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von Peter Sommeregger
Die 1919 in einem Dorf im Allgäu geborene Tochter eines Schullehrers erhielt schon frühzeitig von ihrem Vater Gesangsunterricht. Als diese aber den Wunsch äußerte, den Gesang zum Beruf zu machen, war er anfangs nicht begeistert von dieser Idee. Die junge Irmgard hielt aber auch an ihrem Plan fest, als sie ihren Vater durch einen Autounfall als Siebzehnjährige verlor. Sie absolvierte das Konservatorium in Augsburg und wurde bereits 1940 an das Theater in Aachen engagiert, an dem zu dieser Zeit Herbert von Karajan Generalmusikdirektor war. Der erkannte das Potential der jungen Sängerin und erarbeitete mit ihr Partien des jugendlich-lyrischen Faches.
Der Name der jungen Sopranistin scheint sich schnell verbreitet zu haben, denn 1943 sang sie bereits an der Semperoper in Dresden und an der Wiener Staatsoper bei Karl Böhm vor. Der engagierte sie vom Fleck weg für die Eva in den „Meistersingern von Nürnberg“ in Wien. Dies sollte der Beginn einer dreißigjährigen, erfolgreichen Karriere an diesem Haus werden.
In den ersten Nachkriegsjahren wurde „die Seefried“ prominentes Mitglied des legendären Wiener Mozart-Ensembles, das der Dirigent Josef Krips aus einer Reihe von jungen Sängern formte. Junge Künstler, die später zu Weltruhm kamen, wie Sena Jurinac, Hilde Güden, Elisabeth Schwarzkopf, Christa Ludwig, Anton Dermota, Waldemar Kmennt u.a., schufen unter Krips einen neuen kammermusikalischen Mozart-Stil. Die Wiener Staatsoper spielte nach der Zerstörung des Hauses am Ring bis zu dessen Wiederöffnung im Jahr 1955 in Ausweichquartieren wie der Volksoper und dem Theater an der Wien. Die intimeren Räume waren für diese Art der Mozart-Pflege bestens geeignet.
Bereits im Jahr 1946 trat Irmgard Seefried erstmals bei den Salzburger Festspielen auf, deren regelmäßiger Gast sie bis zum Ende ihrer Karriere blieb. In den folgenden Jahren gastierte sie mit großem Erfolg mit Lieder- und Konzertprogrammen in vielen europäischen Ländern und Übersee.
Bei diesen Tourneen wurde sie häufig von dem berühmten Geiger Wolfgang Schneiderhan begleitet, mit dem sie seit 1948 eine glückliche Künstlerehe führte. Das Ehepaar hatte zwei Töchter, deren jüngere, Monika später unter dem Namen Mona Seefried Karriere als Schauspielerin machte.
Die Schwerpunkte ihres Repertoires lagen eindeutig bei Partien von Mozart und Richard Strauss. Von Letzterem waren der Komponist in „Ariadne auf Naxos“ und der Octavian im „Rosenkavalier“ ihre Glanzrollen. Am häufigsten sang sie in Wien allerdings die Susanna in Mozarts „Nozze di Figaro“, ganze 135 mal war sie in dieser Rolle zu hören. Die Intensität ihrer Interpretationen ließ sie allerdings manchmal an die Grenzen ihres doch eher lyrischen Soprans stoßen. Versuche mit Partien wie der Marie im „Wozzeck“ oder der Kabanicha in „Katia Kabanowa“ in das Charakterfach zu wechseln, waren wenig erfolgreich. Anfang der 1970er Jahre zog sich Irmgard Seefried von der Bühne zurück, gab ihr musikalisches Wissen aber noch an zahlreiche Schüler weiter.
Nach längerer Krankheit starb die Künstlerin am 24. November 1988 in Wien, das ihr zur Heimat geworden war. Neben nicht allzu zahlreichen Studio-Aufnahmen Irmgard Seefrieds existieren aber auch Mitschnitte von Aufführungen, wie jener der Festaufführung zu Richard Strauss’ 80. Geburtstag, bei der die junge Seefried den Komponisten in der „Ariadne“ sang. Ein kostbares Dokument ist auch ihre Pamina in einer Salzburger „Zauberflöte“ unter Wilhelm Furtwängler. Mehrere Liederabende von den Salzburger Festspielen sind inzwischen ebenfalls veröffentlicht, und geben einen Eindruck von ihrem ganz persönlichen Timbre und ihrer Künstlerschaft.
Peter Sommeregger, 25. November 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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