Ein konzertanter “Siegfried” begeistert unter Sir Simon Rattle in der Luxemburger Philharmonie

Richard Wagner: Siegfried (version concert)  Philharmonie Luxembourg, 11. Februar 2023

von links nach rechts: Simon Rattle, Anja Kampe, Simon O’Neill, Peter Hoare, Michael Volle (Foto: Jean-Nico Schambourg)

Simon Rattle und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks weilten an diesem Samstag in Luxemburg in der Philharmonie. Auf dem Programm stand eine konzertante Aufführung von Richard Wagners “Siegfried”. Dank einer phantastischen Sängerbesetzung, angeführt vom Wanderer von Michael Volle, und einem grandios aufspielendem Orchester unter der Leitung seines zukünftigen Chefdirigenten, wurde der Abend, trotz – oder dank – fehlender Inszenierung zu einem großartigen Erfolg.


Richard Wagner: Siegfried (version concert)
Zweiter Tag des Bühnenfestspiels “Der Ring des Nibelungen” für drei Tage und einen Vorabend

Simon Rattle, Dirigent
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Simon O’Neill Siegfried
Michael Volle Der Wanderer
Peter Hoare Mime
Georg Nigl Alberich
Franz-Josef Selig Fafner
Anja Kampe Brünnhilde
Gerhild Romberger Erda
Danae Kontora  Waldvogel

Philharmonie Luxembourg, 11. Februar 2023

von Jean-Nico Schambourg

Auch wenn die Oper “Siegfried” heißt, will ich meine Rezension mit der gesanglichen Bestleistung des Abends beginnen: jedes Auftreten von Michael Volle als Wanderer wurde zu einem absoluten musikalischen Höhepunkt. Von Beginn an strahlt er die Autorität aus, die den ehemals mächtigen Gott kennzeichnet, nicht nur szenisch, auch gesanglich. Er füllt den Raum mit seinem mächtigen, dunklen Bariton, braucht dabei aber nie zu forcieren. Gepaart mit einer exzellenten Diktion ist sein Singen mal spöttisch, mal drohend, mal zynisch, mal herrisch. In seiner Begegnung gegen Schluss mit Siegfried erklingt in seiner Stimme die Resignation des Gottes, der um das Ende seiner Herrschaft weiß. Michael Volle ist momentan DIE Besetzung für den Wotan/Wanderer.

An seiner Seite erlebt man an diesem Abend eine Phalanx großartiger Sängerdarsteller. Es fängt zu Beginn an mit Peter Hoare als Mime. Mit überzogener Artikulation des Textes scheut er sich nicht davor seine Stimme manchmal hässlich klingen zu lassen um den falschen, hinterlistigen Charakter des Mime darzustellen. Ein herrlicher Gesangdarsteller, dessen Auftritte das Publikum hinterher mit großem Applaus zu würdigen weiß. Da er ursprünglich als Perkussionist tätig war, bedient er sich selbst des Hammers und des Ambosses bei Mimes vergeblichem Versuch, das Schwert zu schmieden.

Aus demselben Holz geschnitzt ist Georg Nigl als Alberich, sein “Bruder”. Auch von ihm wird die Schönheit des Klanges öfters hinter den musikalischen Ausdruck gesetzt um den niedrigen Charakter des Nibelungen zu zeigen: eine bravouröse Zeichnung des Schwarzalben.

Franz-Josef Selig singt Fafner, der sich als Wurm getarnt hat, hinter dem Orchester stehend durch ein großes Sprachrohr, was seiner tiefen, runden Bassstimme einen metallischen, furchterregenden Klang verleiht.

Zentralfigur des zweiten Tages des Bühnenfestspiels ist Siegfried, hier gesungen vom neuseeländischen Tenor Simon O’Neill. Klang seine Stimme anfangs im Duett mit Mime ein wenig näselnd und eng, so steigerte er sich mit der Figur des Helden. Bei dem Schmiedelied ließ er seinen metallischen Heldentenor erklingen und schmetterte die hohen Töne trompetenhaft in den Saal. Am Ende der Oper drückt er stimmlich wunderbar die Angst aus, die in Siegfried, bei seiner ersten Begegnung mit einer Frau, aufsteigt, um dann im abschließendem Duett mit Brünnhilde in Liebe zu erglühen. Seine Stimme ist vielleicht nicht die Schönste, die es in seinem Fach gibt, doch sowohl in den heldischen, als auch in den lyrischen Passagen seiner Rolle weiß er den Zuhörer zu fesseln.

Dies tut auch Gerhild Romberger in ihrem kurzen Auftritt als Erda. In einem oberen Logenrang postiert, erklingt ihre  Altstimme dennoch wie aus der Tiefe der Erde kommend, voller Wärme und Weisheit. Sie dringt ein in die Herzen des Zuhörers, der sich dem Banne dieser wundervollen, gut geführten Stimme sich nicht entziehen kann.

Auch Danae Kontora als Waldvogel fügt sich mit ihrer klaren Sopranstimme reibungslos in dieses tolle Gesangensemble ein.

Anja Kampe tritt als letzte Figur der Oper auf und ihre Brünnhilde hebt sich vom ersten Ton an auf das hone Niveau ihrer Gesangkollegen. Ihre Worte “Heil dir, Sonne! Heil dir, Licht! Heil dir, leuchtender Tag!” verströmen sich in den Zuschauerraum, wie der besungene warme Sonnenstrahl. Bei solch einer herausragenden Sängerin bedauert man, dass der Auftritt der Brünnhilde im “Siegfried” ziemlich knapp ausfällt im Vergleich zur Gesamtlänge der Oper. Ihre Stimme leuchtet stets über das Orchester hinweg. Am Schluss steigert sie sich in die Ekstase des Liebesduetts und reißt dabei ihren Gesangpartner Simon O’Neill zu Bestleistungen mit.

Sir Simon Rattle © Astrid Ackermann

Der Abend wird gekrönt durch die großartige Leistung des Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Sir Simon Rattle. Dieser lässt das Orchester in den Forte-Passagen mächtig auftrumpfen, bändigt es aber sogleich wieder beim Einsatz der Sänger, so dass diese nie überdeckt werden. Man soll eigentlich kein Register speziell hervorheben, aber trotzdem gehört den Blechbläsern, sowie den Bassstreicher ein spezielles Kompliment, wenn sie für die düstere Stimmung sorgen, die teilweise über der Oper liegt.

Schon am Schluss des ersten Aktes braust das Publikum mit lauten Bravo-Rufen und mächtigem Applaus begeistert auf, um die Leistung des Orchesters zu würdigen. Und auch am Ende des Abends ist die Begeisterung für jeden Interpreten, das Orchester und seinen Dirigenten groß.

Auch die Sänger selbst begeistern sich während der Aufführung am Klang des Orchesters. Wie oft kann man beobachten, dass sie sich in ihren Gesangpausen zum Orchester hindrehen und ihm unverhohlen ihre Bewunderung zollen. Das ist einzigartiges Zusammenmusizieren.

Jean-Nico Schambourg , 13. Februar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Siegfried, WWV 86C, konzertante Aufführung Musik und Libretto Richard Wagner Isarphilharmonie München, 03. Februar 2023

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