Jetzt ist sie also endgültig verklungen, die glasklare, reine Sopranstimme von Edith Mathis.
von Peter Sommeregger
Die am 11. Februar 1938 in Luzern geborene Sängerin studierte am Konservatorium ihrer Heimatstadt und in Zürich Gesang, ihr Debüt hatte sie bereits mit 19 Jahren als 2. Knabe in der „Zauberflöte“ am Luzerner Theater.
Zwei Jahre später war sie bereits Ensemblemitglied der Kölner Oper, ab 1963 an der Deutschen Oper Berlin, wo sie sich ein breites Repertoire im lyrischen Fach erarbeitete. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Opern Mozarts, aber auch zeitgenössische Opern gehörten zu ihrem Repertoire, so kreierte sie in der Uraufführung von Hans Werner Henzes „Der junge Lord“ 1965 die Rolle der Luise.
Ihre Karriere kannte in dieser Zeit nur eine Richtung, nämlich steil nach oben. Die Hamburger Staatsoper, die Bayerische Staatsoper in München und auch die Wiener Staatsoper engagierten Mathis, später kamen auch Gastspiele an Londons Covent Garden und an der New Yorker Met dazu. Neben den Festspielen in Glyndebourne waren es vor allem Auftritte bei den Salzburger Festspielen, die sie international bekannt machten.
Neben zahlreichen Opernpartien verfügte die Künstlerin auch über ein umfangreiches Konzertrepertoire. Symphonien von Gustav Mahler, Messen von Mozart und vor allem ein Vielzahl von Liedern verschiedener Komponisten führten Edith Mathis auch auf die Konzertpodien der Welt. In guter Erinnerung ist mir noch ein Liederabend im Zürcher Opernhaus im Januar 1978. Zu hören waren Lieder von Mendelssohn, Debussy und Schubert, begleitet wurde Mathis von Irwin Gage.
Die in den 1970er Jahren noch blühende Schallplattenindustrie zog Mathis zu einer großen Zahl von Aufnahmen heran, Herbert von Karajan, Karl Böhm und Carlos Kleiber spielten Opern mit ihr ein, Aufnahmen die heute größtenteils Referenz sind.
Lange Jahre verband Edith Mathis eine künstlerische und private Gemeinschaft mit dem Dirigenten Bernhard Klee, von dem sie sich später aber wieder scheiden ließ.
In den späteren Jahren ihrer Karriere übernahm sie nach der Susanna die Gräfin in Mozarts „Nozze di Figaro“, statt der Sophie in Strauss’ „Rosenkavalier“ die Rolle der Marschallin. Klug und bescheiden wie sie war, ließ sie ihre Karriere um die Jahrtausendwende langsam ausklingen. Als Pädagogin wirkte sie allerdings weiter.
Am 9. Februar 2025, nur zwei Tage vor ihrem 87. Geburtstag starb Edith Mathis in Salzburg, wo sie zuletzt mit ihrem zweiten Ehemann, dem Kunstsammler Heinz Slunecko, lebte. Zum Glück ist ihr schlackenloser, leuchtender Sopran auf zahlreichen Tonträgern festgehalten.
Sommeregger, 11. Februar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
Sommereggers Klassikwelt 271: Claudio Arrau klassik-begeistert.de, 5. Februar 2025
Sommereggers Klassikwelt 270: Sir Simon Rattle klassik-begeistert.de, 29. Januar 2025
Sommereggers Klassikwelt 269: Otto Schenk klassik-begeistert.de, 14. januar 2025