Lorin Maazel © Wikimedia Commons
von Peter Sommeregger
Lorin Maazel wurde am 6. März 1930 in Neuilly-sur-Seine, einem Vorort von Paris, als Sohn von jüdischen Einwanderern aus Russland geboren, die allerdings bereits die amerikanische Staatsbürgerschaft besaßen.
Schon mit fünf Jahren erhielt er Klavier- und Geigenunterricht, studierte später in den USA auch Philosophie, Mathematik und Fremdsprachen. Bereits als Teenager leitete er Orchesterkonzerte und galt als Wunderkind, das unter dem Namen Little Maazel erfolgreich auftrat. Als Fulbright Stipendiat wurde ihm ein Studium in Italien ermöglicht, danach begann er auch in europäischen Musikzentren zu dirigieren und machte sich schnell einen guten Namen.
Als erster Amerikaner dirigierte er 1960 in Bayreuth, bei seinem Debüt mit Lohengrin war er gerade erst 30 Jahre alt. Ein wichtiger Karriereschritt war seine Position als Chefdirigent des Berliner RSO- Orchesters, das er nach dem Tod von Ferenc Fricsay 1964 übernahm. Diese Position behielt er bis 1975, parallel wirkte er von 1965 bis 1971 als Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin. Bereits in diesen Jahren begann er eine ausgedehnte Aufnahmetätigkeit für die Schallplatte für verschiedene Labels.
Regelmäßig dirigierte Maazel bei den Salzburger Festspielen und an der Wiener Staatsoper, deren Direktor er von 1982-1984 war, ein in der Rückschau glücklos geführtes Amt, an dem er vor allem durch Auseinandersetzungen mit der Politik scheiterte. Den Wiener Philharmonikern blieb er aber lebenslang eng verbunden, zwischen 1980 und 2005 dirigierte er insgesamt elf der traditionellen Neujahrskonzerte des Orchesters.
Maazel war ein geschätzter CChefdirigent von verschiedenen renommierten Klangkörpern, wie dem Londoner Philharmonia Orchestra, dem Cleveland Symphony Orchestra, jenem in Pittsburgh, später des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks; seine Verpflichtung bei den Münchner Philharmonikern endete erst 2014 durch den Tod Maazels.
Der rastlose Musiker betätigte sich auch als Komponist, neben Orchesterwerken schrieb er auch eine Oper, „1984“ nach George Orwell, die 2005 an der Londoner Covent Garden Opera uraufgeführt wurde.
Auch Maazels Privatleben verlief turbulent. Zwei Ehen mit Pianistinnen scheiterten, 1986 heiratete er in dritter Ehe die deutsche Schauspielerin Dietlinde Turban, mit der er drei Kinder bekam. Turban hatte für Maazel ihre erfolgreiche Karriere aufgegeben, sie gründete gemeinsam mit ihm das Castleton Summer Music Festival, das seither jedes Jahr auf dem Familien-Anwesen in Virginia stattfindet, und auch nach Maazels Tod von seiner Witwe fortgeführt wird.
Lorin Maazel starb am 13. Juli 2014 an den Folgen einer Lungenentzündung.
In der musikalischen Welt hat er deutliche Spuren hinterlassen, seine kompletten Einspielungen der Symphonien Mahlers, Bruckners, Sibelius’ und anderer Komponisten, sowie eine größere Zahl von Operneinspielungen lassen auch heute noch sein charismatisches Musizieren nachvollziehen.
Peter Sommeregger, 4. März 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen.‘ Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
Sommereggers Klassikwelt 194: Der Dirigent Hans Rosbaud ist heute zu Unrecht fast vergessen
Sommereggers Klassikwelt 192: Der unverwüstliche Dirigent Otto Klemperer prägte eine ganze Ära
Lieber Peter,
ein Super-Beitrag.
Nur das war nicht das „glücklos“ geführte Amt, sondern die widerliche Intrigenpolitik des damals schon unangenehmen Franz Endler und des mehr oder minder alkoholkranken Helmut Zilk.
Endler hat für Zilk ja angeblich einen ekelhaften Brief an Maazel geschrieben, was sich der großartige Dirigent sicher nicht gefallen lassen musste.
Damit haben uns die Figuren Endler und Zilk um die schönsten Jahre gebracht; schau dir heute noch die Premierenliste der Maazel-Saisonen an. Was da an Stars sowohl am Pult als auch der Bühne aufgeboten wurden; davon können heutige Intendanten nur träumen.
Maazel war und ist heute noch lange über seinen Tod hinaus (10. Todestag!!) einer der allerbrillantesten Dirgenten überhaupt.
Und die Berliner Philharmoniker bereuen heute noch die Fehlentscheidung; man hat sich mit Abbado sicher einen „bequemen“ Chef geholt – diese Brillanz von Maazel hat er nie besessen!
Herbert Hiess