"Ariadne auf Naxos" in Berlin: Die glockenklare, weiche Stimme der Brenda Rae

Richard Strauss, Ariadne auf Naxos
Staatsoper Unter den Linden
, Berlin, 12. Januar 2018
Eun Sun Kim, Dirigent
Hans Neuenfels, Inszenierung
Katrin Lea Tag, Bühnenbild
Anna Samuil, Primadonna/Ariadne
Roberto Saccà, Der Tenor/Bacchus
Marina Prudenskaya, Der Komponist
Brenda Rae, Zerbinetta

von Yehya Alazem

Eine Oper wie „Ariadne auf Naxos“ aufzuführen ist keine einfache Aufgabe: Man braucht Sänger, die nicht nur gut singen, sondern auch spielen können. Man braucht außerdem einen Regisseur, der die Zusammenarbeit zwischen Richard Strauss und seinem Librettisten Hugo von Hofmannstahl versteht, wobei das Zusammenspiel zwischen Wort und Ton eine riesige Herausforderung darstellt.

In seiner Inszenierung nimmt sich Hans Neuenfels dieser Herausforderung an, und es ist ihm auf allen Ebenen gelungen: Die Personenregie steht im Zentrum. Das Zusammenspiel zwischen den Sängern ist einfach hervorragend, und was sich auf der Bühne ereignet entspricht immer dem, was aus dem Orchestergraben ertönt. Hier gibt es keine Wendungen oder Änderungen in der Handlung – alles ist klar, wie es sein soll.

Das Bühnenbild von Katrin Lea Tag lässt viel zu wünschen übrig. Die ganze Oper wird in einer weißen Box mit drei Türen gespielt. Das Bühnenbild ist zeitlos und statisch. Die Hinterwand wechselt zwischen einer weißen Wand, einem rosa Vorhang, einer grauen Steinwand und schwarzer Leere. Außer einigen Gegenständen wie dem Sessel der Ariadne, einer kleinen Statue und dem Käfig gibt es nicht viel zu sehen.

Die Staatskapelle Berlin unter der koreanischen Dirigentin Eun Sun Kim bringt ein kammermusikalisches, detailreiches Spiel hervor ohne die Dramatik und den Gesamtklang negativ zu beeinflussen. Sehr beeindruckend ist Kims Fingerspitzengefühl für das Stück, sie zeigt deutlich die Differenzierungen zwischen dem Lustigen und dem Tragischen.

Bei der Rolle der Primadonna/Ariadne hört man recht früh, dass sie nicht ganz richtig besetzt ist. Die russische Sopranistin Anna Samuil hat zwar eine schöne Stimme, sie kann aber leider keine glaubwürdige Leistung der Partie liefern, obwohl sie darstellerisch überzeugt. Ihre Stimme ist zu hell für diese Rolle, und es fehlt ihr das dichte Timbre, das die Primadonna braucht. Die Primadonna sollte viel größer und dramatischer klingen. Vor ein paar Wochen hat Samuil im gleichen Haus die Musetta in „La Bohème“ gesungen, auch diese Rolle passte nicht zu ihr. Eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Repertoire wäre wünschenswert, um so eine schöne Stimme auch in richtigen Rollen zu besetzen.

Als der Tenor/Bacchus, eine unglaublich schwere Rolle für einen Tenor, liefert Roberto Saccá eine gemischte Leistung. Er hat eine helle, nicht allzu dramatische, aber ausreichende Stimme, die auch eine sehr stabile Mittellage hat. Die Rolle ist in der Höhe undankbar. Hier gelingt es ihm leider nicht, die Spitzentöne zu singen ohne angestrengt und atemlos zu klingen. Bisweilen singt Saccá einen halben Ton zu tief.

Die Rolle des Komponisten stellt im Vorspiel eine sowohl gesangliche als auch darstellerische Herausforderung für die Mezzosopranistin dar– die Russin Marina Prudenskaya ist darstellerisch leider zu unsicher in dieser Hosenrolle, die gesangliche Aufgabe bewältigt sie aber ganz hervorragend. Sie hat eine dunkle, dramatische Stimme, die sowohl im tiefen als auch im höherem Register superb klingt. Sie liefert eine aufflammende, leidenschaftliche Leistung.

Der Star des Abends ist ohne den kleinsten Zweifel die amerikanische Sopranistin Brenda Rae. Sie singt auf einem ganz anderen Niveau, ist eine Klasse für sich. Wie sie die Zerbinetta verkörpert, gesanglich und darstellerisch, ist unfassbar. Ihre Stimme hat einen glockenklaren, weichen Klang, eine ganz vollendete Technik mit hervorragender Koloratur und eine strahlende Höhe, bei der die Spitzentöne einfach und fantastisch klingen. Schon bei ihrem ersten Auftritt im roten Kleid zieht sie das Publikum in ihren Bann, und in ihrer langen Arie „Großmächtige Prinzessin“ halten viele Zuschauer den Atem an. Wie kann diese Sängerin so gut sein? Und kann es überhaupt besser werden? Brenda Rae liefert eine Leistung, die man mit Meisterinnen wie Edita Gruberová und Sylvia Geszty vergleichen kann.

Yehya Alazem, 14. Januar 2018, für
klassik-begeistert.de

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert