Thielemann Christian © Michael Pöhn
Der begehrte Ring des Nibelungen unter Dirigent Christian Thielmann wurde zum triumphalen Erfolg. Thielemann und seine Staatskapelle sorgen für ein extrem kurzweiliges Opern-Epos. Die Sänger liefern die dazugehörige Komplexität. Dmitri Tcherniakovs Inszenierung wird dagegen zum langweiligen Hintergrundrauschen.
Richard Wagner
Der Ring des Nibelungen (1876)
Musikalische Leitung: Christian Thielemann
Staatskapelle Berlin
Inszenierung, Bühne: Dmitri Tcherniakov
Staatsoper Unter den Linden, 5. Oktober – 12. Oktober 2025
von Arthur Bertelsmann
Die innerhalb von zwei Stunden ausverkauften Zyklen des „Ring des Nibelungen“ unter der Leitung des GMD der Staatskapelle Christian Thielemann ist die erwartete Sensation geworden.
Thielemann und sein Orchester lieferten einen einmalig spannenden Ring. Ohne Unterlass pinselte der Maestro verzaubernde, mythische Klanglandschaften in den Saal. Das 14-stündige Ungetüm wurde so zum süffigen 14-Stunden Blockbuster, bei dem die Pausen gar nicht schnell genug vorübergehen konnten, die Ruhetage wie Wochen schienen. Doch mit dem Blockbuster ist das ja im Allgemeinen so eine Sache. Natürlich ist der spannend und glänzend produziert, eine wirkliche intellektuelle Herausforderung stellt er aber auch nicht da – und im Berliner Orchestergraben verhielt es sich ähnlich. Selbstredend klang das alles fantastisch, romantisch und mitreißend, doch der durchrüttelnde Geistesblitz blieb aus.

© Monika Rittershaus
Für das Intellektuelle sorgten die Sänger. Vier Namen sind hier besonders hervorzuheben: Anja Kampe (Brünnhilde), Mika Kares (Fasolt, Hunding, Hagen), Andreas Schager (Siegfried) und Michael Volle (Wotan).

Es ist nicht nur die fast durchgehende handwerkliche Brillanz und Textverständlichkeit, die das Quartett in den Ring-Olymp erhebt, es ist auch – und vor allem – ihre charakterliche Vielschichtigkeit:
Schager, der sich vom gutmütigen Kraftwerk zum gewissenlosen Egoshooter verwandelt, Kampe, die mehr liebt, hasst und verzweifelt als jede andere Figur, Volles stringente Entwicklung vom Schaumschläger-Patriarch zur transzendentalen Untergangs-Prophezeiung, Kares, der Fasolt grob und liebenswert und Hagen, hochintelligent und eiskalt verkörpert.

Durch diese Ausnahmesänger wird wieder einmal deutlich: Die hohe dramatische Substanz der Wagner-Opern speist sich durch die Ambivalenz der Figuren, deren Exegese niemals ihren großen Reiz verlieren wird.

Ganz anders verhält es sich mit Dmitri Tcherniakovs Inszenierung, hier passt nichts zueinander. Die Entmystifizierung des Epos knirscht an unzähligen Stellen. Tcherniakovs Idee, das ganze Drama in einem Forschungszentrum spielen zu lassen erscheint aufgrund der determinierten Welt des Ring-Zyklus’ zunächst interessant, wird jedoch bereits im Rheingold zum lahmen Gimmick, aus dem plumpeste Ideen entstehen. So unverständlich das Regiekonzept erscheint, muss man ihm doch zugute halten, dass sich Tcherniakovs Inszenierung nicht aufdrängt. Der russische Regisseur respektiert nichtsdestotrotz die Musik und putzt sie nicht durch dämliche Regieanweisungen herunter. Und eben in dieser unaufdringlichen, belanglosen Inszenierung liegt die beste Nachricht für den Leser bereit.
Sündhaft teure Plätze (1.100€ in der Spitze) kann man sich bei dem Ring an der Staatsoper Unter den Linden sparen, stattdessen sollten Sie sich sich mit gutem Gewissen für knappe 100€ in den dritten Rang setzen, die Augen schließen und im Wagner-Klang versinken – Sie müssen nur verdammt schnell beim Verkaufsstart sein.
Arthur Bertelsmann, 14. Oktober 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Richard Wagner, Die Walküre (1870) Staatsoper Unter den Linden, 7. Oktober 2025
Richard Wagner, Siegfried Staatsoper Unter den Linden, 10. Oktober 2025
Richard Wagner, Götterdämmerung (1876) Staatsoper Unter den Linden, 12. Oktober 2025
Besetzung:
Das Rheingold:
Wotan: Michael Volle
Donner: Roman Trekel
Froh: Siyabonga Maqungo
Loge: Sebastian Kohlhepp
Fricka: Claudia Mahnke
Erda: Anna Kissjudit
Alberich: Jochen Schmeckenbecher
Mime: Stephan Rügamer
Fasolt: Mika Kares
Fafner: Peter Rose
Die Walküre:
Siegmund: Eric Cutler
Sieglinde: Vida Miknevičiūtė
Hunding: Mika Kares
Wotan: Michael Volle
Brünnhilde: Anja Kampe
Siegfried:
Siegfried: Andreas Schager
Mime: Stephan Rügamer
Der Wanderer: Michael Volle
Alberich: Jochen Schmeckenbecher
Fafner: Peter Rose
Erda: Anna Kissjudit
Brünnhilde: Anja Kampe
Götterdämmerung:
Siegfried: Andreas Schager
Gunther: Lauri Vasar
Alberich: Johannes Martin Kränzle
Hagen: Mika Kares
Brünnhilde: Anja Kampe
Gutrune: Clara Nadeshdin
Waltraute: Marina Prudenskaya