Der Pianist Martin Stadtfeld haucht fragilste Klangskulpturen in den Saal

Dresdner Festspielorchester, Martin Stadtfeld, Jan Vogler, Ivor Bolton,  Elbphilharmonie

Foto: Höhne (c)
Dresdner Festspielorchester
Martin Stadtfeld Klavier
Jan Vogler Violoncello
Ivor Bolton Dirigent
Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 C-Dur op. 15
Johann Sebastian Bach
Sonate Nr. 1 G-Dur BWV 1027 / Bearbeitung / Fassung für Violoncello und Klavier
Robert Schumann
Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129
Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120
Elbphilharmonie, 3. Mai 2017

Von Sebastian Koik

Das Klavierspiel von Martin Stadtfeld ist der Höhepunkt des Abends. Das Klavierkonzert Nr. 1 von Ludwig van Beethoven spielt er wunderbar quirlig und mit makellosem Timing. Selbst in den virtuosesten Passagen gibt er jedem einzelnen Ton präzise Kontur. Er überzeugt mit Eleganz und bringt mit großer Sensibilität feine Zwischentöne zum Klingen. Seine Interpretation wirkt sehr persönlich und verströmt viel Charme.

Auch im langsamen zweiten Satz überzeugt Stadtfeld mit großer musikalischer Spannung und modelliert zärtlich jeden einzelnen Ton. Das Dresdner Festspielorchester begleitet ihn leider nicht spritzig genug, ist oft zu träge, hat oft zu späte Einsätze.

Im dritten Satz kommt auch der Pianist ein wenig aus dem Fluss, schnellere Passagen gelingen ihm nicht mehr so präzise wie zuvor, sein Spiel wirkt jetzt etwas unsauberer und in manchen Momenten sogar leicht schludrig. Am Ende des Stückes fängt er sich, kommt zurück zu seinem vollendeten Spiel und haucht fragilste Klangskulpturen in den schönen Saal – ein magisches Erlebnis.

Jan Vogler erklärt dem Publikum vor der Gambensonate von Johann Sebastian Bach, dass das Orchester auf historischen Instrumenten spielt, dass er für seine beiden Konzerte in der Elbphilharmonie Darmseiten auf sein Cello aufgezogen hat und der vom Pianisten mitgebrachte Steingraeber-Flügel in der Bach-Kellner-Stimmung ertönt.

Das Orchester überlässt den beiden Solisten die Bühne. Martin Stadtfeld begeistert mit elegant zurückgenommenem Klavierspiel, Präzision, sehr viel Esprit und musikalischer Spannung. Den besonderen Geist in der Musik Johann Sebastian Bachs scheint er vollkommen zu durchdringen und drückt ihn mustergültig in seiner Interpretation aus. Jan Vogler hingegen ist mit seinem Cello nicht wirklich im Fluss. Er spielt die meiste Zeit leicht zu träge, mit zu wenig Biss. Und er trifft den besonderen Ton der Bach’schen Musik nicht.

Bei Robert Schumanns Cellokonzert zeigen sowohl das Dresdner Festspielorchester als auch der Cellist ein viel schöneres Gesicht. Jan Vogler spielt jetzt stark, mit Tiefe und sehr viel Gefühl. Das Orchester erklingt sehr viel spritziger, klangfarbenreich, und mit schönem Schwung. Leider können Orchester und Solist dieses Niveau nicht halten und verlieren ihren Esprit.

Bei Schumanns Sinfonie Nr. 4 präsentiert sich das Orchester ebenfalls wechselhaft, aber insgesamt am stärksten. Im ersten Satz beginnen die Musiker mit viel Spielfreude und dramatisch zupackend. Dann wird es wieder zu träge, Einsätze kommen zu spät, besonders von der Pauke sowie den Blech- und Holzbläsern.

Der langsame zweite Satz gelingt den Dresdnern in Perfektion. Mit wunderbarem weichen Orchesterklang und großer Innerlichkeit erobern die Musiker den Raum und die Herzen der Hörer. Den dritten Satz nehmen sie mit Biss und Dramatik. Im langsameren Beginn des vierten Satzes treffen sie den Geist der Musik nicht ganz – doch im Finale spielen sie sich mit Elan, Energie, Dramatik und Drive in einen Rausch. Das Dresdner Festspielorchester zeigt hier seine ganze Klasse und reißt das Publikum mit. Das Timing aller Musizierenden ist perfekt, und das Orchester lässt die Funken sprühen.

Sebastian Koik, 5. Mai 2017 für
klassik-begeistert.de

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