Foto: Der Spiegelsaal aus dem ehemaligen Palais Budge in Harvestehude wurde 1987 im Nordhof des MKG (c) wiederaufgebaut.
2. Chopin-Festival Hamburg
Museum für Kunst und Gewerbe (MKG Hamburg), 21. Juni 2019
Konzert mit Janusz Olejniczak
von Elzbieta Rydz
Das 2. Chopin-Festival Hamburg 2019, organisiert von der Chopin-Gesellschaft Hamburg & Sachsenwald e.V., spannt einen Bogen zwischen Chopins Lebens- und Wirkenszeit sowie der Moderne. Die Instrumente werden in einen aktiven Wettbewerb „geschickt“ und immer wieder wird die im Raum mitschwingende Frage gestellt: mit welchem Instrument können die feinsten emotionalen und psychischen Zustände, das Doppelte des Ausdrucks, das Gefühl ausgedrückt werden?
Im Ausstellungssaal des Museums für Kunst und Gewerbe im Herzen Hamburgs beginnt der erste Teil des Konzertes. Der Zuhörer wird auf die Reise ins Klanglabor der Vergangenheit mitgenommen. Janusz Olejniczak zaubert abwechselnd mit seinen Händen auf dem historischen Pariser Pleyer Flügel (Baujahr 1847, dem Lieblingsinstrument Chopins) und dem Broadwood (London 1841) sechs Mazurken, zwei Nocturnes, eine Polonaise.
Die ausgezeichnete Werkstatt von Janusz Olejniczak nivelliert jedwede Unvollkommenheit der historischen Instrumente. Für den Künstler selbst ist die Ferne des Konzertsaales und der Abstand zum Publikum nicht existent. Er führt auf eine zuvorkommende Art durch den Abend, erzählt Interessantes und Wichtiges. Durch diese Interaktion stellt sich dem Zuhörer immer wieder die Frage: Wo befindet sich die harmonische Basis, wie wird sie umspielt, mit welcher Leichtigkeit, Sehnsucht und Sensibilität wird die Poetik der Musik hörbar und beim Schließen der Augen sichtbar?
Im Scherzo No. 2 b-Moll op. 31 offenbart sich der perlende Schmelz und die Dankbarkeit des Pleyer Flügels: die einzelnen Übergänge lückenlos, die dynamische Amplittude ein wenig durch die Enge des Raumes begrenzt, fesselnd und grandios in den Stimmungswechseln.
Im Spiegelsaal auf dem modernen Shigeru Kawai Flügel (Hamamatsu 2019) findet der zweite Teil des Konzertes statt. Durch die ausgefeilte ABS-Carbon-Mechanik wird der Flügel stabilisiert und die Anschlagskraft des Pianisten nahezu verlustfrei auf die Saiten übertragen.
Bei der Interpretation der drei Walzer setzt der Künstler einen Meilenstein: jede Note so gewichtig, so trächtig, dass scheinbar kaum Platz für die doch letztendlich platzierte Blue Note existiert.
Ist der technisch vollkommene und perfekte Klang des modernen Flügels notwendig oder entsteht eher ein beklemmendes, bedrückendes Gefühl der Unvollkommenheit der menschlichen Existenz, wird die Sensibilität zementiert, zerschmettert?
Ein reicher Abend geht mit Standing Ovations zu Ende. Das dankbare Publikum verlässt in erwartungsvoller Vorfreude auf die bis 25. Juni 2019 folgenden Konzerte das Museum.
Elzbieta Rydz, 22. Juni 2019, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at