Die Meistersinger von Nürnberg 2025 © Enrico Nawrath
Wenn diese wunderbar feinsinnige und sowohl humorvoll als auch satirische Musik wie eine Mischung aus Tristan, Götterdämmerung und Parsifal klingt, dann liegt hier ein Missverständnis vor. Die teilweise durch überdehnte Tempi fast zum Stillstand kommende Musik findet keinen Einklang mit den Aktionen auf der Bühne.
Richard Wagner
Die Meistersinger von Nürnberg
Musikalische Leitung: Daniele Gatti
Regie: Matthias Davids
Solisten: Georg Zeppenfeld, Michael Spyres, Christina Nilsson
Orchester und Chor der Bayreuther Festspiele
Bayreuther Festspiele, 5. August 2025
von Axel Wuttke
Um es gleich vorwegzunehmen, es ist nicht die Inszenierung von Matthias Davids, die für den zwiespältigen Eindruck dieser Aufführung gesorgt hat. Im Gegenteil. Die im Vorfeld schon mit Zweifeln bedachte Produktion des musical-erprobten Regisseurs entpuppt sich als handwerklich gut gemachtes, mit Spielfreude und Witz angelegtes Konzept, das nie in den gefürchteten Klamauk ausufert, sondern solide die Geschichte erzählt.
Das jeglicher Tiefgang fehlte ist zwar angesichts der so genialischen Vorgängerinszenierung schmerzlich, doch macht dies der Regisseur mit seinem Team, bis auf die etwas optisch aus dem Ruder gelaufene Festwiese, mit genauer, detaillierter Personenführung wett. Matthias Davids führt die Personen liebevoll und lässt die Geschichte plausibel und humorvoll ablaufen. Auch das muss gekonnt sein.
Niederschmetternde orchestrale Langeweile
Konterkariert wird diese Regiearbeit durch das in allen Belangen mehr als unzureichende und erschreckend unsensible Dirigat von Daniele Gatti. Wenn diese wunderbar feinsinnige und sowohl humorvoll als auch satirische Musik wie eine Mischung aus Tristan, Götterdämmerung und Parsifal klingt, dann liegt hier ein Missverständnis vor.
Die teilweise durch überdehnte Tempi fast zum Stillstand kommende Musik findet keinen Einklang mit den Aktionen auf der Bühne. Hinzukommt, dass der Dirigent es schafft, das Orchester so laut spielen zu lassen, das von Künstlern wie Georg Zeppenfeld als Sachs nur wenig Text zu verstehen ist, obwohl gerade dieser Sänger über eine bis ins Kleinste ausgefeilte Diktion verfügt. Ähnlich geht es den anderen Sängern und Sängerinnen, die immer wieder gegen den überbordenden Orchesterklang ansingen müssen. Warum hier keine Assistenten oder die Verantwortlichen beratend eingegriffen haben ist ein Rätsel.

„Morgenlich leuchtend…..“
Unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, unter denen die Künstler und Künstlerinnen zu singen haben, sei hier als erstes der Stolzing von Michael Spyres genannt. Der Sänger hat sich schon im letzten und in diesem Jahr als Siegmund in die Herzen des Publikums gesungen und konnte mit seiner Interpretation des Stolzing wieder punkten. Die dunkel timbrierte Stimme mit der strahlenden Höhe gibt der Partie etwas betont Männliches und Draufgängerisches. Schauspielerisch agiert Michael Spyres frei und ungestüm, ganz im Sinne der einfallsreichen Regiearbeit.

„Was ohne deine Liebe, was wär’ ich ohne dich“
Genauso wunderbar im Spiel und optisch eine Augenweise die Eva von Christina Nilsson. Ihr in der Höhe aufblühender jugendlich-dramatischer Sopran passt wunderbar zum heldischen Stolzing. Die Eindringlichkeit ihrer Darstellung, aber auch das Selbstbewusste dieser Rolle, überzeugen. Kein Wunder, das sie am Ende bekommt, was sie will und mit Stolzing die Bühne verlässt, um frei von Konventionen zu leben.
Christa Mayer als Magdalene ist der Rolle mittlerweile entwachsen. Der von ihr begehrte David wird von Matthias Stier mit teilweise enger Höhe und uninteressantem Vortrag gegeben. Aus dieser Partie kann man mehr herausholen.
Eine Luxusbesetzung der Nachtwächter von Tobias Kehrer.
Herausragend die beiden Kontrahenten Sachs und Beckmesser. Genau wie Georg Zeppenfeld verfügt auch Michael Nagy über eine rollenimmanente Stimme und große Spielfreude. Beide bewältigen ihre Partien souverän und mit stimmlich hervorragenden Leistungen. Gerade ihren, die so viel spitzfindige Dialoge führen, hätte man ein sensibles Dirigat gewünscht. Schade. Die Künstler haben es verdient.

Die Meistersinger sind stimmlich individuell besetzt, fügen sich aber sehr homogen zusammen. Von der Regie mit vielen Details bedacht, erhält so jeder seine Aufmerksamkeit und ist nicht nur als Kollektiv zu erleben. Auch sie überzeugen mit viel Spielwitz und musikalischem Ausdruck.
Der bestens von Thomas Eitler-de Lint einstudierte Chor genießt sichtlich die turbulenten Aktionen am Ende des zweiten Aktes und auf der Festwiese.
Die Einfallsreiche Ausstattung bietet viel Spielraum und gibt der Inszenierung einen passenden Rahmen. Allerdings haben die Bühnenbilder teilweise Akustikfallen, wie etwa die wunderschöne, aber nach hinten weit offene Schusterstube.
Am Ende wie immer tosender Beifall, für den Dirigenten aber berechtigt mit viel Zurückhaltung.
Axel Wuttke, 13. August 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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