Barockes und Rockiges, Klassik und Filmmusik auf Saxofon-Quartett und Blockflöte? Kein Witz, sondern eine überraschend stimmige, klangvolle Kombination begeistert

„Songs for the Nightingale“, Daniel Koschitzki Blockflöte, Saxophonquartett Clair-Obscur  Sendesaal Bremen, 23. Mai 2024

https://sendesaal-bremen.de/konzertfotos/

„Songs for the Nightingale“

Michael Nyman: Songs for Tony (1993)
Anonymus (18. Jh.)  aus „The Bird’s Fancyer’s Delight“ (1713)
Antonio Vivaldi:  Concerto für Flautino C-Dur RV 443
Jacob van Eyck:  aus dem „Fluyten Lusthof“
Gordon Jacob:  Suite (1958)
Wolfgang Amadeus Mozart:  Flötenquartet D-Dur KV 285
Michael Nyman:  The Piano sings (1994-1997)
Chiel Meijering:  Ludwig auf Freiersfüßen (2000/2003)

Daniel Koschitzki Blockflöte
Saxophonquartett Clair-Obscur

Sendesaal Bremen, 23. Mai 2024

Von Gerd Klingeberg

Kreative Köche sorgen mit der Kombination ungewöhnlicher Zutaten bisweilen für delikate Geschmackserlebnisse. Kreativen Musikern gelingt mitunter Ähnliches. Etwa denen von Clair-Obscur, dem renommierten, seit 20 Jahren bestehenden, in diversen Stilrichtungen versierten Saxofon-Quartett, das nach eigenen Angaben spielt, was ihnen gefällt.

Mit Daniel Koschitzki haben sie sich einen der derzeit gefragtesten Blockflötisten und Mitbegründer von „Spark – die klassische Band“ ins Ensemble geholt. Saxofon und Blockflöte? Klingt eher nach einem Witz. Ist indes ein zwar ungewöhnliches, aber doch erstaunlich stimmiges Miteinander.
„Songs for the Nightingale“ haben sie ihr gemeinsames Programm tituliert. Nach einem rasanten, von scharfen Staccato-Attacken bestimmten Einstieg der Saxofone (Michael Nyman: Songs for Tony) leiteten munteres Gezwitscher und Tirilieren der Sopranino-Blockflöte über zu einem barocken Highlight: Vivaldis Flöten-Concerto C-Dur. Selbst für ausgebuffte Solo-Flötisten bietet es eine echte Herausforderung angesichts der schieren Fülle an verzwickten Figurationen, Läufen, Trillern und sonstigen Raffinessen, die einen gehörig großen Atem erfordern.

https://sendesaal-bremen.de/konzertfotos/

Das original für Streichensemble konzipierte Werk bekam durch die Ausführung mittels Sopran, Alt-, Tenor- und Baritonsaxofon eine reizvolle sonore Färbung.

Die 1958 entstandene 7-sätzige Suite für Flöte und Streichorchester des englischen Komponisten Gordon Jacob orientiert sich am barocken Vorbild, bewegt sich aber auf teils anderen Klangebenen. Etwa bei der „Burlesca alla Rumba“, ideal für die Saxofone, die hier in rasant angegangenem Rhythmus ihr sattes Timbre perfekt ausspielen konnten. Oder auch bei der einfallsreichen Tarantella, wo die Flöte im höchsten Diskant quirlig trällerte.

https://sendesaal-bremen.de/konzertfotos/

Bei Mozarts Flötenquartett ersetzte die Flöte kurzerhand die Sopranstimme des hohen Saxofons. Trotz exzellenter Mischung der gar nicht allzu unterschiedlichen Timbres wirkten Kopf- und Mittelsatz (Allegro, Adagio) in dieser Instrumentierung jedoch etwas zu gewichtig; leichter und klanglich deutlich angenehmer geriet indes das Rondeau, dem die Ausführenden eine mitreißend tänzerische, angenehm unterhaltsame Note verliehen.

Zurück in die Gegenwart ging es mit dem gekonnt von Nyman als Suite arrangierten (und  vom Tenorsaxofonisten Christoph Enzel für Saxofonquartett und Blockflöte eingerichteten) Soundtrack zum Film „Das Piano“. Das Ensemble präsentierte die unterschiedlichen, Filmkennern bestens bekannten Melodien und akustischen Szenerien in hochgradiger Klangdichte und satter Farbgebung.

https://sendesaal-bremen.de/konzertfotos/

Chiel Meijerings 2003 entstandene Komposition mit dem so gänzlich harmlos anmutenden Titel „Ludwig auf Freiersfüßen“ entpuppte sich als rockig-fetziger, durchweg ungestüm vorandrängender, hart tackernder  Rausschmeißer: ein grandioses Saxofon-Sahnestück, garniert mit spritzig hellen Sopranino-Tupfern und -Girlanden.

Den begeisterten Beifall des Publikums beantwortete das Ensemble mit einem verträumt melodiösen Ständchen für den Heimweg.

Fazit: Für ein tolles Konzerterlebnis braucht es keineswegs immer ein groß besetztes Orchester; klein, aber fein kann Musik ebenso erfreulich sein.

Dr. Gerd Klingeberg, 24. Mai 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Konzert „Wiener Schule“, Jan Lisiecki Klavier, Tarmo Peltokoski Dirigent, Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, 22. Mai 2024

Mandelring Quartett, Haydn, Schickedanz, Brahms 25. April 2024, Philharmonie Berlin

Vilma von Webenau (1875-1953), Razumovsky-Quartett und Nataša Veljković, Klavier Arnold Schönberg Center, 8. März 2024

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert