Das Beste kommt zum Schluss: Barrie Kosky’s All Singing, All-Dancing Yiddish Revue

Barrie Kosky’s All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue  Komische Oper Berlin, 10. Juni 2022 PREMIERE

Komische Oper Berlin, 10. Juni 2022 PREMIERE

Barrie Kosky’s All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue

von Peter Sommeregger

Fotos: Monika Rittershaus

Was der charismatische Intendant der Komischen Oper Berlin, Barrie Kosky, bei seiner letzten Premiere am Ende seiner zehnjährigen Intendanz auf die Bretter des Hauses an der Behrenstraße wuchtet, hat es so in Berlin noch nicht gegeben.

Kosky, der während der letzten zehn Jahre nicht müde wurde, Perlen der jüdischen Musiktheater-Kultur für das Haus und Berlin zurückzugewinnen, hat sich um die Wiederbelebung von Werken Paul Abrahams, Emmerich Kálmáns u.v.a. verdient gemacht. Schließlich waren diese Werke einst Zugpferde am Metropol-Theater, in dessen Mauern heute die Komische Oper spielt, ehe der braune Ungeist der Nazi-Ideologie ihre Schöpfer ins Exil oder in den Tod trieb.

Die Staatsministerin für Kultur, Claudia Roth, würdigte dieses Verdienst in einer launigen Ansprache und machte Kosky das Kompliment, durch ihn wäre endgültig der „braune Schleier“ der Nazis aus der Berliner Kultur verschwunden.

Danach entfesselten die gebündelten Kräfte des Hauses, unterstützt durch zahlreiche Gäste, ein Festival jiddischer Musik aller Genres.

Als roter Faden diente dabei die in den 1950er Jahren in den USA entstandene speziell jiddische Variante des Showbusiness, die sich in den Hotels der Catskill Mountains, einer nördlich von New York gelegenen Ferienregion, entwickelte. Stil und Inhalte dieses „Las Vegas des Ostens“ kopiert Kosky in dieser Revue, die von fetzig choreographierten Nummern, über sentimentale Chansons und witzige Pointen ein über 150-minütiges Feuerwerk entfacht.

Das Jiddische, auch in Berlin einst eine viel gesprochene Sprache, war von den Nationalsozialisten so konsequent getilgt worden, dass uns nachgeborener Generation fremd erscheint, was doch einmal Teil auch unserer kulturellen Identität war. Das erklärt die freudige Überraschung weiter Teile des Publikums, für die das hier Gezeigte Neuland darstellte.

(c) Monika Rittershaus

 

Es ist fast unmöglich, hier alle Beteiligten einzeln zu würdigen – neben jüdischen Künstlern, die man hier zum ersten Mal erlebte, waren auch Ensemblemitglieder aller Nationalitäten beteiligt, denen in der Ansage launige jüdische Phantasienamen gegeben wurden, aber das Publikum erkannte seine Lieblinge natürlich sofort.

Der Dirigent Adam Benzwi, der auch wesentlich an der Zusammenstellung der Nummern und der Erstellung von Arrangements beteiligt war, hielt den ganzen langen, aber kurzweiligen Abend die Spannung und sorgte für den orchestralen Unterbau der zahlreichen Gesangs-Interpreten. Otto Pichlers Choreographie  sorgte wie gewohnt für gute Laune und Pepp, die Chorsolisten der Komischen Oper zeigten sich wie immer auf höchstem Niveau. Es wäre ungerecht, einzelne der nahezu zwei Dutzend Interpreten hervorzuheben, agiert haben sie alle mit Herzblut.

Nach einem hinreißenden Finale des gesamten Ensembles, welches das enthusiasmierte Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss, ergriff noch einmal Barrie Kosky das Wort. Seine Botschaft: „Ich wollte das machen um zu zeigen, die Nazis haben nicht gewonnen!“ wurde mit nachdrücklichem Applaus bedacht und kann als Motto für Koskys erfolgreiche Arbeit an diesem Haus genommen werden.

Peter Sommeregger, 11. Juni 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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