ROCK-ME-AMADEUS Moritz Mausser (Hans), Ensemble © VBW Deen-van-Meer
Vor 40 Jahren, im Mai 1985, startete das Lied seine einzigartige Karriere. Nach Erfolgen im deutschsprachigen Raum stürmte es die Charts in Großbritannien und den USA. Rock me Amadeus gilt noch heute als eines der bekanntesten Songs von Falco. Eine Wiener Musical-Produktion setzt den Hit musikalisch überzeugend ins opulente Licht. Und Moritz Mausser singt Falco.
ROCK ME AMADEUS – DAS FALCO MUSICAL
Musik und Liedtexte: Rob Bolland & Ferdi Bolland
Musik: Robert Ponger
Weitere Musik und Liedtexte: Justin Dylan Bolland, Thorsten Börger, Patrick Ehrlich, Peter Hoffmann, Edgar Höfler, Franz Plasa, Steve van Velvet und Johann Hölzel (Falco)
Orchester der Vereinigten Bühnen Wien
Leitung: Michael Römer
Buch: Christian Struppeck
Regie: Andreas Gergen
Uraufführung im Ronacher, Wien, 7. Oktober 2023
Ronacher, Wien, 9. Mai 2025
von Ralf Krüger
Wenn der Refrain einsetzte, klang es wie ein Schrei im Äther:
„Out of the dark (hörst Du die Stimme, die Dir sagt)
Into the light
I give up and close my eyes“
Als Falco im Februar 1998 starb, war das gute alte Dampfradio noch das Leitmedium der Popmusik. Als wir dort den letzten Vers der 2. Strophe von Out of the dark hörten, dachten wir, das ist Falcos Vermächtnis an uns:
„Muss ich denn sterben, um zu leben?“
Wir nahmen es hin, drehten die Lautstärke höher und trauerten um ihn, wie man um einen Popstar trauert.
Gut 25 Jahre später ist Falco zurück. Mit großem Erfolg und ausverkauftem Haus. Zweimal versuchte ich von Berlin aus vergeblich, in Wiener Ticket-Portalen Karten für das Musical zu erwerben. Immer hatte ich den richtigen Zeitpunkt verschlafen. Nun kündigen die Vereinigten Bühnen Wien das baldige Finale dieser En-Suite-Produktion an. Rechtzeitig, schon vor Weihnachten, hatte ich diesmal die Tickets gebucht und sitze heute mit meiner Frau im Parkett des Ronachers.
Doch wir erkennen „unseren“ Falco nicht mehr wieder. Der Mann, der sich traute, Texte über Themen zu singen, die in der Öffentlichkeit weitgehend tabu waren, der Mann, der Musikredakteure in Radiosendern in die Verzweiflung trieb, weil sie nicht wussten, ob man so etwas überhaupt senden darf, ja, dieser Mann ist jetzt ein Musical-Star geworden. Gestutzt und weichgespült. Doch was hatten wir erwartet?

Rock me Amadeus erzählt die Geschichte von Johann Hölzel, genannt Hans, der schon in der Schule davon träumt, ein Popstar zu werden. Als Mann mit Charisma und Selbstbewusstsein, führt ihn sein Weg bald ins Büro einer Plattenfirma. Die umgangssprachlich etablierte Floskel „Alles klar, Herr Kommissar?“ gehört zu einer seiner frühsten Aufnahmen auf Vinyl. Inspiriert von der Vita des DDR-Skispringers Falko Weißpflog wird aus Hans Hölzel schließlich Falco.
Mit Album Nummer 3 kommt der wirklich große Hit. Meine Befürchtung, dass die von Falco ungeliebte „Beziehung“ zwischen ihm und Mozart zu stark thematisiert wird, entfällt. Im Gegensatz zu ähnlichen Musicals ist Rock me Amadeus diesmal „nur“ Pate des Namens und glänzt mit einem rockigen Finale vor der Pause.
Der zweite Teil des Abends ist der spannendere, der weitaus dramatischere. Er zeigt Falcos Abstürze, seine Alkoholexzesse, seine Blockaden beim Schreiben neuer Songs und seine zum Scheitern verurteilte Liebe.

Das Libretto ist hier sehr stark, es garniert die Lieder um die Handlung herum, behält immer den Faden am Laufen. Ein zweites Ich wird eingeführt, eine Art Alter Ego, wie es das Programmheft nennt. Es kommt fast zu Kämpfen auf offener Bühne, wenn die beiden um Entscheidungen ringen. Diese großen Momente zeigen Falco in seiner ganzen Zerrissenheit: Er will Geld verdienen, er will in großen Konzertarenen auftreten, er fühlt sich als der Größte aller Popstars. Und dann sehen wir den Falco, der Heimweh hat. Starkes Heimweh nach Zuhause. Er will seine Freundin sehen, seine Kumpels, seine Mutter, alle, die ihm wichtig sind.

Wir haben das Glück, Moritz Mausser in dieser Rolle zu erleben. Der Mann, der schon zur Besetzung der Uraufführung gehört und die Rolle mitentwickelt hat, singt und spielt noch immer. Durch ihn müssen meine Frau und ich unsere Meinung über Falco an diesem Abend mehrmals revidieren.
Was haben wir erwartet? Den Falco aus den Achtzigern und Neunzigern, mit den Liedern, die wir aus dem Radio kennen?
Falco ist längst tot. Wir können mit der Straßenbahnlinie „71“ raus fahren nach Simmering und an seinem Grab trauern. Der alten Zeiten wegen. Doch was bringt das? Seine Musik ist allumfassend auf CD konserviert. Aber irgendwann schmeckt das Alte auch fad. Andere Jahrzehnte bringen neue Arrangements, neue Interpretationen. Man muss mit der Zeit gehen, man muss das Neue zulassen.
Die Musical-Macher konnten diese Show mit Musikern vorbereiten, die Falco kannten und ihn noch selbst produzierten: Robert Ponger (u.a. Der Kommissar) und die Brüder Rob & Ferdi Bolland (u.a. Rock me Amadeus). Das bringt Glaubwürdigkeit in so ein Projekt, Originalität und große Dankbarkeit des Publikums. Das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien mit Michael Römer schuf einen tollen Sound für das Stück. Und die Tontechnik im Ronacher ist absolut brillant! Keine Note, kein Takt ist übersteuert oder schrill, hier haben Profis Gutes für die Ohren des Publikums erschaffen!

Der Schrei von Out of the dark erschüttert dieses ehrwürdige Theater. Moritz Mausser und Alex Melcher (als Falcos zweites Ich) singen den Song mit einer Kraft, mit einer Intensität, die alte Tonträger, alte CDs niemals zulassen würden.
Das Publikum erhebt sich von den Plätzen, wirklich alle stehen auf und klatschen voller Begeisterung. Falcos Musik lebt in diesem Musical weiter. Es hat neue Zuhörer gefunden und die alten gehen vergnügt die Seilerstätte hinunter in Richtung Schwarzenbergplatz.
Ralf Krüger, 10. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Rock me Amadeus – Das Falco Musical läuft im Ronacher noch bis zum 28. Juni 2025. Maria Theresia – Das Musical, eine weitere Eigenproduktion der Vereinigten Bühnen Wien, startet dort am 10. Oktober 2025.
André Heller, Remassuri Musikkomödie stadtTheater Walfischgasse, Wien, 3. Mai 2025
The Sound of Music (Musical), Volksoper Wien, 27. April 2019