Keito Yamamoto (Schneewittchen) und Vitalii Netruneko (Prinz) (Foto: RW)
Keito Yamamoto besticht als Schneewittchen mit Liebreiz und zeigt schönes tänzerisches Legato. Auch in ihren gegen Ende des zweiten Teils häufigeren Pas de deux mit dem sprungstarken Vitalii Netrunenko überzeugen sie und auch er mit vollendeter Bewegungsharmonie.
Schneewittchen
Ballett von Jaroslav Ivanenko
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Sergei Prokofjew
Ausstattung: Heiko Mönnich
Philharmonisches Orchester Kiel
Leitung: Chenglin Li
Theater Kiel, Ballett Kiel, 13. Dezember 2025 PREMIERE
von Dr. Ralf Wegner
Der Choreograph Yaroslav Ivanenko ergänzte sein Ensemble mit zahlreichen Mitgliedern der Kieler Ballett-Akademie. Dabei handelt es sich um etwa 20 junge Tänzerinnen und (ganz wenige) Tänzer privater Ballettschulen, die bei entsprechender Begabung zweimal wöchentlich im Ballettsaal des Kieler Opernhauses trainiert werden. Mit diesen zusätzlichen Kräften füllten bis zu 40 Personen die Bühne, von den ganz Lütten wie der aufgeweckten Finja Bahr als kleines Schneewittchen bis zu den Spitzentänzern des Kieler Balletts wie Keito Yamamoto (Schneewittchen) oder Vitalii Netrunenko (Prinz). Das machte schon Eindruck auf der nicht sehr großen Kieler Bühne.
Im ersten Teil wurde die Handlung allerdings mehr pantomimisch vorangetrieben als tänzerisch entwickelt. Kiana Bell als böse Stiefmutter Schneewittchens stellte ihre selbstverliebte Bösartigkeit deutlich heraus und verzichtete auf eine mimisch etwas subtilere Darstellung. Bell hatte allerdings auch keinen Gegenspieler, an dem sie sich hätte messen und mit dem sie hätte interagieren können. Ihre erkennbaren formalen tänzerischen Qualitäten konnte sie so nicht wirklich auf der Bühne zeigen.

Im zweiten Teil wurde deutlich mehr getanzt. Vor allem die sieben Zwerge waren zu großem Spaß aufgelegt, auch zeigten sie ihr formidables tänzerisches Können. Ein Bild bleibt haften: Nach Öffnen des Vorhangs gleiten sie auf ihren rollengestützten Betten zu Mozarts Kleiner Nachtmusik über die Bühne wie bei einer Pistenabfahrt, ein überzeugender choreographischer Einfall.
Keito Yamamoto bestach als Schneewittchen mit Liebreiz und zeigte schönes tänzerisches Legato. Auch in ihren gegen Ende des zweiten Teils häufigeren Pas de deux mit dem sprungstarken Vitalii Netrunenkoüberzeugten sie und auch er mit vollendeter Bewegungsharmonie. Sie hätten ihr tänzerisches Können ruhig noch ausführlicher zeigen können.
Die Handlung folgt weitgehend dem Grimmschen Märchen, allerdings hat in dieser Version der Prinz schon als Jungspund ein Auge auf die Königstochter geworfen. Warum nun gerade sein Kuss Schneewittchen zum Leben erweckt, bleibt aber unklar, zumindest sah ich nicht, dass sie den von der bösen Stiefmutter überreichten vergifteten Apfel ausgespuckt hätte. Auch verzichtet Ivanenko in seiner Kieler Version auf den Todestanz der Stiefmutter in rotglühenden Eisenschuhen. Sie wird nur vom Hof verbannt, ohne für ihre Taten zu büßen. Wahrscheinlich sollte die kindliche Seele des ab 6 Jahren empfohlenen weihnachtlichen Balletts nicht verstört werden.

Viel Zeit nehmen die von den Tänzerinnen der Ballett-Akademie verkörperten Tiere des Waldes ein. Auch das betont den Weihnachtsmärchencharakter, fördert aber wohl auch den Besuch dieses Balletts. Das von Heiko Mönnich (Ausstattung) geschaffene Bühnenbild beeindruckte mit einer angedeuteten, schlichten gotischen Halle im ersten Teil und später nach der Pause mit dem heimeligen Inneren der Unterkunft der sieben Zwerge.

Das Kieler Publikum reagierte am Ende ganz begeistert und jubelte dem Ensemble lange zu. Weitere Aufführungen gibt es noch bis Ende Februar 2026. Die Kartennachfrage ist sehr groß, an vielen Tagen ist es bereits ausverkauft oder es gibt es nur noch Restkarten.
Dr. Ralf Wegner, 15. Dezember 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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