Richard Wagner, Siegfried
Bayreuther Festspiele, 1. August 2017
Dirigent: Marek Janowski
Inszenierung: Frank Castorf
Siegfried: Stefan Vinke
Mime: Andreas Conrad
Der Wanderer: Thomas J. Mayer
Alberich: Albert Dohmen
Fafner: Karl-Heinz Lehner
Erda: Nadine Weissmann
Brünnhilde: Catherine Foster
Waldvogel: Ana Durlovski
Dieser „Siegfried“ 2017 in Bayreuth ist ein Meilenstein. Der Dirigent Marek Janowski, das Festspielorchester und die Solisten beschenkten die knapp 2000 Zuschauer mit einem unvergesslichen, berauschenden und berührenden Abend. Besser kann Wagner nicht musiziert werden – das war absolute Weltklasse.
klassik-begeistert.de wird ab dem 8. August 2017 ausführlich über den kompletten zweiten Zyklus „Der Ring des Nibelungen“ berichten. Schon gestern besuchte dieser Blog den ersten „Siegfried“ in dieser Saison: in Reihe 12. Was Marek Janowski dem Festspielorchester entlockte, war Wagner in Reinkultur. Dieses Orchester, besetzt mit hervorragenden Musikern aus namhaften Klangkörpern in Deutschland und Österreich, spielt unter dem 78-Jährigen am absoluten Zenit – phantastisch. Wie die Musiker etwa das Waldweben im 2. Aufzug musizierten, das war betörend und beglückend. Die Holz-und Blechbläser spielten schön, einfühlsam und fehlerfrei – Balsam für die Ohren.
Der Star des Abends war die britische Sopranistin Catherine Foster, die im dritten Aufzug eine Weltklasse-Brünnhilde gab. Foster singt die Brünnhilde in der „Walküre“, im „Siegfried“ und in der „Götterdämmerung“ seit 2013 auf dem Grünen Hügel – und wird von Jahr zu Jahr besser. klassik-begeistert.de konnte sie bereits 2015 und 2016 bewundern. Dieses Jahr hat Foster noch einmal einen großen Sprung nach vorne gemacht. Ihre Strahlkraft, ihre Brillanz in allen Registern machen sie zu einer Jahrhundert-Brünnhilde! Allein an ihrer Textverständlichkeit könnte die Britin noch ein wenig arbeiten – aber das ist Jammern auf Weltklasse-Niveau. Tosender Applaus!
Und dann dieser Siegfried: Der Tenor Stefan Vinke sang die Titel-Figur in Top-Form. Unfassbar, was für Kraftreserven dieser Sänger hat. Seine Strahlkraft im höheren Register ist phantastisch! Vinke ist wirklich ein Parade-Siegfried und seit 2015 in Bayreuth eine optimale Besetzung. Weltklasse, Herr Vinke!
Der Bariton Thomas J. Mayer überzeugte als der Wanderer mit einer väterlichen, nuancenreichen, vollen und vokalklaren Stimme. Als Holländer in Richard Wagners „Fliegender Holländer“ war er bei den Bayreuther Festspielen 2016 ein echter Kerl. Als Amfortas in Wagners „Parsifal“ hatte er im Oktober 2016 an der Seite von Klaus Florian Vogt an der Deutschen Oper Berlin an den richtigen Stellen den richtigen Wumms im Bariton. Schade, dass Mayer gemeinsam mit Stefan Vinke im dritten Aufzug lange Passagen ganz oben auf der Bühne sang – diese waren im Saal nicht so gut zu hören.
Der Tenor Andreas Conrad bot im ersten und zweiten Aufzug einen Maßstab setzenden Mime, der jede CD-Aufnahme schmücken würde. Er singt diese Partie im „Rheingold“ und im „Siegfried“ seit 2015. Der Bass Karl-Heinz Lehner gab einen Weltklasse-Fafner – beeindruckend, was für schöne tiefe Töne der Österreicher zu produzieren vermag. Er singt auch noch den Titurel im „Parsifal“ und den Nachtwächter in den „Meistersingern von Nürnberg“.
Die Mezzosopranistin Nadine Weissmann war eine großartige Erda – obwohl im tieferen Register noch mehr geht – sie singt diese Rolle im „Rheingold“ und im „Siegfried“ seit 2013 in Bayreuth und ist auch noch als Schwertleite in der „Walküre“ zu hören. Der Bariton Albert Dohmen, seit 2015 der Ring-Alberich, bot eine solide Partie – und war besser als im „Rheingold“ drei Tage zuvor. Ana Durlowski gab einen optisch beeindrucken Waldvogel – stimmlich war das aber nicht mehr als solide.
Fazit: Stimmlich war das nach Weltklasse-„Meistersingern“ ein Weltklasse-„Siegfried“.
Andreas Schmidt, 2. August 2017,
klassik-begeistert.de
Lesetipp:
http://www.stern.de/kultur/musik/bayreuther-festspiele–warum-angie-auf-der-holzbank-sitzt-3538028.html