Jonas Kaufmann (Foto: Gregor Hohenberg / Sony Music)
Jonas Kaufmann: Gute Textbehandlung, deutliche Artikulation, schöne, fließende Mittellage, angenehmes baritonales Timbre auf der Habenseite. Dagegen die Unart, Pianopassagen gaumig und fast schon falsettiert zu singen und im Forte die viel zu lauten Töne mit Brachialgewalt zu stemmen, die wahrlich kein akustischer Genuss sind. Von der viel beschworenen Italianità ist das ungefähr so weit entfernt wie die Nordsee von der Adria.
Silvesterkonzert
Der Jahresausklang mit Kirill Petrenko und Jonas Kaufmann
Arien aus „La Forza del Destino“ (Verdi)
„Giulietta e Romeo“ (Zandonai)
„Andrea Chénier“ (Giordano)
„Cavalleria rusticana“ (Mascagni)
Orchesterwerke von Sergej Prokofjew, Nino Rota und Peter Tschaikowsky
Jonas Kaufmann, Tenor
Kirill Petrenko, Dirigent
Berliner Philharmoniker
Philharmonie Berlin, 29. Dezember 2022
von Peter Sommeregger
Das traditionelle Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker, das zumeist auch im Fernsehen übertragen wird, ist stets mit der Hypothek belastet, ein relativ populäres Programm bieten zu müssen, ohne dabei in allzu seichtes Gewässer zu geraten.
Das gelingt dem umtriebigen Kirill Petrenko mit seiner höchst originellen Auswahl kurzer Orchesterwerke auch, aber die Garnierung des Menüs mit Startenor Jonas Kaufmann gebietet Rücksichtnahme auf die sensible Goldkehle. Was und wieviel er singen will, bleibt natürlich dem Star überlassen.
Nachdem Petrenko das Konzert mit der auch als Konzertstück beliebten Ouvertüre zu Verdis „Forza del Destino“ schwungvoll eröffnet hat, singt Kaufmann eine Arie des Alvaro. Dabei werden gleich wieder sowohl die Stärken als auch die Schwächen des Künstlers offenbar. Gute Textbehandlung, deutliche Artikulation, schöne, fließende Mittellage, angenehmes baritonales Timbre auf der Habenseite. Dagegen die Unart, Pianopassagen gaumig und fast schon falsettiert zu singen und im Forte die viel zu lauten Töne mit Brachialgewalt zu stemmen, die wahrlich kein akustischer Genuss sind. Von der viel beschworenen Italianità ist das ungefähr so weit entfernt wie die Nordsee von der Adria. Am besten gelingt Kaufmann die Szene und Arie des Andrea Chénier, die auch die anfänglich zurückhaltende Begeisterung des Publikums schürt. Hier findet er zu einer reifen Interpretation aus einem Guss. Man fragt sich, warum man diese Perle der italienischen Oper hierzulande so selten zu hören bekommt.
Dirigent und Orchester dürfen dagegen mit Auszügen aus der spritzigen Ballettmusik zu Romeo und Julia von Prokofjew und Ausschnitten aus der großartigen Filmmusik zu Coppolas „Der Pate“ ihre Vielseitigkeit und Brillanz beweisen. Buchstäblich vom Stuhl gerissen wird das zunehmend animierte Publikum aber von Tschaikowskys „Capriccio italien“, das Kirill Petrenko, sichtlich gut gelaunt, zu einer Hommage an das mediterrane Land gestaltet.
Ohne Zugaben lässt man die Ausführenden aber nicht davonkommen. Kaufmann singt eine Kanzone aus Rotas Paten-Filmmusik „Parla più piano“, ein nicht gerade überwältigendes Stück, dagegen zündet Schostakowitsch’ Ausschnitt aus der Suite „Die Hornisse“ ein letztes, vorgezogenes Feuerwerk. Langer, herzlicher Applaus. Es soll ja Gourmets geben, die Garnierungen grundsätzlich an den Tellerrand schieben…
Peter Sommeregger, 30. Dezember 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Silvesterkonzert, Berliner Philharmoniker, Lahav Shani Philharmonie Berlin, 30. Dezember 2021
Denke vor allem mit der WM 2006 hat Franz Beckenbauer sehr viel für Deutschland getan.
Maria Waidmann