GaHetNa (Nationaal Archief NL)
–von Peter Sommeregger
An diesem Mittwoch vor hundert Jahren, am 28. Mai 1925, wurde Dietrich Fischer-Dieskau in Berlin in eine kunstsinnige Familie geboren. Die Eltern ermöglichten ihm eine frühe Gesangsausbildung, die durch den zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde. Fischer-Dieskau wurde noch zum Kriegsdienst eingezogen und geriet in amerikanische Gefangenschaft.
Nach seiner Freilassung setzte er seine Studien bei Hermann Weißenborn fort und sang mit ihm als Begleiter 1948 eine „Winterreise“ für den Rundfunksender RIAS. Sein Aufstieg als Lieder-, Konzert- und Opernsänger war kometenhaft, sein Talent und seine früh erworbene Professionalität öffneten ihm rasch alle Türen.
Speziell als Liedersänger setzte er neue Maßstäbe, seine klare Diktion und die intellektuelle Durchdringung der Liedtexte bescherten der Form des Liederabends neue Popularität. Bereits in jungen Jahren eroberte sich der Sänger alle bedeutenden Opernbühnen der Welt, in sämtlichen Konzertsälen der Welt war er regelmäßig zu Gast.
Frühzeitig begann er auch Schallplatten aufzunehmen, seine ersten Einspielungen erschienen noch auf Schellackplatten. Ab 1951, mit gerade einmal 26 Jahren begann er Schuberts drei Liederzyklen mit dem britischen Klavierbegleiter Gerald Moore einzuspielen, es sind Aufnahmen, die bis heute als Referenz gelten. Gerald Moore blieb bis zu seinem Rückzug vom Podium Fischer-Dieskaus bevorzugter Begleiter, was sich auch in einer kaum überschaubaren Zahl von Schallplattenaufnahmen niederschlug. Im Jahr 1962 sang er bei der Uraufführung von Benjamin Brittens „War Requiem“ in der neuen Kathedrale von Coventry den Bariton-Part.
Über die Jahrzehnte wurde Fischer-Dieskau mehr und mehr zu einer Institution, die Liste seiner Auszeichnungen und Ehrungen würde Seiten füllen. Sein Repertoire umfasste hunderte von Liedern, und zahlreiche Opernpartien, deren Spektrum von Glucks „Orpheus“ bis zu Alban Bergs „Wozzeck“ reichte. Einen besonderen Triumph erlebte er 1978 in München in der Uraufführung von Aribert Reimanns Oper „Lear“, die der Komponist ihm gewidmet hatte.
Auch als Schriftsteller und Pädagoge war Fischer-Dieskau erfolgreich, darüber hinaus war er auch ein begabter Maler. In späteren Jahren betätigte er sich auch als Dirigent.
Ein schwerer Schicksalsschlag war der Tod seiner ersten Ehefrau Irmgard Poppen, einer Cellistin, die 1963 nach der Geburt des dritten Sohnes im Kindbett starb. Es folgten kurze, geschiedene Ehen mit der Schauspielerin Ruth Leuwerik und der Amerikanerin Kristina Pugell. Bestand hatte erst seine vierte Ehe mit der Sopranistin Julia Varady, mit der er von 1977 bis zu seinem Tod verheiratet war. Das Ehepaar, dass sich bei einer Münchner Produktion von Puccinis „Il tabarro“ kennengelernt hatte, trat in den Folgejahren häufig gemeinsam auf.
Fischer-Dieskau beendete seine aktive Gesangskarriere erst 1992. Mit fortschreitendem Alter verlor seine Stimme leider an Geschmeidigkeit und Farbe, was der Sänger mit noch stärkerer Konzentration auf die Gesangstexte auszugleichen suchte. Das löste zunehmend Kritik aus, die aber an seinem Status als bedeutendster Liedersänger nicht nur seiner Generation nicht mehr rütteln konnte. Seit dem Jahr 2000 war er Ehrenbürger Berlins, eine selten verliehene Ehre.
Von Fischer-Dieskaus zahlreichen Schülern machten nicht wenige selbst Karriere, darunter Christian Gerhaher und zuletzt Benjamin Appl.

Dietrich Fischer- Dieskau starb am 15. Mai 2012 in seinem Haus in Berg am Starnberger See, nur wenige Tage vor seinem 87. Geburtstag. Er ruht in einem Ehrengrab auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin. Eine große Zahl von Ton- und Bildträgern bewahrt sein künstlerisches Erbe für künftige Generationen.
Seine Witwe Julia Varady übergab seinen schriftlichen Nachlass und zahlreiche Dokumente und Korrespondenzen der Staatsbibliothek in Berlin.
Peter Sommeregger, 28. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
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