch auf ein gerütteltes Maß an Lockerheit, Gefühl und Rhythmus abzugleiten.
Es muss halt nicht immer der gigantische Orchesterapparat sein: Auch 75 Minuten gemütvoll unterhaltsamer, klassisch veredelter Salonmusik, noch dazu gepaart mit humorigem Ein-Mann-Theater, können selbst ausgemachte Klassik-Fans, aber auch weniger auf klassische Klänge stehende Zuhörer beeindrucken. Und das tat sie auch, wie der lang anhaltende Schlussbeifall und Standing Ovations des begeisterten Publikums bewiesen.

Dr. Gerd Klingeberg, 8. Dezember 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Giacomo Puccini, La Bohème Theater Bremen, 30. November 2024 PREMIERE

Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Paavo Järvi, Dirigent Bremer Konzerthaus Die Glocke, 30. November 2024

Jan Lisiecki Klavier, Tarmo Peltokoski Dirigent, Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen Bremer Konzerthaus Die Glocke, 10. Oktober 2024

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