Titelbild: © Lothar Schweitzer
von Lothar und Sylvia Schweitzer
Unvergesslich ist uns die Janowitz als Mozart- und Strauss-Sängerin. Herbert von Karajan hat sie als Barbarina (Le nozze di Figaro) nach Wien geholt. Barbarinas einfache, melancholische Arie erinnert an ein Wiegenlied und hat den Umfang einer Oktave.
Sie stieg auf über den Cherubino zur Contessa. Nach dem Blumenmädchen im „Parsifal“ und der Brünnhilde-Halbschwester Gerhilde folgte als Krönung bei Wagner die Tannhäuser-Elisabeth.

© Foto Fayer, Wien
Und unser Titel wird Lügen gestraft. Ehemals die Voce dal cielo im Beleuchtungskranz des Großen Saals der Staatsoper war sie für die Elisabeth von Valois mit dem Ensemble auf der Bühne.

Nach einigen Semestern eines Mathematik-Studiums begann Jonas Kaufmann 1989 sein eigentliches Studium an der Hochschule für Musik und Theater München, das er 1994 mit dem Examen als Opern- und Konzertsänger abschloss. Sein Bühnendebüt gab Kaufmann bereits 1993 in der Tenorbuffo-Partie des Caramello in der Operette Eine Nacht in Venedig am Theater Regensburg. Sein erstes Engagement führte ihn von 1994 bis 1996 als Ensemblemitglied an das Saarländische Staatstheater in Saarbrücken. Es folgten häufige Ausflüge an die Staatsoper Stuttgart. Aber erst durch den Wechsel an das Opernhaus Zürich konnte er eine internationale Karriere an renommierten Opern- und Konzerthäusern sowie bei Festivals entfalten.

© Tiroler Festspiele Erl
Zu Silvester 2019 war Jonas Kaufmann an der Wiener Staatsoper der Überraschungsgast bei Orlofsky in der Fledermaus. Was wir sympathisch fanden: Er wählte als Gesangsnummern zwei Juwele aus der Operettenwelt und keine erratischen Blöcke aus dem Opernrepertoire. Bei dem zweiten Stück lud er die Rosalinde der Aufführung als Duettpartnerin ein. Zum Abschluss wagte er sich an ein Wiener Lied.

Was für Kaufmann Zürich war, bedeutete für die Mezzosopranistin Elīna Garanča Wien und die Wiener Staatsoper unter Ioan Holender. Im Jänner 2003 machte sie ihr Hausdebüt als Lola und sang im selben Monat noch die Zweite Dame in der Zauberflöte. In den Jahren 2004 bis 2006 kam Garanča auf insgesamt 59 Auftritte. Die auffallendsten Partien in den Jahren bis 2012 waren die Dorabella, der Octavian, Werthers Charlotte und Giovanna Seymour in Donizettis Anna Bolena. Im Frühjahr 2013 kam ihre Carmen dazu. Unser persönlicher Höhepunkt war 2018 ihre Dalila als würdige, wenn auch stimmlich verschiedene Nachfolgerin der Altistin Marjana Lipovšek. Wir hörten ihren Mezzo aber nie so hell wie andere Garanča-Fans. 2019 bedeutete die Wende zu dramatischeren Partien. Wir weinten ihrer Dalila nach, achteten aber ihre Santuzza und ihre Principessa di Bouillon in Adriana Lecouvreur. Ihre Kundry und ihre Amneris begeisterten uns bereits.

