Sie ist der Opernklassiker. Laut Operabase die zweit meistgespielte Oper weltweit (noch häufiger gibt es nur Verdis „La Traviata“). Sie wird so oft gespielt und doch ist es jedes mal ein Genuss aufs Neue die Zauberflöte zu hören.
von Johannes K. Fischer
Wann ich die Zauberflöte zum ersten Mal gehört habe, ich weiß es nicht. Es muss früh in meiner Kindheit gewesen sein. So früh, dass von einem meiner ersten Opernbesuche mir nur in Erinnerung blieb, dass die drei Knaben mit dem Roller über die Bühne fuhren. Dass an dem Abend u.a. Kurt Moll, Michaela Kaune, und Marlis Petersen auf der Bühne standen, ging damals noch völlig an mir vorbei.
Ebenfalls in Erinnerung bleiben wird mir eine Aufführung an der Oper Kiel aus dem Jahr 2011. Weniger wegen der Inszenierung oder wegen der gesamtmusikalischen Leistung. Aber umso mehr weil meine Cousine dort die Papagena gesungen hat.
Ganz besonders fasziniert hat mich aber schon immer der Anfang der Ouvertüre. So sehr, dass ich mich schon im zarten Alter von 10 Jahren darüber “beschwert” habe, dass die meisten Dirigenten damals diese Stelle vermeintlich “zu schnell” dirigiert hätten. Das „richtige“ Tempo entsprach dabei einer ganz tollen, gar nicht so alten, Aufnahme mit James Levine aus dem Jahre 1991. Dass es, gerade bei Mozart, eigentlich ziemlicher Quatsch ist, ein Aufführungstempo pauschal als „richtig“ oder „falsch“ zu bezeichnen, das war mir damals natürlich noch nicht bewusst.
Als ich später während des Studiums ein musikwissenschaftliches Seminar zum Thema Oper besuchte, kam als erstes, wenig überraschend, die Zauberföte dran. Eine Hausarbeit verfasste ich damals über die Bedeutung der Tonart d-Moll in der berühmten Arie „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen.“
Es gibt wohl wenige Sängerinnen, die die Arien der Königin der Nacht so musikalisch präzise dargestellt haben wie Edita Gruberova. Ich hätte sie wirklich gerne einmal in dieser Rolle live erlebt, aber das habe ich jetzt wohl endgültig verpasst. Dafür hat mir in letzter Zeit besonders Benjamin Bruns als Tamino sehr gefallen, ebenso wie die etwas weniger bekannte Alexandra Reinprecht als Pamina. Und dann wäre da auch noch Nathan Gunn. Im deutschsprachigen Raum taucht dieser Name zwar äußerst selten auf, aber sein Pagapeno an der Met war einfach die Wucht in Tüten.
Interview mit Benjamin Bruns, Wiener Staatsoper, 20. Januar 2020
Die Zauberflöte geht auch oft als „kindertaugliche Oper“ oder „Anfängeroper“ durch. Warum das bei mir auf großes Unverständnis trifft, darüber könnte ich ganze Doktorarbeiten schreiben. Die Handlung: viel zu komplex. Die Themen: viel zu dunkel. Dass Mozart in der Rolle des Papageno einen äußerst sympathischen, lustigen Charakter entwickelt hat, daran besteht kein Zweifel. Ebenso wenig daran, dass die Musik unglaublich eindrucksvoll ist. Aber was bringt das Lachen über eine Handlung, die man kaum versteht?
Jedoch: Eine gewisse Kindheitserinnerung ist mir bis heute geblieben. So verwende ich immer noch gerne den Begriff „Tamino-Tenor“ für eine ganz besondere Art lyrischen Tenor. Neben Benjamin Bruns würde ich natürlich Piotr Beczała und Oleksiy Palchykov als „Tamino-Tenor“ bezeichnen. Ebenso Klaus Florian Vogt. Nicht weil sie alle drei schon den Tamino gesungen haben. Sondern weil ihre Stimmen sich durch eine Klangfarbe kennzeichnen, die mich sofort an die Arie „Wie stark ist nicht dein Zauberton“ erinnert.
Manch Opernfreund meint, die Zauberflöte wäre zu bekannt. Zu oft gespielt. Aber diese Einschätzung kann ich, selbst nach unzähligen Opernbesuchen, einfach nicht nachvollziehen. „Man muss doch nicht immer nur die Zauberflöte anschauen“, für diesen Spruch habe ich wenig Verständnis. Die Zauberflöte ist einfach eine Oper, von der man nie genug haben kann.
Johannes K. Fischer, 30. Mai 2020, für
klassik-begesitert.de und klassik-begeistert.at
Meine Lieblingsoper (33): Cavalleria rusticana von Pietro Mascagni
Beitragsbild: ivabalk auf pixabay