Neumeiers Préludes CV ist ein schwieriges, aber tiefenspannendes Ballett

Ballett von John Neumeier, Préludes CV  Hamburgische Staatsoper, 2. November 2022

Madoka Sugai, Yaiza Coll und Laura Cazzaniga (Foto RW)

Es war ein Abend der Frauen. Von Anna Laudere, die sich anmutig anschmeichelnd um Edvin Revazov bemühte und dessen Zurückweisungen ertrug, von Yaiza Coll, die ihre Aggressionen an Matias Oberlin ausließ und auch von Emilie Mazon, die zwischen den Männern die Wahl hatte, aber nie den richtigen fand.

 

Ballett von John Neumeier
Préludes CV
Ein choreografisches Skizzenbuch in zwei Teilen

Hamburgische Staatsoper, 2. November 2022

 von Dr. Ralf Wegner

Es ist lange her, dass wir dieses Stück gesehen hatten, zuletzt vor 9 Jahren und davor im Jahre 2003. Die Erinnerung an diese Aufführungen ist völlig verblasst. Zunächst mutete es wie ein Kammerspiel an, die Komponistin Lera Auerbach setzte sich an den Flügel, Ani Aznavoorian gesellte sich mit einem Cello hinzu. Gespielt wurden 24 Präludien für Violoncello und Klavier, sowie nach der Pause weitere 24 Präludien für Violine (Vadim Guzman) und Klavier (Angela Yoffe), alles Kompositionen von Lera Auerbach.

Der eiserne Vorhang blieb zunächst geschlossen, getanzt wurde auf dem überdeckten Orchestergraben. Silvia Azzoni und Alexandre Riabko überzeugten auf der leeren Vorbühne in einem ausdruckstarken Pas de deux mit ihrer phänomenalen technischen Präsenz, Aleix Martinez kam die Funktion des ständig anwesenden, mit zahlreichen Verrenkungen die Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Im’re da zu. Später hob sich der eiserne Vorhang und gab die Bühne für die hingebungsvoll tanzenden Tänzerinnen und Tänzer des Hamburger Balletts frei.

Neumeiers Stück folgt keiner bestimmten Handlung, vielmehr choreographierte er 2003 für seine damaligen Tänzerinnen und Tänzern bestimmte Schrittfolgen und Abläufe, die seiner Interpretation ihrer Charaktere  entsprachen. Von den Uraufführungs-Beteiligten standen jetzt nur noch Silvia Azzoni und Alexandre Riabko mit den ihnen zugedachten Choreographien auf der Bühne. Alle anderen Tänzerpersönlichkeiten waren überaus beeindruckend neu besetzt.

Vorwiegend waren Pas de deux zu sehen, so wie anfangs von Silvia Azzoni (Silvia) und Alexandre Riabko (Sascha), später von Anna Laudere (Heather) und Edvin Revazov (Lloyd) oder von Yaiza Coll (Elizabeth) und Matias Oberlin (Sebastien). Eher solistische Auftritte hatten Emilie Mazon (Anna), Ida Stempelmann (Laura) und Patricia Friza (Heather).

Anna Laudere, Ani Aznavoorian (Violoncello), Vadim Gluzman (Violine), Angela Yoffe (Klavier), Silvia Azzoni, Lera Auerbach (Klavier und Komposition), Madoka Sugai, Yaiza Coll, Laura Cazzaniga (Foto RW)

Worum ging es: Um zwischenmenschliche Beziehungen, um Sehnsucht, Abhängigkeit, Überdruss, Neigung zu Gewalt, vor allem und immer wieder aber um die Suche nach Liebe. Es war ein Abend der Frauen. Von Anna Laudere, die sich anmutig anschmeichelnd um Edvin Revazov bemühte und dessen Zurückweisungen ertrug, von Yaiza Coll, die ihre Aggressionen an Matias Oberlin ausließ und auch von Emilie Mazon, die zwischen mehreren Männern die Wahl hatte, aber nie den richtigen fand. Auch das spätere weibliche Lebensalter war mit der hageren, weiß perückt auftretenden Laura Cazzaniga (Elizabeth) vertreten. Außerdem ließen uns Ida Stempelmann sowie Patricia Friza  an ihren furiosen tänzerischen Interpretationen teilhaben. Merkwürdig blass blieb nur Madoka Sugai in der Rolle der Elizabeth.

Insgesamt vergingen die zweieinhalb Stunden Nettospielzeit zzgl. Pause wie im Fluge, der Schlussbeifall war herzlich, etliche Blumensträuße flogen auf die Bühne.

Dr. Ralf Wegner, 4. November 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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