Sylvain Cambreling © Marco Borrgreve
Sylvain Cambreling lässt die mächtigen Meereswellen Debussys souverän durch die Elbphilharmonie schwappen und sichert den Hamburger Symphonikern einen Spitzenplatz in der Hamburger Orchesterlandschaft. Vor allem eine fulminant stimmige Dvořák 8. bringt das Publikum in festlich-fröhliche Feierstimmung!
Symphoniker Hamburg
Sylvain Cambreling, Dirigent
Werke von Claude Debussy und Antonín Dvořák
Elbphilharmonie Hamburg, 20. Januar 2025
von Johannes Karl Fischer
Erst letzte Woche suchte Kent Nagano die musikalisch stürmischen Weltmeere in der orchestralen Hansestadt, kam dabei allerdings kaum über die Kaimauer hinaus.
Heute waren Sylvain Cambreling und die in der Publikumswahrnehmung meistens hinter dem Philharmonischen Staatsorchester stehenden Symphoniker an der Reihe, doch anders als ihre Staatsopern-Kollegen ließen sie mit Debussys La Mer die klangliche Kraft der mächtigen Meereswellen durch den Saal fegen! Man spürte die Dynamik der musikalischen Fluten durch die Elbphilharmonie schwappen, Trompeten und Streicher mischten Debussys Partitur zu einem wunderbaren, aus einer Seele spielenden Klang und malten mit all den bunten Farben des musikalischen Impressionismus.
Insgesamt brachte das Orchester eine mindestens solide Leistung, Debussys Tondichtung strahlte mit Eleganz und viel Feingespür durch die Ränge. Anders als bei Herrn Naganos meist schleppenden Wagner-Dirigaten ließ Herr Cambreling eine begeisternde, mitreißende Musik durch den Saal segeln, ein äußerst frischer Wind wehte stets in der Luft. Das Publikum brach in teils stürmische Begeisterung aus, zwischen einigen Sätzen waren sogar vereinzelt Bravo-Rufe zu hören!
Debussy diesmal ohne Unterbrechung
Ob Herr Cambreling von dem sehr eifrigen Zwischenapplaus so begeistert gewesen wäre… ich weiß es nicht. Erst gestern – so berichtete Helmut Peters vom Hamburger Abendblatt – unterbrach der Symphoniker-Chefdirigent Debussys Prélude à l’après-midi d’un faun in der Laeiszhalle, wegen „zu viel Unruhe im Saal.“ Egal, auch heute stand auch dieses kurze, zauberhafte Vorspiel auf dem Programm, diesmal ließ er es ohne Unterbrechung durchspielen und das Publikum die sanften Klänge der musikalischen Natur einatmen. Das warme, weltberühmte Flötensolo segelte sanft durch die Luft, eine wohltuende Ruhe dieser Musik kehrte in lang geblasenen Atemzügen in den Saal ein.
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Fulminanter Dvořák überrollt Naganos Staatsopern-Holländer
Zum Highlight des heutigen Symphoniker-Abends wurde allerdings Dvořáks fulminante achte Symphonie nach der Pause. Hier ließ Herr Cambreling die ganze Energie dieser feurigen Musik austoben, ein mitreißender symphonischer Sog zog durch die Ränge der Elbphilharmonie.
Die sichtlich begeisterten Musiker stürzten sich mit vollem Eifer in ihre Noten und zündeten insbesondere im Schlusssatz einen stimmungstechnischen Turbo. Man spürte die eher betrübte Alltagslaune – angesichts des tagesaktuellen Geschehens keine große Überraschung – sich in festlich-fröhliche Feierstimmung verwandeln. Das Trompeten-Solo im Schlusssatz musste sogar mitten in den Zwischenapplaus hineinstürmen, die Begeisterung des Publikums wäre anders nicht zu stoppen gewesen.
Auch die eher ruhigen Zwischensätze meisterte das Orchester lebhaft und schwungvoll, dennoch nicht zu überwältigend. Die Instrumentalsoli zeigten stets ihr musikalisches Können und standen ihrer Hamburger Orchesterkonkurrenz um nichts nach. Der Wind blies frisch und flott in die musikalischen Segel, die Musik resonierte mit grenzenloser Freude stimmig in der wunderbar prächtigen Akustik der Elbphilharmonie!
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Anders als die anderen beiden großen Hamburger Orchester müssen sich die Symphoniker meistens mit der zwar auch sehr wohl klingenden, aber hinter der Elbphilharmonie „nur“ an zweiter Stelle der hansestädtischen Konzertszene stehenden Laeiszhalle zufriedengeben.
Angesichts dieser äußerst stimmigen musikalischen Leistung hätte dieses Orchester durchaus den Hamburger Vorzeigekonzertsaal als Stammhaus verdient. Naganos Staatsopern-Holländer haben sie jedenfalls regelrecht überrollt…
Johannes Karl Fischer, 21. Januar 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sylvain Cambreling und Alexander Malofeev Laeiszhalle, 10. November 2024