© by Florian Noetzel Verlag, zweite, stark erweiterte Auflage 1991
„Das große Handbuch der Oper“ verdient seine Beifügung „groß“ im wahrsten Sinn des Worts, enthält es doch über 1800 Werke.
von Lothar und Sylvia Schweitzer
„Handbuch“ ist da mehr bildlich zu verstehen. Im in „Schweitzers Klassikwelt 99“ gelobten Opernführer „OPERA Komponisten. Werke. Interpreten“ zählen wir bloß rund 440 Opern, ein knappes Viertel. Dafür aber werden wir nicht nur über die handelnden Personen, ihre Stimmlage und den Inhalt informiert, sondern der Band ist mit mannigfachen historischen Aufnahmen illustriert und enthält aufschlussreiche Kommentare. Im Opernführer des Reclam Verlags, der kostengünstig Weltliteratur in Kleinformat druckt, zählten wir noch weiter reduziert etwa 250 Opern.
Bei den genannten zwei nicht so umfangreichen Ausgaben sind uns von den dort angeführten Werken bei OPERA fünfundzwanzig Prozent und sogar nur zwanzig Prozent bei RECLAM gänzlich fremd. Natürlich sind uns von den 1800 Opern des „großen Handbuchs der Oper“ nur ein sehr kleiner Teil, zwanzig Prozent, zumindest namentlich bekannt, also 80 Prozent vollkommen unbekannt.
Blättern wir im „Handbuch“, so finden wir einerseits geläufige Titel von selten aufgeführten Komponisten wie „Der Maskenball“ (Daniel François Esprit Auber), „Die Loreley“ (Max Bruch), „Turandot“ (Ferruccio Busoni), „Les Bajadères“ (Charles-Simon Catel) „Dido“ (Pietro Francesco Cavalli), und andere mehr, wir sind erst beim Buchstaben C. Andrerseits muten uns Titel sonderbar an: „Das eherne Pferd“, „Die heilige Ente“, „Habemeajaja“, „Maschinist Hopkins“, „Frau und Schlange“, „Die Reise auf den Großen St. Bernhard“, „Das Erdbeben in Chile“, „Der verzweifelte Ehemann“, „Der Lärm“ (original „Il Crescendo“), „Das weite, zärtliche Land“, „Der Bauer, ein Schelm“, „Von Mäusen und Menschen“, „Die Nacht eines Neurasthenikers“, „Ol-Ol“, „Dame im Zwiespalt“ („Lady in the Dark“).
Haben Sie gewusst, dass der Komponist von „Tiefland“, Eugen D’Albert, eine Oper „Flauto solo“ geschrieben hat? Der Fürst und sein Prinzensohn haben gegensätzliche Vorlieben in der Musik. Der Fürst liebt Militärmärsche, der Sohn ist der Lyriker, der mit einem italienischen Meister das Flötenspiel lernt. Anlässlich eines Musikfests soll das Lieblingsstück des Fürsten für sechs Fagotte gespielt werden, welches des Fürsten Kapellmeister komponiert hatte. Dieser hat ein Auge auf eine Signora, die ihm zur Ergänzung einer siebten Stimme rät. Auf Befehl des Vaters muss der Sohn auf der Flöte mitspielen. Widerwillig beginnt er, doch erkennt er im Thema die Arbeit seines Lehrers, die kontrapunktisch verwendet wird. Alle sind begeistert und das Fest findet ein versöhnliches Ende, das auch die Signora und den Kapellmeister verbindet.
Vom fleißigen Komponisten Georg Friedrich Händel sind im „Großen Handbuch“ 32 Opern, nicht ganz zwei Drittel seines Schaffens angeführt. Ist Ihnen Händels erste Oper, damals noch Singspiel genannt, „Almira, Königin von Kastilien“ bekannt? Sie mischt zwei Sprachen, Italienisch und Deutsch. Ein nach dem damaligen Publikumsgeschmack verworrenes Liebesspiel, aus dem letzten Endes drei glückliche Paare hervorgehen. Sagt Ihnen „Ein Engel kommt nach Babylon“ von Rudolf Kelterborn, Text Friedrich Dürrenmatt, Uraufführung Zürich 1977, etwas?

Neben bekannten Größen wie Ildebrando Pizzetti und Francis Poulenc finden Sie unter dem Anfangsbuchstaben P im Großen Handbuch Horst Platen, Eduard Poldini, Ennio Porrino …
Die Oper „I Shardana“ („Die Scherden“, nach Wikipedia ein räuberisches, historisches Seevolk des Mittelmeers) von Ennio Porrino ist der Heimat des sardischen Komponisten (*1910, †1959) gewidmet, uraufgeführt in seinem Todesjahr 1959 im Teatro San Carlo Napoli, aber unerklärlicherweise fehlt sie auch im Standardwerk mit den mehr als 1800 Stücken.
Lothar und Sylvia Schweitzer, 4. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Schweitzers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.
Lothar und Sylvia Schweitzer
Lothar Schweitzer ist Apotheker im Ruhestand. Gemeinsam mit seiner Frau Sylvia schreibt er seit 2019 für klassik-begeistert.de: „Wir wohnen im 18. Wiener Gemeindebezirk im ehemaligen Vorort Weinhaus. Sylvia ist am 12. September 1946 und ich am 9. April 1943 geboren. Sylvia hörte schon als Kind mit Freude ihrem sehr musikalischen Vater beim Klavierspiel zu und besuchte mit ihren Eltern die nahe gelegene Volksoper. Im Zuge ihrer Schauspielausbildung statierte sie in der Wiener Staatsoper und erhielt auch Gesangsunterricht (Mezzosopran). Aus familiären Rücksichten konnte sie leider einen ihr angebotenen Fixvertrag am Volkstheater nicht annehmen und übernahm später das Musikinstrumentengeschäft ihres Vaters. Ich war von Beruf Apotheker und wurde durch Crossover zum Opernnarren. Als nur für Schlager Interessierter bekam ich zu Weihnachten 1957 endlich einen Plattenspieler und auch eine Single meines Lieblingsliedes „Granada“ mit einem mir nichts sagenden Interpreten. Die Stimme fesselte mich. Am ersten Werktag nach den Feiertagen besuchte ich schon am Vormittag ein Schallplattengeschäft, um von dem Sänger Mario Lanza mehr zu hören, und kehrte mit einer LP mit Opernarien nach Hause zurück.“
Schweitzer Klassikwelt 131: Hugo Wolf – Teil 2 klassik-begeistert.de, 19. Februar 2025
Schweitzers Klassikwelt 131: Hugo Wolf Teil 1 klassik-begeistert.de, 17. Februar 2025
Schweitzers Klassikwelt 130: „People with special needs“ klassik-begeistert.de, 4. Februar 2025