Arabella – Devieilhe, Nylund © Michael Pöhn/Wiener Staatsoper
Dass Christian Thielemann kein unendlich großes Repertoire hat, ist hinlänglich bekannt. Aber seine „Leibkomponisten“ wie Wagner, Bruckner, Strauss interpretiert er (vor allem heute) wie kein Zweiter. Und mit dieser „Arabella“-Serie hat der Maestro wieder ein Glanzstück geliefert, von dem man noch lange wird zehren können (und müssen!).
Richard Strauss
Arabella
Lyrische Komödie in drei Aufzügen
Mit: Camilla Nylund, Michael Volle, Sabine Devieilhe, Wolfgang Bankl, Michael Laurenz, Ilia Staple u.a.
Regie: Sven-Eric Bechtolf
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper
Dirigent: Christian Thielemann
Wiener Staatsoper, 22. April 2025
von Herbert Hiess
Dresdens „Pech“ ist Wiens Glück – nicht anders kann man diese Situation beschreiben, dass relativ unvermutet die Saison 2024/25 eine glanzvolle Spielzeit wurde. Da Dresden aus unerfindlichen Gründen diesen genialen Maestro geradezu weggemobbt hat, hat der Wiener Intendant Bogdan Roščić diese Situation genutzt und Thielemann gleich für drei Werke („Palestrina“, „Arabella“ und demnächst „Lohengrin“) engagiert.
Leider nur diese Saison, da in der Saison 2025/26 sich der Maestro im Haus am Ring angeblich nicht blicken lässt.
Dafür kam man jetzt in den Genuss der allzu selten gespielten „lyrischen Komödie Arabella“, die natürlich von Strauss Leiblibrettisten Hugo von Hofmannsthal getextet wurde – diese geniale Zusammenarbeit war aber leider auch schon die letzte.
Das Sujet ist recht einfach; es handelt sich um ein amouröses Verwirrspiel zwischen dem reichen slawischen Adeligen Mandryka und Arabella, der Tochter des verarmten Grafen Waldner. Das andere Liebespaar ist Zdenka, die sich fast bis zum Schluss als Mann ausgibt, und der Offizier Matteo.
Natürlich schließen diese Verwicklungen mit „Happy End“, die der Regisseur Bechtolf logisch, klar und auch ästhetisch erzählt. Mit einer klugen Personenregie transferierte er die Handlung von 1860 zum Zeitpunkt der Uraufführung 1933.

Die Handlung spielt im operettenhaften Wiener Milieu, wo man sich aber keinesfalls eine „leichte Musik“ vorstellen darf. Strauss hat das Werk mehr als kunstvoll instrumentiert und komponiert; natürlich gibt es (vor allem im ersten Akt) Parlandostellen, die irgendwie mehr nach Überbrückung klingen. Wenn es aber dann zu ernsthaften Passagen wie „Aber der Richtige, wenns einen gibt“ im ersten Aufzug oder im zweiten dann das Duett „Und du wirst mein Gebieter sein“, dann merkt man sehr schnell die große Gefühlswelt von Strauss – und vor allem dann, wenn Christian Thielemann den Taktstock erhebt.
Dieses Mal hörte man nicht das Orchester der Wiener Staatsoper, sondern viel mehr die Wiener Philharmoniker. Unvergleichlich – fast ereignishaft, wie Christan Thielemann selbst diese Parlandostellen mit Leben füllt und wie er die vorhin erwähnten zwei Szenen geradezu zelebrierte. Das Orchester erklang hier in einer ganz erlesenen Klangschönheit und -sinnlichkeit. Unvergessen dabei die ganze Liebesszene im zweiten Akt – hier reihte sich Thielemann bei Richard Strauss tatsächlich in den Rang eines Herbert von Karajan oder Karl Böhm ein.
Die Sänger waren alle ausgezeichnet, wobei man sich vor allem bei Sabine Devieilhe weit mehr Persönlichkeit in ihrer schönen Stimme wünschen würde.
Das Ereignis dieser Vorstellung waren Camilla Nylund als Arabella und vor allem Michael Volle als Mandryka. Dieser war nicht nur stimmlich phänomenal, sondern auch schauspielerisch ausgezeichnet. Diese Baritonpartie ist eine der schwierigsten; Volle ließ nicht nur nicht nach, sondern steigerte sich bis zum Schluss. Ein grandioser Geniestreich.

Camilla Nylund war hervorragend, wobei ihr aber etwas das „Mädchenhafte“ etwas abgeht. Trotzdem machte sie aus der Partie ein Ereignis; sie brillierte sowohl im Fortissimo als auch im zartesten Pianissimo. Dieses Paar war und ist ein Ereignis; Camilla Nylund kann man noch in den kommenden „Lohengrin“-Vorstellungen unter Thielemann als „Elsa von Brabant“ erleben.
Alles in allem ein unvergleichlicher Strauss-Abend, von dem man sich während der Vorstellung wünschte, dass er nie zu Ende ging. Das hat sich fix ins Gedächtnis eingebrannt.
Herbert Hiess, 23. April 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Richard Strauss, Arabella (1933) Deutsche Oper Berlin, 7. März 2025