Der als Heldentenor zu betitelnde Andreas Schager gab schon während seines Gesangsstudiums sein Operndebüt als Ferrando in Così fan tutte im Schlosstheater Schönbrunn. Anschließend war er am Theater Krefeld und Mönchengladbach als Operettentenor engagiert. Danach wechselte er in Bologna, Frankfurt und Wien ins lyrische Fach. Als Wagnersänger debütierte Schager 2009 bei den Tiroler Festspielen in Erl in Die Meistersinger von Nürnberg. 2011 sang er am Staatstheater Meiningen, ein Geheimtipp für Wagnerianer, den Rienzi, 2015 in der Vlaamse Opera in Antwerpen seinen ersten Tannhäuser und an der Staatsoper unter den Linden seinen ersten Parsifal. Beim Tokio Spring Festival debütierte er 2016 als Siegfried in Siegfried. Diesen Juni 2025 war Andreas Schager an der Wiener Staatsoper in beiden Ringzyklen sowohl als Siegmund als auch als Siegfried zu erleben. Unsere erste Begegnung mit dem schon sehr heldisch klingenden Tenor war zu Sommerbeginn 2014 im Théâtre du Capitole Toulouse in Daphne von Richard Strauss. Wir berichteten: „Und dann tritt Apollo auf, als einfacher Rinderhirt, aber Andreas Schager ist eine Offenbarung. Kein distanziertes Hören mehr, eine Sternstunde beginnt, mitreißend sein Apoll durch Stimme und Ausstrahlung.“

Der norwegische Sopran Lise Davidsen debütierte in der Saison 2012/13 an der Königlichen Oper in Kopenhagen in Janáčeks Das schlaue Füchslein als Eule und als in das weibliche Füchslein verliebter Dackel. In zweierlei Hinsicht ungewöhnlich. Erstens weil die Eule gern mit der Försterin kombiniert wird. Beide haben einen nörgelnden Charakter. Außerdem ist die Eule wie auch die Försterin für die Altlage notiert und der Dackel als männliches Gegenstück zum Füchslein für Mezzosopran. Sie übernahm auch die kleine Mezzosopran-Partie der Emilia, der Frau Jagos, in Verdis Otello und als Hauptrolle die Rosalinde in der Fledermaus. Für den Csárdás „Klänge der Heimat“ ist ein Sopran mit sicherer Tiefe notwendig. 2015 interpretierte sie an der Norske Opera, dem größten Musiktheater Norwegens, die Titelrolle in Hindemiths Sancta Susanna. Die einaktige Oper in der Dauer einer nur knappen halben Stunde ist eine expressionistische Rarität und erzählt die sexuellen Probleme der den evangelischen Räten folgenden Schwestern eines Klosters. Wir können uns vorstellen, dass für arrivierte Sängerinnen die Partie der Susanna in dieser selten gespielten Oper zu wenig attraktiv ist. Zwei Jahre später verkörperte Davidsen bereits beim Glyndebourne Festival und an der Wiener Staatsoper die Strauss’sche Ariadne.

Der französische Tenor Benjamin Bernheim wuchs in Genf auf und wurde nach seinem Studienabschluss für die Spielzeit 2008/09 in das Opernstudio und 2010 in das Ensemble des Opernhauses Zürich aufgenommen. Die Stufen seiner Laufbahn waren u.a. der skurrile Spalanzani in Les Contes d’Hoffmann, Graf Lerma in Don Carlo, Narraboth in Salome und der mit einer einzigen, aber zu Herzen gehenden Arie betraute Macduff in Verdis Macbeth. Die Stufen höher dann Lenski in Eugen Onegin, Des Grieux in Manon und Rodolfo in La Bohème, am 23.11.2018 als Rollendebüt an der Wiener Staatsoper. Wir waren begeistert. Und in großen Zügen die Reihenfolge seines Wirkens: 2012 Salzburger Festspiele, 2017 Royal Opera House London, 2018 Wiener Staatsoper, 2022 MET.

