André Heller feiert die Wiener musikalische Seele

André Heller, Remassuri Musikkomödie  stadtTheater Walfischgasse, Wien, 3. Mai 2025

Remassuri © Stefan Liewehr

Mit einer amüsierenden, originellen und wunderbar ur-Wienerischen Musikkommödie belebt André Hellers Team das fast schon vergessenen Walfischgassenteater neu. Hier lebt die stimmige Wiener Musi, das Publikum goutiert den Abend mit lebendiger Begeisterung!

Remassuri
nach Ideen von André Heller, Ursula Strauss und Ernst Molden

stadtTheater Walfischgasse, Wien, 3. Mai 2025

von Johannes Fischer

A bisserl’ unspektakulär gelegen ist’s scho, das stadtTheater Walfischgasse. Zwar ein paar kurze Schritte von der Staatsoper, aber im Keller eines Bürogebäudes, der Eingang natürlich im Hinterhof. Umso belustigender und spektakulärer gelang das heitere Musikspektakel, welches einem am unteren Ende des stilvoll geschmückten Treppenhauses, Mahler-Zitate compris, erwartete. Mit spaßigem Kabarett, tanzenden Geigen und viel guter alter Schrammelmusi verging das knapp anderthalbstündige Werk wie in einem Augenzwinkern!

Ein Theaterstück ist’s nicht wirklich, dafür umso unterhaltsamer und ur-Wienerischer. Voller zeitlosen Anspielungen auf die luftige musikalische Seele dieser wunderbaren Stadt zelebriert das Team vom Alleskönnerkünstler André Heller das Wiener Lied. Schlager wie „Wien, Wien nur die allein“ oder „Es lebe der Zentralfriedhof“ dürfen ebenso wenig fehlen wie die auch beim Neujahrskonzert gespielten Sphärenklänge oder Schuberts marschmäßiger Moment Musical in einem spielvollen schwarz-weißen Silhouettenfilm. Es lebe die heilige Musik!

Remassuri © Stefan Liewehr

Das Publikum zeigte sich schon während des Abends sichtlich begeistert und brach immer wieder in eifriges Gelächter aus. Kasperl und Pezi grüßten mit einem kurzen, aber keckem Zwischenspiel, ein paar Kindheitserinnerungen also inklusive. Ob die kleinen und großen Kinder etwa alle da sind? Wohl überwiegend letzteres, umso seelenhafter tönte aber ein freudestrahlendes „Jaaa!“ durch das Publikum!

Zu den komödiantischen Highlights des Abends gehörten die wortwörtlich tanzenden Geigen. Wie in einem kunstvoll musikalischem Zirkusakt sprangen die als Instrumente verkleideten Künstler über die Bühne und ließen Schritt für Schritt, Note für Note ein paar halbe oder viertelte Donauwalzerklänge aus den Saiten hupfen. Erst ein Ton gezupft, dann zwei, irgendwann erkennt man die Melodie, Bogen kommt auch noch dazu. Einfach genial. So in etwa muss es dem Strauß auch aus den Fingern gerutscht sein. Und diese Geigen werden sicher kommen, erstens, weil sie Füße haben und zweitens, weil’s nicht in der Hand sind!

Remassuri © Stefan Liewehr

Auch die gesanglichen und musikalischen Leistungen fügten sich bestens in das allgemeinen spaßige Kulturerlebnis ein. Tini Keinrath und Marlene Janschütz jonglierten die federleichten und textlich teils ernsten Melodien der Wiener Lieder völlig mühelos über die Bühne, die kabarettistischen Texteinschübe sprangen spaßig wie spontan durch das Publikum. Auch die Schauspieler Florian Stanek, Clemens Drimal und Ana Cecilia Gastaldi sorgten für einen unterhaltsamen, abwechslungsreichen Abend mit Maskentheater, Drehorgelgesang und dergleichen.

Remassuri © Stefan Liewehr

Achso, auf dem Programm war immer wieder von „Ideen von André Heller und Co.“ die Rede. Ein Sammelsurium an aufeinanderfolgenden Liedschnippelchen? Keinesfalls, das war eine durchdachte, fein zusammengewebte Reise durch die ganze weite Welt der Wiener Musik. Ein wenig wie ein Spaziergang durch die engen, alten Gassen der inneren Stadt und ihre Musik. Selbst eine Umbauszene wurde Teil dieses Kunstwerks, als eine Inspizientin elegant wie in einem altwiener Kaffeehaus dem Schrammelensemble die Pulte wieder auf die Bühne stellte. Das hätte auch Oper sein können, Erinnerungen an Robert Carsens geniale Münchner Ariadne-auf-Naxos-Regie werden wach…

Remassuri © Stefan Liewehr

Rein zahlenmäßig steht Remassuri mit gerade einmal 271 Plätzen deutlich im Schatten der anliegenden Staatsoper ums Eck. Weniger stimmig ging’s hier allerdings nicht zu, das Publikum war am Ende dieser amüsierenden und wunderbar ur-Wienerischen Musikkommödie völlig aus dem Häuschen. Ehrlich gesagt, wenn ich einer Touristin raten würde, „Wo kann ich den musikalischen Puls dieser Stadt spüren?“, die logische Antwort wäre: „In der Walfischgasse!“

Johannes Fischer, 4. Mai 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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