Foto. de.wikipedia.org/wiki/Aram_Chatschaturjan
von Peter Sommeregger
Obwohl der armenische Komponist Chatschaturjan ein umfangreiches Werk hinterließ, das von Liedern über Symphonien, Filmmusiken, Solokonzerten und Ballettmusiken reicht, ist wohl keine seiner Kompositionen so populär geworden wie der Säbeltanz aus seinem Ballett „Gayaneh“. Das hat der Komponist nicht zuletzt dem begnadeten Regisseur Billy Wilder zu verdanken, der diesen Tanz in einer Szene seines Films „Eins, zwei, drei“ verwendete, in der die sonst eher zugeknöpft wirkende Schauspielerin Lilo Pulver auf einem Restauranttisch vor russischen Geschäftsleuten tanzt. Der bestechende Rhythmus dieses Tanzes macht diese Szene zum Höhepunkt dieser bitterbösen Komödie.
Aram Catschaturjan wurde am 24. Mai 1903 in Tiflis geboren, das damals noch zum russischen Kaiserreich gehörte. Der Sohn einer armen Buchbinderfamilie zeigte schon früh Interesse an der armenischen, georgischen und aserbaidschanischen Volksmusik. 1922 ging er nach Moskau, um dort Biologie zu studieren, wechselte aber bald zur Musik, studierte drei Jahre das Cello, danach Komposition. Seine erste Komposition erschien im Druck, als er erst 26 Jahre alt war. Er setzte seine Studien am Moskauer Konservatorium bis zu seinem 30. Lebensjahr fort und heiratete schließlich eine Kommilitonin.
Mit seiner ersten Symphonie, seinem Klavier- und Violinkonzert erreichte er schnell Bekanntheit. Auch als Dirigent wirkte er erfolgreich und wurde 1951 zum Professor für Komposition am Moskauer Konservatorium ernannt. Da seine Heimat in dieser Zeit noch Teil der Sowjetunion war, galt er als einer der bedeutendsten sowjetischen Komponisten seiner Zeit.
Nachdem er bereits zahlreiche Orden und Auszeichnungen von der sowjetischen Staatsführung erhalten hatte, geriet er 1948 unerwartet in den Fokus ideologisch bedingter formalistischer Kritik an seinen Werken. Das löste bei Chatschaturjan eine Schaffenskrise aus, die er erst in den 1950er Jahren überwand. Bereits ab 1934 schrieb er die Musik zu zahlreichen Filmen, auch im westlichen Ausland hatte er mit seiner durch die armenische und georgische Volksmusik geprägten Werken große Erfolge, die er zumeist selbst dirigierte.
Im Jahr 1962 luden ihn die Wiener Philharmoniker ein, seine erfolgreiche 2. Symphonie, die den inoffiziellen Beinamen „Die Glocke“ trägt, mit ihnen für die Schallplatte aufzunehmen. Im Jahr darauf kehrte er zurück und nahm auch Ausschnitte aus seinen Balletten „Gayaneh“ und „Spartacus“ mit dem Wiener Orchester auf. Die Aufnahmesitzungen fanden in den legendären Sofien-Sälen statt, dem Tonstudio der DECCA , in dem zahlreiche ikonische Einspielungen stattfanden, so z.B. auch Soltis „Ring des Nibelungen“.
Der Komponist erhielt im Laufe seines Lebens zahlreiche Ehrungen, welche die Sowjetunion zu vergeben hatte. Neben dem Leninpreis auch den Staatspreis der UdSSR, den Orden der Oktoberrevolution; er wurde auch zum Helden der sozialistischen Arbeit ernannt.
Chatschaturjan starb am 1. Mai 1978 in Moskau. Auch nach seinem Tod erhielt er zahlreiche Ehrungen, in Moskau wurde ein Denkmal für ihn errichtet, zu seinem 100. Geburtstag erschien eine Briefmarke mit seinem Porträt. Sein persönlicher Stil, der zwar folkloristische Elemente aufgreift, aber durchaus eigenständig ist, sichert ihm bis heute einen Platz im internationalen Konzertrepertoire, auf den berühmten Säbeltanz sollte man ihn nicht reduzieren!
Peter Sommeregger, 2. Mai 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
Sommereggers Klassikwelt 182: Eduard Hanslick klassik-begeistert.de, 26. April 2023