Der Schlauberger 53: Sternstunden mit Leuchtturm

Der Schlauberger 53: Sternstunden mit Leuchtturm

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Heute geht es um Zitate aus einer älteren Pressemitteilung der KfW-Stiftung. Zum Beispiel: „Bundeswirtschaftsministerium überreicht in Frankfurt den neuen Special Impact Award an Sozialgründer*innen.“

Und so begann die Geschichte des größten Unfugs der Gegenwart: der Sternchen.

Allein schon dieser Satz des Bundeswirtschaftsministeriums ist wie Musik. Schräge Musik. Wie schräg, das will ich Ihnen mit einem Blick hinter die Kulissen der Pressearbeit zeigen.

Die KfW, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die weltweit größte nationale Förderbank, hätte es gern gesehen, wenn diese Pressemitteilung genau so abgedruckt worden wäre. Wurde sie aber nicht. Weil die Redakteur*innen so etwas ihren Leser*innen nicht zumuten wollen.

Haben Sie’s bemerkt? Ich habe es benutzt. Das Gender-Sternchen, die Erfindung der Grünen, die damit Männlein und Weiblein und alle dazwischen gleichbehandeln wollen. Der Haken: Es funktioniert nur geschrieben, nicht gesprochen. Und es zerstört unsere Sprache. Sozialgründersterncheninnen? Quatsch.

Und es geht munter weiter im Text der KfW: Mit den Preisträger*innen, Finalist*innen und Sozialunternehmer*innen. Und mit einer maritimen Note: „KfW Stiftung und Social Impact gGmbH zeichnen Leuchtturmprojekte der Förderprogramme „ANKOMMER. Perspektive Deutschland und AndersGründer aus.“

Leuchttürme bauen sie also auch noch. Bei uns im Küstenvorland Hessen. Diesmal ohne Sternchen. Wie inkonsequent.

Da fällt mir der grandiose Satz von Edmund Stoiber, dem großen deutschen Philosophen, ein: „Wir müssen den Kindern mehr Deutsch lernen.“ Eine Sternstunde unserer Sprache.

Wenn es darum geht, unsere Kinder zu lehren, sich klar und schwurbelfrei zu artikulieren, gibt’s von mir eine Eins mit Sternchen.

* Der Parteitag der Grünen hatte 2015 beschlossen, Transsexuelle, transgender und intersexuelle Personen nicht mehr zu diskriminieren, indem nur weibliche und männliche Formen genannt werden. Dazu soll das Gendersternchen dienen.

Achtung, Lüge! Dieses Schild hat ein Leser im Internet entdeckt und ist sicher: Das ist eine Fälschung. Übrigens: Nach der Grünen-Philosophie müsste es Kinder*innen heißen.
Gewaltige Luftmengen: Mini-Serie „Hinter den Kulissen“: Pressemitteilungen und was wirklich drin steht.

Häufig haben sie die Qualität einer Hüpfburg: Von außen gewaltig, imponierend. Und innen: Luft. Sonst nix. Pressemitteilungen. Das sind Informationen von Organisationen, Unternehmen oder Personen an Redaktionen, die am liebsten wortwörtlich veröffentlicht werden sollen. Zum Glück bewahren uns Profi-Redakteure vor dem schlimmsten Geschwafel.

Beispiel: Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau haben einen Vertrag zur Zusammenarbeit beschlossen. Und das steht in ihrer Mitteilung an die Presse:

DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer sagte: „Ernährungssicherheit, Tierwohl, Artenvielfalt, Grundwasserschutz und Klimawandel beschreiben ein Spannungsfeld erheblicher Herausforderungen für die Landwirtschaft als Ganzes.“

  • Übersetzung: Nichts Halbes, sondern Ganzes. Und: Lieber reich und gesund als arm und krank.

Aber halt! Da kommt noch was: „Dies erfordert gemeinsames Nachdenken und Kooperationen für nachhaltige Zukunftslösungen…“

  • Übersetzung: Sie wollen nachdenken. Das ist lobenswert. Über Zukunftslösungen. Welch ein Glück, dass sie sich nicht an Lösungen für die Vergangenheit abarbeiten wollen.

Der Geschäftsführer des Forschungsinstituts, Dr. Robert Hermanowski, setzte noch einen drauf: „Stärken bündeln, Gemeinsamkeiten herausstellen, Eigenständigkeit bewahren.“

Spätestens jetzt wissen Sie, was ich mit Luft in der Hüpfburg meinte.

Dieser Quatsch liegt in meinem Archiv und ist schon ein paar Jahre alt. Aber geändert hat sich seitdem nichts.

Reinhard Berger, 27. Juni 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Der Schlauberger 52: Aufs Klo in Jogginghosen – Mit Fischbrötchen

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Reinhard Berger

Allerleikeiten: Reinhard Berger, geboren 1951 in Kassel, Journalist, Buchautor, Hunde- und Hirnbesitzer.
Vergänglichkeiten: Vor dem Ruhestand leitender Redakteur der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA).
Herzlichkeiten: verheiratet, zwei Söhne, zwei Schwiegertöchter, drei Enkel, ein Rottweiler.
Anhänglichkeiten: Bach, Beethoven, Bergers Nanne (Ehefrau).
Auffälligkeiten: Vorliebe für Loriot, Nietzsche, Fußball, Steinwayflügel, Harley-Davidson.
Öffentlichkeiten: Schlauberger-Satireshow, Kleinkunstbühne.
Alltäglichkeiten: Lebt auf einem ehemaligen Bauernhof.


www.facebook.com/derschlauberger

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