Ein umjubeltes Sängerfest krönt den Wiener Tannhäuser zum Erfolg

Richard Wagner, Tannhäuser  Wiener Staatsoper, 24. September 2025

Tannhäuser, Camilla Nylund  © Wiener Staatsoper – Michael Pöhn

Dank einer Reihe an gefeierten musikalischen Leistungen wird der Wiener Tannhäuser zu einem stimmig umjubelten Erfolg, während Lydia Steiers oberflächlich lebhafte Regie kaum über ein paar interessante Ideenschnipsel raus kommt. Gesang top, Regie flop: Lohengrin ist also vor Tannhäuser.

Tannhäuser
Musik und Libretto von Richard Wagner
Große romantische Oper in drei Aufzügen

Musikalische Leitung: Axel Kober
Orchester der Wiener Staatsoper

Inszenierung: Lydia Steier
Bühne & Video: Momme Hinrichs
Kostüme: Alfred Mayerhofer
Choreographie & Regiemitarbeit: Tabatha McFadyen
Licht: Elana Siberski

Wiener Staatsoper, 24. September 2025

von Johannes Karl Fischer

Wien hat es wohl im Moment nicht mit Wagner-Regie: Auf die völlig sinnfreie Lohengrin-Inszenierung vom letzten Jahr folgt nun ein regelrechter Wirrwarr an nicht zu Ende gedachten Ideenschnipseln in Form von Tannhäuser. Immerhin passiert auf der Bühne etwas, so taumeln im Venusberg vor pompösen Bühnenbildern vier Trapezakrobatinnen von der Decke, während auch der Papst auf einem Balkon auf der freizügigen Varieté-Party weilt.

Ein wirkliches Konzept hinter Lydia Steiers bunter Inszenierung war aber leider nicht zu erkennen, so standen diverse Versuche der Normdurchbrechung Seite an Seite mit zahlreichen nicht klar durchschaubaren Charakterisierungen der Hauptrollen. Zum Glück gibt es ja noch den Serebrennikov-Parsifal um den Regie-Ruhm dieses Hauses aufrecht zu erhalten.

Venus und Elisabeth singen die Konkurrenz in Grund und Boden

Gesanglich trug vor allem Camilla Nylunds Elisabeth den Abend auf ihren Schultern. Mit brillanter, fesselnder Stimme hielt sie das Publikum völlig in Atem, die Melodien flossen mühelos doch mit Emotionen gefüllt in den Saal. Ihr gesanglich wie schauspielerisch höchst selbstsicherer Auftritt befreite die Partie von allen Klischees der gehorsamen, unschuldigen Landgraf-Nichte, stattdessen hatte sie mit ihren musikalischen triumphierenden Monologen die Thüringer Fürstenfolger wie auch die Handlung sattelfest im Griff!

Tannhäuser, Ekaterina Gubanova, Ensemble © Wiener Staatsoper – Michael Pöhn

Ekaterina Gubanova als Venus knüpfte nahtlos an die musikalische Exzellenz ihrer Gegenspielerin an. Ihr umschwärmender Mezzo verzauberte ihren Geliebten wie das Publikum, ergriff die Ohren mit den warmen Zügen ihrer wohlatmenden Melodien. Martin Ganter sang einen mindestens soliden Wolfram von Eschenbach, sein kämpferischer Bariton projizierte seine Minnelieder siegessicher in den Saal. Mit Ausdruck und Inbrunst trug er die Melodien in den Saal, auch sein Abendstern-Lieb strahlte schwebend wie ein Lichtblick über die im dritten Akt fast durchgehend dunkle Bühne.

Zeppenfeld mit Glanzleistung

Georg Zeppenfeld sang mit einer Glanzleistung den Landgraf Herrmann, zu Recht ist er seit Jahren Dauergast an allen wichtigen Häusern. Besonders eindrucksvolle behielt er seine atemberaubende musikalische Klarheit und Textverständlichkeit bis an die tiefsten Lagen seine Stimmfachs, nicht der kleinste Hauch eines Brummens war zu hören.

Tannhäuser, Georg Zeppenfeld © Wiener Staatsoper – Michael Pöhn

Die Nebenrollen waren allesamt sehr stark besetzt, vor allem Jörg Schneiders Walther von der Vogelweide ließ seine Melodien mühelos und klar durch den Saal segeln. Von der Regie in ein am Jesus-Kreuze hängenden Hirten transformiert – eine der zahlreichen eigentlich intelligenten Spiele mit christlicher Symbolik dieser Regie – überzeugte auch Ilia Staples strahlender Sopran in der kleinen, doch effektvollen Partie der Hirten-Stimme.

Hilleys Titelpartie durchwachsen

Einzig Clay Hilley in der Titelrolle konnte nicht vollends überzeugen. Zwar sang er alle Noten korrekt und sauber, seine Stimme zeigte sich mehr als gewappnet für die extrem fordernde Wagner-Partie. Leider geriet sein Auftritt gesanglich wie schauspielerisch eher flach, gar statisch, seine deutlich vorhandenen Stimmkräfte setzte er stets an eher unpassenden Stellen ein. Im zweiten Akt stemmte er seine Noten ordentlich pointiert gegen den Chor an, sein Auftritt im Venusberg hingegen klang ein wenig emotionslos und undifferenziert. In Ordnung, ja, die Bravo-Stürme für ihn waren künstlerisch einen Hauch übertrieben.

Tannhäuser, Clay Hilley, Ensemble © Wiener Staatsoper – Michael Pöhn

Chor und Orchester mit festlicher Feierstimmung 

Spektakulär schallte allerdings der Chor selbst das Sängerfest durch die Ränge, zu Ehren der Kunst herrschte im gewohnt ausverkauften Haus Stimmung so rauschhaft wie sonst nur während der Wiener Ballsaison.

Leider hatten die sehr motiviert singenden Choristen an der einen oder anderen A-cappella-Stelle hörbare Intonationsprobleme, sowas sollte an einem Haus dieser Klasse eigentlich funktionieren.

Das Orchester brachte Wagners Partitur gewohnt souverän und stimmig zum Klingen. Rainer Honecks Konzertmeister-Solo zerging zauberhaft auf der Zunge, der edle Wiener Bläserklang ließ das Pilgerfahrt-Vorspiel im seligen Glanz durch den Saal atmen.

Leider hatte Axel Kober seine Musiker nicht immer ganz im Griff, so gab es zwischen Bühne und Graben an der einen oder andere Stelle spürbare Koordinationsprobleme. Sein Dirigat zog das Orchester zwar in schwunghafte Venusberg-Stimmung, den rauschhaften Klangteppich der Liga Thielemann konnte er aber auch nicht aus dem Graben holen.

Insgesamt hatte der für seine verlässlich routinierten Operndirigate gefeierte Chef am Pult sicherlich schon bessere Abende.

Trotz einer wenig überzeugenden Regie sorgten vor allem die souveränen musikalischen Leistungen für einen zurecht umjubelten Opernabend!

Johannes Karl Fischer, 25. September 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Wolfgang Amadeus Mozart, Die Zauberflöte Wiener Staatsoper, 12. September 2025

Richard Wagner, Götterdämmerung Wiener Staatsoper, 28. Juni 2025

Richard Wagner, Parsifal Wiener Staatsoper, 1. April 2024

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