Schleswig-Holstein Musik Festival
1.7. – 27.08.2023
Motto „Moin London“
Pressekonferenz, 24. Februar 2023
von Dr. Andreas Ströbl
Dass die Unterscheidung von „E-„ und „U-Musik“ unter Musikliebhabern mittlerweile nur noch ein müdes Gähnen hervorruft, liegt an der Unsinnigkeit dieser Einteilung. Haydn und Mozart hätten sich schön bedankt, wenn man ihre Divertimenti nicht als „unterhaltsam“ wahrgenommen hätte, während es eine Beleidung wäre, dem Blues oder dem Fado den Ernst abzusprechen, inhaltlich und in der musikalischen Wiedergabe.
Christian Kuhnt, Intendant des „Schleswig-Holstein Musik Festivals“, präsentierte am 23. Februar im Lübecker Hotel „Radisson“ in gewohnt launiger und sympathischer Weise das neue Programm des SHMF, unterstützt von der Pressesprecherin Laura Hamdorf und Frank Siebert, dem Leiter der Konzertplanung dieses Mammut-Projekts.
Eines der leitmotivisch in der Pressekonferenz wiederholten Worte war „Strahlkraft“ und in der Tat trägt dieses 1986 gegründete Musikfest zwar das Bundesland im Namen, es ist aber eindeutig ein Welt-Festival, das weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins hinausleuchtet. Dafür sorgt seit Beginn des SHMF ein Programm mit internationalen Spitzenmusikerinnen und -musikern, Dirigenten und sonstigen Kulturschaffenden.
Das Motto heißt diesmal „Moin London“ – es gibt keine Komponistenretrospektiven mehr – und Portraitkünstler ist der Geiger Daniel Hope. Es war Christian Kuhnt sehr daran gelegen, das Klischee von London und England als epochenweise „ohne Musik“ zu entkräften, ebenso betonte er die genreübersteigende Gestaltung des Programms mit 197 Konzerten an 113, teils ganz neuen Spielstätten, wofür er den Titel „London calling“ der britischen Rockband „The Clash“ von 1979 zitierte.
Alle großen Namen aufzuzählen, wäre an dieser Stelle rahmensprengend, aber zentrale Rollen nehmen Sabine Mayer, Ruth Reinhardt, Christoph Eschenbach und Ton Koopman ein; neben Mischa Maisky, Martha Argerich, Grigory Sokolov, Sol Gabetta, Sheku und Isata Kanneh-Mason, Hilary Hahn und Anne-Sophie Mutter werden noch viele Größen der Musik zu erleben sein. Paavo Järvi und Omer Meir Wellber stehen hier für eine ganze Reihe von berühmten Dirigenten. Bekannte Künstlerinnen und Künstler aus anderen Genres sind beispielweise Corinna Harfouch und Harald Krassnitzer – es lohnt, das umfangreiche Programm intensiv zu studieren.
All das kostet Geld und so hat der Stiftungsrat einen Haushalt von knapp 12 Millionen Euro genehmigt, wovon das Land Schleswig-Holstein über 1 Million übernehmen wird. Der Kartenverkauf wird über die Hälfte der Kosten einbringen, über Spenden lassen sich knapp 30% finanzieren. Neben den Haupt-, Konzert- und Sachsponsoren konnte die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) als neuer Orchesterpartner gewonnen werden und hier fiel tatsächlich auffällig oft das Wort „Liebe“ – wie schön, wenn hier neben knallharten Fakten tatsächlich auch solche Emotionen zum Gelingen dieses Festivals beitragen.
Die bulgarische Schlagzeugerin Vivi Vassileva erhält dieses Jahr den mit 10.000 Euro dotierten „Leonard Bernstein Award“. Intensive Nachwuchsförderung, Familienprogramme und Kinderkonzerte sollen diejenigen begeistern, die irgendwann das übernehmen, was die Großen jetzt mit Hingabe organisieren: ein lebendiges Kulturprogramm, das gerade in den schon bei der Begrüßung angesprochenen sorgenvollen Zeiten so wichtig ist. Denn Kultur ist, so Christian Kuhnt, der „Kleber des Zusammenhalts“ einer Gesellschaft.
Dr. Andreas Ströbl, 24. Februar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Das Journal mit dem SHMF-Gesamtprogramm 2023 können Sie als PDF-Datei herunterladen: festival
www.shmf.de/de/programmbestellung
https://www.shmf.de/de/programmjournal-digital
Konzert im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals Plön, Nikolaikirche, 18. Juli 2022