Auch eine Slapstick-Così fan tutte funktioniert

Wolfgang Amadeus Mozart, Così fan tutte  Hamburgische Staatsoper, 30. Oktober 2025

Chao Deng (Don Alfonso), Andrew Hamilton (Guglielmo), Jonah Hoskins (Ferrando), Evelin Novak (Fiordiligi), Omer Meir Wellber (musikalische Leitung und Cembalo), Simone McIntosh (Dorabella), Kangmin Justin Kim (Despina) (Foto: RW)

Die Kostüme sind frech und bunt, die Bühne eine mit großen Bauklötzern übersäte farbsatte Spielwiese und die Akteure überzeichnen grotesk-komisch ihre Empfindungen.

Così fan tutte, Dramma giocoso in zwei Akten von Lorenzo Da Ponte

Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Musikalische Leitung und Cembalo: Omer Meir Wellber

Inszenierung und Bühne: Herbert Fritsch, Kostüme: Victoria Behr

Hamburgische Staatsoper, 30. Oktober 2025

von Dr. Ralf Wegner

Manche mögen immer noch der alten, wunderschönen Inszenierung von Marco Arturo Marelli nachhängen, die im Verlaufe der Handlung den Blick auf das malerisch drapierte Neapel freigab, während zeitgleich Karita Mattila, Charlotte Margiono, Soile Isokoski oder Hellen Kwon kunstvoll ihre Fiordiligi-Arien zelebrierten.
Die jetzige Inszenierung von Herbert Fritsch hat nichts Elegisches oder zum Träumen anregendes mehr. Der reine Stimmklang, die Kunst der stimmlichen Entfaltung und die sängerische Selbstdarstellung tritt in den Hintergrund. Die Kostüme sind dafür frech und bunt, die Bühne eine mit großen Bauklötzern übersäte farbsatte Spielwiese und die Akteure überzeichnen grotesk-komisch ihre Empfindungen. Irgendwie erinnert die Szenerie an den Zeichentrickfilm Yellow Submarine von George Dunning.

Besonders gefordert wurde der südkoreanische Countertenor Kangmin Justin Kim, der mit seinen Slapstickeinlagen die Partie der Despina weiter als sonst üblich in den Mittelpunkt der Handlung zog. Zu diesem Eindruck trug natürlich auch seine kraftvolle und wandlungsfähige Stimme bei. Sein Gegenpart als Don Alfonso war Chao Deng, dem die Strippen der Handlung immer mehr entglitten bzw. von Despina entrissen wurden. Die vier Betroffenen, Evelin Novak als Fiordiligi, Simone McIntosh als Dorabella, Andrew Hamilton als Guglielmo und der noch junge US-amerikanische Tenor Jonah Hoskins als Ferrando agierten dann auch nur noch wie von oben geleitete Marionetten, die ihre Gefühle dennoch mit überschäumender Wucht zum Ausdruck brachten.

Diese Art der Darstellung entzog dem Zuschauer die Möglichkeit, sich wohlig dem Gesang und der Mozart’schen Komposition hinzugeben. Stärker geistig gefordert, blieb Zeit zum Abstrahieren und hinter dem formalen Wohlklang des bestens aufgelegten Ensembles über die Wandelbarkeit der menschlichen Empfindungen ins Grübeln zu geraten.

Omer Meir Wellber (rechts) mit Mitgliedern des Opernstudios (Foto: RW)

Gesungen wurde ausgezeichnet, Gesang, Spiel und Orchesterleistung ergänzten sich perfekt unter der Leitung von Omer Meir Wellber. Wellber stand darüber hinaus noch während der Pause für eine musikalische Begleitung von sechs Mitgliedern des Opernstudios zur Verfügung, die im Foyer des zweiten Rangs einen 1782 von Mozart komponierten Kanon namens „Leck mich im Arsch“ intonierten (KV 231 / 382c). Das Mozart’sche Original sei erst 1991 in der Musikbibliothek der Harvard Universität wieder gefunden worden, wie der Veranstalter berichtete. Erst ab 1804 sei nur noch die entschärfte Fassung dieses Kanons für 6 Stimmen in B-Dur gespielt worden („Lasst uns froh sein“). Das zahlreich im zweiten Rangfoyer versammelte Publikum wurde zum Mitsingen aufgefordert, was aber von dem schallstarken Ensemble des Opernstudios deutlich übertönt wurde.

Diese Veranstaltung gehörte zum sog. „FRAMING the REPERTOIRE“, mit dem die Intendanz, Tobias Kratzer war auch anwesend, den Opernbesuch offenbar auflockern bzw. modernisieren möchte. Mozart sollte zwar nicht vom Sockel geholt werden, dem Publikum analog der Fritschen Così-Inszenierung aber menschlich näher gebracht werden, etwa im Sinne des Mozartbildes von Milos Forman in seinem Amadeus-Film des Jahres 2002.

Das Publikum war am Ende von der Aufführung begeistert und applaudierte lang und anhaltend. Tradition scheint es zu werden, den Bühnenvorhang bereits vor Ende des Jubels endgültig zu schließen.

Dr. Ralf Wegner, 31. Oktober 2025, für
klassik-begeistert.at und klassik-begeistert.at

Così fan tutte, Text von Lorenzo da Ponte, Musik von Wolfgang Amadeus Mozart Staatsoper Hamburg, 26. Juni 2024

Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791), Così fan tutte Staatsoper Hamburg, 20. Juni 2024

Così fan tutte, Musik von Wolfgang Amadeus Mozart Staatsoper Hamburg, 20. Juni 2024

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