von Ulla und Gustav Kaitz aus feuerfester Kaolinerde gefertigt,
nach einer alten chinesischen Technik gebrannt © Tripadvisor
Im Gymnasium lernte ich im Deutschunterricht eine Skepsis gegenüber Sprichwörtern. Es soll zu jedem Sprichwort ein Gegensprichwort geben. Die Wagnerheroine Birgit Nilsson, uns persönlich in Strauss- und Puccinipartien (Elektra, Tosca, Turandot) bekannt, bringen wir zum Schluss als Beweis.
Unmittelbar nach ihren Lehrjahren 1941 bis 1946 debütierte sie als Agathe in Webers Der Freischütz und erregte schon ein Jahr später 1947 Aufmerksamkeit als Lady Macbeth an der Kunigla Operan Stockholm unter der Leitung von Fritz Busch, der ihr Ratgeber und Förderer wurde und sie zu den Festspielen 1951 nach Glyndebourne vermittelte. Acht Jahre nach Abschluss ihrer Studien trat sie bereits an der Wiener Staatsoper und in Bayreuth auf.
Bei den Recherchen taten wir uns diesmal schwer. Die Biografien sind oft sehr einseitig auf die späteren großen Erfolge ausgerichtet, was unsere Absicht behinderte.
Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft. Der litauische Bass Simonas Strazdas absolvierte seinen Master erst 2022 an der Litauischen Akademie für Musik und Theater in Vilnius. Während seiner Studien stellte er bereits den Papageno und den Fürst Gremin an der Sibelius Akademie der Universität der Künste in Helsinki dar. 2024 sang er den Titurel in Wagners Parsifal am Goetheanum in Dornach in der Schweiz. Das Goetheanum ist Sitz und Tagungsort der Anthroposophischen Gesellschaft, Hochschule und Theaterbau.

Über Gianni Schicchi, dem heiteren und beliebtesten Teil der drei stark kontrastierenden, jeweils einstündigen Einakter Puccinis schrieben wir nach der Premiere am 4. Oktober 2023: „Eine Entdeckung und Hoffnung für die Zukunft bedeutete für uns der Notar des litauischen Bassisten aus dem Opernstudio: Simonas Strazdas.“ Wenige Wochen später im Bericht über Manon Lescaut: „Das Mitglied des Opernstudios Simonas Strazdas, der uns vor einem Monat in Gianni Schicchi als Notar positiv aufgefallen war, stellte einen ausgezeichneten Sergeanten auf die Bühne.“

Im Mai 2026 wird neu der Fasolt im Rheingold dazukommen. Und im Juni folgt wieder die kleine Rolle des Notars. Kein Fafner im Siegfried, kein Erster Nazarener in Salome. In vielen Monaten der Saison scheint Strazdas nicht anwesend zu sein. Von seinem König René in Iolanta, seinem Colline in La Bohème, seinem Grafen Des Grieux in Massenets Manon und seinem Astradamors in Le Grand Macabre können wir nur träumen. Die Konkurrenz an Bassisten ist auch groß. So lobten wir einen Kollegen, indem wir kritisierten, dass er am nächsten Tag nicht für die repräsentativere Rolle im Stück Salome ausgewählt wurde.
Lothar und Sylvia Schweitzer, 28. Oktober 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Lothar und Sylvia Schweitzer
Lothar Schweitzer ist Apotheker im Ruhestand. Gemeinsam mit seiner Frau Sylvia schreibt er seit 2019 für klassik-begeistert.de: „Wir wohnen im 18. Wiener Gemeindebezirk im ehemaligen Vorort Weinhaus. Sylvia ist am 12. September 1946 und ich am 9. April 1943 geboren. Sylvia hörte schon als Kind mit Freude ihrem sehr musikalischen Vater beim Klavierspiel zu und besuchte mit ihren Eltern die nahe gelegene Volksoper. Im Zuge ihrer Schauspielausbildung statierte sie in der Wiener Staatsoper und erhielt auch Gesangsunterricht (Mezzosopran). Aus familiären Rücksichten konnte sie leider einen ihr angebotenen Fixvertrag am Volkstheater nicht annehmen und übernahm später das Musikinstrumentengeschäft ihres Vaters. Ich war von Beruf Apotheker und wurde durch Crossover zum Opernnarren. Als nur für Schlager Interessierter bekam ich zu Weihnachten 1957 endlich einen Plattenspieler und auch eine Single meines Lieblingsliedes „Granada“ mit einem mir nichts sagenden Interpreten. Die Stimme fesselte mich. Am ersten Werktag nach den Feiertagen besuchte ich schon am Vormittag ein Schallplattengeschäft, um von dem Sänger Mario Lanza mehr zu hören, und kehrte mit einer LP mit Opernarien nach Hause zurück.“