TONALi Gala mit Preisverleihung

TONALi Gala mit Preisverleihung  Elbphilharmonie, 10. Juli 2023

© TONALi Orchester

Elbhilharmonie, 10. Juli 2023

TONALi Gala mit Preisverleihung

Dirigent: Aurel Davidiuk
TONALi Orchester

Franz Schubert, Sinfonie Nr.7 in h-Moll, „Die Unvollenendete“, 1.Satz

TONALi Award 2023, Kategorie „Mut zur Utopie“
Künstlerische Publikumsreflexion „Die Unvollendeten“

Die „Unvollendete“


von Harald Nicolas Stazol

Unerhört!!! Die rumänischen Tänze!! Von Béla Bartók! Da freut sich der Sohn eines Ungarn. Und: Heute, an diesem heißen Abend in der Philharmonie überrascht einen gar nichts mehr.

Ich kann mich nicht entsinnen, den riesenrunden Saal derart bespielt gesehen zu haben, seit mein alter Freund Lagerfeld – ich kannte ihn noch dick mit dunklem Zopf – hier seine CHANEL-Collection laufen ließ, und gesagt haben soll: „Die Elphi ist zu klein.“ Damals war das Publikum auf das Entschiedenste weniger sympathisch, meist Modejournalist:innen – da macht Gendern ehrlich gesagt wenig Sinn, Pressedamen und die Hamburger „Haute Volée“, naja, wenn man es so nennen kann, oder: Was man so zusammenkehren konnte.

Heute sind die Kleinen da und ein blutjung-begabtes Orchester auf der Bühne, auf der Abschluss-Gala des Tonali e.v. – und dass es heute Abend um die „Unvollendete“ geht, sieht man schon auf den Brücken zum Glashaus hin, da haben flinke Hände in bunter Kreide Gedichte aufgeschrieben, alle ums Thema „unvollendet“ – die liest sogar der Mann am Akkordeon, als er sich eine Zigarette anzündet.

Bunt geht es in der Elphi zu, und ein wenig schrill – und da kommt ein Schwung auf, man hätte es ja schon auf den Etagen-Gängen schnallen können, sind die doch schon in Discolicht getaucht, wie mein treuer Begleiter Gregory, der Regisseur, natürlich sofort checkt.

„Ich muss sagen, ich bin recht angetan“ flüstert er mir denn auch zu, da wird der Schubert gerade etwas dissonant zerhackt, im ganzen Rund von oben bis unten rasseln Schüler oder schlagen Tambourine, gehen die sich hinabschraubenden, raumschiffartig erleuchteten Treppen, nun, eben hinab, ein entzückender Kinderchor in Hamburger Tracht samt weißem Schürzchen und roter Haube singt etwas Hamburgisches, dann wieder eine Prise Franz, so geht es hin und her, und wirklich entzückend-amüsant.

Und dann kommt da als erster ein barfüssiges Saxophon und mengt sich ein, und eine laufende Geigerin, und es werden immer mehr, und ja, ich täusche mich nicht, da scheinen sie in der Solo Violine, man spielt in Körperbewegung auswendig, – es sind die „Rumänischen Tänze“, auf die ich im Überschwange mit meiner Schwester schon getanzt habe…

Eine Aufnahme gibt es, vom „Danube Orchestra“, da werden vor den vor Begeisterung leuchtenden Augen des Dirigenten die Sätze sich ergänzend von auch technisch phantastischen Volksmusikern, früher hätte man gesagt: Zigeuner-Geigern, derart lebendig gegeben, bevor wieder das Original-Score übernimmt – so ist es fast gerade zu hören! Ich höre mich in den 7. Himmel.

Mit 25000 Euro Preisgeld wird dem „Stehgreif Orchester“ die Ehrung überreicht (stimmt ja, sie stehen und sie greifen) – , die mit dem wunderbar lebendigen Spiel der alten Volksweisen schon hervorragenden Mini-Orchester wirklich verdient ist – was für ein Repertoire sie wohl noch so drauf haben?

Der Beginn mit der Unvollendeten – nun, der Dirigent Aurel Davidluk scheint ein echtes Talent, und der Bratschistin Lilla Rubin, nein, all der künstlerischen Leiter den 52 Jugendlichen der Heinrich-Hertz Schule und Stadtteilschule Alter Teichweg ist zu danken und zu gratulieren – und, erstaunlich fürwahr: Auch Kiezbewohner:innen sind mit von der Partie.

Der Konzertmeister, Arthur Rusanovsky, spielt genauso, wie er klingt und die Trompeten sind besonders zu erwähnen, Anton Borderieux und Anton Keller – man darf von dem jungen Vollblut-Kammerorchester, eben dessen von TONALi, ein überaus erstaunliches Klangerlebnis, das und die Inszenierung – Chapeau!

Die Rede ist schön, aber ein wenig zu lang – noch einmal spielen die Preisträger auf das Mitreißendste auf, melodisch ihre Freude, wir erinnern uns: „Das Stehgreif Orchester“. Es wäre schön, ihr Lieben und Begabten, ein wenig von den Goldstücken in eine Website zu investieren, den Wiki-Eintrag schreib ich gern, – ich hätte hier ein paar Leute…

Als dann aber das Publikum mitsingen soll, flüchte ich den Saal, am Arm von Gregory, und verzichte auf die „Unvollendete“ – und schwach obschon der 33 Grad (Hach, geliebtes Cairo…).

Wir enteilen, très discret: Ich war der im rosa Boating-Jacket, Downing College, Cambridge.

Ich bin davon überzeugt, dass die Twen-Band ganz vorzüglich war!

Ich hatte aber am Morgen schon Karl Böhm gehört.

Harald Nicolas Stazol, 13. Juli 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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