Wiener Opernsommer 2025/Traviata (Foto privat)
Mitten in Wien spielt sich in diesem Sommer Verdis „Traviata“ ab – und der Schauplatz ist ausgefallen: Während der Wiener Opernsommer letztes Jahr erstmals vor dem Barockschloss Belvedere den „Don Giovanni“ inszeniert hatte, ist die Produktion in diesem Sommer ins Herz der Donaumetropole umgezogen – auf den 6000 Quadratmeter großen Platz „Am Heumarkt“ zwischen Konzerthaus und Intercontinental-Hotel.
Wiener Opernsommer, Opernarena am Heumarkt, 1. bis 19. Juli 2025
Giuseppe Verdi
La Traviata
Erzähler/Giuseppe Verdi: Karl Markovics
Regie: Dominik am Zehnhoff-Söhns
Bühne: Manfred Waba
Musikalische Leitung: Joji Hattori
Wiener Kammerorchester, Philharmonia Chor
Opernarena am Heumarkt, 4. Juli 2025
von Dr. Charles E. Ritterband
Zur Zeit Maria Theresias wurden hier „Auf der Hayd“ große Mengen aus Ungarn importiertem Heu umgesetzt, daher bürgerte sich der Name „Heumarkt“ ein. Im Winter tanzt man hier, wo sich jetzt im heißen Wiener Sommer, die Verdi-Oper abspielt, auf dem Eis: Der hier beheimatete „Wiener Eislauf-Verein“ gilt als einer der ältesten Sportvereine der Welt.
Vor der Seitenfassade des 1913 erbauten Konzerthauses wurde eine prachtvolle Kulisse – sogar mit winziger Drehbühne – errichtet, auf der sich Verdis tragisches Liebesdrama abwickelt. Die Fassade als Hintergrund und der Bühnenaufbau davor passen erstaunlich gut zusammen und verschmelzen zur Einheit, zusätzlich wird die Fassade des Konzerthauses mit klassischen Gemälden aus Projektoren angestrahlt. Orchester und Stimmen (mit Kopfmikros) werden via Lautsprecher übertragen, die Tonqualität ist durchaus befriedigend.
Zur „Traviata“ ließ sich der Wiener Opernsommer – übrigens das einzige Open-Air-Opernfestival Wiens – etwas besonderes einfallen: Giuseppe Verdi, verkörpert vom bekannten Schauspieler Karl Markovics, tritt auf und führt durch die Handlung. Als die „Traviata“, Violetta Valéry, am Ende stirbt, wird sie vom Komponisten an der Hand genommen und hinausgeführt. Hübsche Idee.
Herausragend die Violetta Valéry der rumänischen Sopranistin Cristina Pasaroiu. Eine starke, diesen großen Freiluft-Raum problemlos füllende, harmonische Stimme, trittsicher in den akrobatischen Passagen der Koloraturen und sauber in den Spitzentönen. Sonor und kraftvoll mit weicher, warmer Stimme der ukrainische Bariton Stepan Drobit als Giorgio Germont. Der amerikanische Tenor Aaron McInnis hatte für die erkrankte Erstbesetzung kurzfristig als Alfredo Germont einzuspringen, er tat dies nach anfänglicher Nervosität mit zunehmender Sicherheit und angenehmem tenoralem Schmelz.

Das kleine Orchester produzierte unter dem japanischen Dirigenten Joji Hattori einen wohlklingenden, kräftigen Verdi-Sound mit einigem Temperament, sowie angemessener Subtilität in den leiseren Passagen.
Dr. Charles E. Ritterband, 6. Juli 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Wiener Philharmoniker, Andris Nelsons Dirigent, Gautier Capuçon Schönbrunn, Wien, 16. Juni 2022