Sommereggers Klassikwelt 258: Aus Liebe wurde Caroline Unger zu Carlotta Ungher Sabatier

Sommereggers Klassikwelt 258: Caroline Unger  klassik-begeistert.de, 29. Oktober 2024

Caroline Unger, nach einer Lithographie von Joseph Kriehuber, 1839 (Ausschnitt)

von Peter Sommeregger

Caroline Unger wurde am 28. Oktober 1803 im Wiener Alsergrund geboren. Ihr Vater war der Literat Johann Carl Unger, ihre Mutter eine polnische Gräfin. Die Wiener Saloniere und Schriftstellerin Caroline Pichler war mit dem Ehepaar befreundet, und übernahm die Patenschaft für das Kind.

Caroline wurde durch die literarisch intellektuelle Atmosphäre des Elternhauses nachhaltig geprägt. Zeit ihres Lebens unterhielt sie Freundschaften, auch Affären mit Schriftstellern. Nach dem Besuch eines Mädchenpensionates erhielt Caroline Gesangsunterricht, u.a. von Mozarts Schwägerin Aloisia Lange, und Klavierunterricht von Mozarts Sohn Franz Xaver.

Im Februar 1821 debütierte sie am Kärtnertor-Theater, der damals führenden Opernbühne Wiens, als Dorabella in Mozarts „Così fan tutte“. Es ist belegt, dass kein Geringerer als Franz Schubert die Rolle mit ihr einstudierte. Schnell erweiterte sie ihr Repertoire mit Opern von Rossini und dem damals gängigen Repertoire. Musikgeschichte schrieb sie am 7. Mai 1824, als sie in der Uraufführung von Beethovens IX. Symphonie das Altsolo sang. Nach zeitgenössischen Berichten soll sie es gewesen sein, die den damals bereits vollständig ertaubten Komponisten zum Publikum drehte, damit er wenigstens optisch den Jubel der Zuhörer wahrnehmen konnte.

Im Jahr 1825 wechselte sie nach Italien, wo sie zunächst am Teatro San Carlo von Neapel große Erfolge feierte. Dort begegnete sie auch dem Komponisten Donizetti, der für sie später mehrere Rollen schrieb. Von 1827 bis 1829 gehörte Unger dem Ensemble der Mailänder Scala an, wo sie u.a. an der Uraufführung von Vincenzo Bellinis „La Straniera“ teilnahm, allerdings nur als Seconda Donna. Nach den Jahren an der Scala trat sie an verschiedenen Häusern auf; Turin, Venedig, Triest und Palermo zählten zu ihren künstlerischen Stationen.

Im März 1833 sang sie in Florenz die von Donizetti für sie komponierte „Parisina“. In der Saison 1833/34 gastierte sie erfolgreich am Théâtre-Italien in Paris. Während ihrer gesamten Karriere wurde ihr darstellerisches Talent gerühmt, das sie neben dem Gesang auch zu einer bedeutenden Darstellerin machte.

Mit dem französischen Schriftsteller Alexandre Dumas begann sie 1835 eine Affäre, die allerdings für die Sängerin enttäuschend endete. In Wien lernte sie 1839 den Dichter Nikolaus Lenau kennen, aber nach einer kurzen Beziehung endete auch diese Verbindung.

Erst mit dem französischen Schriftsteller und Übersetzer François Sabatier, den sie 1840 in Rom kennengelernt hatte, fand sie schließlich ihr privates Glück. Das Paar heiratete 1841 und ließ sich in Florenz nieder. Caroline Unger änderte ihren Namen nun in Carlotta Ungher-Sabatier. Am Dresdner Hoftheater nahm sie am 5. September 1841 Abschied von der Bühne. Die Ehe mit Sabatier, der um 15 Jahre jünger als Caroline war, gestaltete sich glücklich. Das Paar lebte in einem Renaissance-Palast in Florenz, der durch das Ehepaar zu einem intellektuellen Zentrum der Stadt wurde.

Caroline Unger Grave, Florence © wikipedia.org

Vereinzelt unterrichtete die Sängerin auch, Gäste kamen manchmal in den Genuss von ihr gedichteter und komponierter Lieder, die sie im privaten Kreis vortrug. Robert Schumann, der ihr 1841 begegnete, schwärmte von der künstlerischen Aura, welche die Sängerin immer noch umgab. Am 23. März 1877 starb Caroline in Florenz und wurde auf dem Friedhof der Kirche San Miniato al Monte beigesetzt, seit 1891 ruht ihr Ehemann an ihrer Seite.

 

Peter Sommeregger, 29. Oktober 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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