Foto: Quelle – Ariola-Eurodisc
Aber zur Kardinalsfrage: Welche der vielen Einspielungen soll man sich anschaffen? Es gibt glühende Anhänger des Furtwängler-Ringes, des Solti-Ringes, des Karajan-Ringes, des Levine-Ringes und des Barenboim-Ringes, um nur einige Einspielungen zu nennen. Der Autor begann 1989 mit dem Karajan-Ring – einer sicherlich vorzüglichen Einspielung, die man bedingungslos empfehlen kann. Jeder Anhänger „seines“ Ringes kann stundenlang Vorträge darüber halten, warum er gerade diese oder jene Einspielung liebt und warum alle anderen Einspielungen nichts taugen.
von Ulrich Poser
Der wieder einmal mit der Bahn durchs Land Reisende möchte heute eine besondere Empfehlung aussprechen. Sie ist zum einen an Menschen gerichtet, die Richard Wagner noch nicht für sich entdeckt haben und zum anderen an Liebhaber des Meisters, die die Empfehlung – aus welchen Gründen auch immer – noch nicht für sich entdeckt haben.
Der heutige Entscheidungsfindungsprozess baut auf der für Neulinge im Metier überaus wichtigen und nicht sehr leicht zu beantwortenden Frage auf, welche der zahlreichen Einspielungen des Rings des Nibelungen man sich denn auf welchem Medium zulegen soll.
Fangen wir mit dem Medium an: Es wird zunächst unstreitig sein, dass man den Ring nicht streamt und auch nicht downloadet. Soll der Ring dann aber auf LP oder auf CD angeschafft werden? Der Autor ist bekanntermaßen ein großer Vinylfreund. Im Bereich Pop/Rock/Jazz zieht er die CD der Schallplatte meistens vor.
Beim Ring verhält sich anders: Schon die Häufigkeit des erforderlichen Umdrehens von 16 oder gar 18 Schallplatten (36 Schallplattenseiten) verdirbt dem Hörer ein wenig die Freude. So viele Unterbrechungen mag der Wagnerfreund ebenso wenig wie das Knistern abgespielter LPs.
Also wird empfohlen, sich auf das Medium CD einzulassen. Hier hat man es nur mit 14 Tonträgern zu tun. Diese Entscheidung ist also schon einmal getroffen.
Aber zur Kardinalsfrage: Welche der vielen Einspielungen soll man sich anschaffen? Es gibt glühende Anhänger des Furtwängler-Ringes, des Solti-Ringes, des Karajan-Ringes, des Levine-Ringes und des Barenboim-Ringes, um nur einige Einspielungen zu nennen. Der Autor begann 1989 mit dem Karajan-Ring – einer sicherlich vorzüglichen Einspielung, die man bedingungslos empfehlen kann. Jeder Anhänger „seines“ Ringes kann stundenlang Vorträge darüber halten, warum er gerade diese oder jene Einspielung liebt und warum alle anderen Einspielungen nichts taugen.
In der täglichen Praxis greift der Autor jedoch zu über 90 Prozent auf die digitale DDR-BRD-Koproduktion aus den Jahren 1980-1983 zurück: Den ersten Janowski-Ring mit der Staatskapelle Dresden. Zum einen ist die Klangqualität überragend; das ist die erste digitale Einspielung des Werkes überhaupt. Das Orchester agiert stets transparent und mit einem Höchstmaß an der für Wagner so wichtigen Dynamik. Janowski kreiert hier vom Pult aus einen äußerst spannenden orchestralen Krimi, der fesselt.
Auch die Sängerbesetzung ist erstklassig: Jessye Norman und Siegfried Jerusalem sind ein stimmlich hervorragendes Wälsungenpaar. Insbesondere der sich 1983 noch gerade auf seinem Zenit befindliche René Kollo bietet als stimmstarker Siegfried eine betörende Heldenleistung. Auf Vulgär-Neudeutsch würde man sagen, „dieser Siegfried hat Eier“.
Die Aufnahme steht und fällt aber mit Matti Salminens Interpretation des Hagen. So tief, so schwarz, so böse und so „unique“ hat diese Partie noch niemand gesungen! Der Autor weiß, dass jetzt die Fans von Gottlob Frick, Karl Ridderbusch und anderen aufschreien werden. Es ist aber so!
Allein seine Interpretation von „Dir hilft kein Hirn, dir hilft keine Hand: dir hilft nur – Siegfrieds Doood“ ist so einmalig, dass man sich das auch beim 500. Mal noch gern anhört.
Unerreicht ist auch sein „Meineid rächt‘ ich“ im 3. Akt der Götterdämmerung. So bitterböse singt kein Matti Salminen. Das singt Hagen höchstpersönlich.
Falls Sie Ihn also noch nicht haben sollten: Kaufen Sie sich den Janowski-1-Ring morgen. Sie werden es nicht bereuen!
Ulrich Poser, 8. Dezember 2019 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Lieses Klassikwelt (c) erscheint jeden Freitag.
Ritterbands Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Sonntag.
Posers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Sonntag.
Ladas Klassikwelt (c) erscheint jeden Montag.
Langes Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der Franke Ulrich Poser, Jahrgang 1962, gebürtiger Erlanger, lebt in Hamburg und bezeichnet sich selbst als „musikverrückt“; im Laufe der Jahre hat er sich eine formidable Schallplatten- und CD-Sammlung mit einigen tausend Sammlerstücken zugelegt, die zum Bedauern seiner Ehefrau nahezu täglich erweitert wird. Im Symphonischen Chor Hamburg (als Bass) und in einer Rockband (als Sänger, Gitarrist und Keyboarder) ist Ulrich Poser darüber hinaus selbst als aktiver Musiker unterwegs.
Ulrich ist seit 1996 als Rechtsanwalt zugelassen und seit 2009 Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Er ist Geschäftsführer der Veranstaltungsrechtskanzlei Poser und Inhaber der auf die Veranstaltungsbranche spezialisierten Seminarfirma Poser-Seminare sowie Vorsitzender und Justiziar des Berufsverbandes Der Veranstaltungsberater e.V.
Der ausgesprochene Wagnernarr besucht seit 1988 nahezu jedes Jahr den Grünen Hügel in Bayreuth.