Der goldene Hahn, Nikolai Rimski-Korsakow © Monika Rittershaus
Beim jubelnden Schlussapplaus kann man auch nach der zweiten Premiere abseits der Behrenstraße beruhigt feststellen: wo Komische Oper draufsteht, ist auch Komische Oper drin!
Nikolai Rimski-Korsakow
Der goldene Hahn
König Didon Dmitry Ulynov
Die Königin von Schemacha Kseniia Proshina
Amelfa Margarita Nekrasova
Der Astrologe James Kryshak
Stimme des goldenen Hahns Julia Muzychenko
Inszenierung Barrie Kosky
Bühnenbild Rufus Didwiszus
Dirigent James Gaffigan
Komische Oper Berlin, Premiere am 28. Januar 2024
von Peter Sommeregger
Rimski-Korsakows Oper, 1909 in Moskau uraufgeführt, hat ein Märchen Puschkins als Quelle des Textes. Gemeint war es zur Zeit der Uraufführung als verhohlene Kritik an Zar Nikolaus II., den die Zensur in der Gestalt des faulen und mäßig intelligenten Königs Didon aber nicht erkannte.
Barrie Kosky hat für seine Inszenierung ein ungewöhnliches Ambiente entwickelt. Man sieht einen Weg in freier Landschaft, wenig ansprechende Vegetation mit einem verdorrten Baum, auf dem der goldene Hahn seinen Platz einnehmen wird. Didon tritt in etwas zerlumpter Kleidung auf, trägt aber eine schlichte Krone. Einzig die geheimnisvolle Königin von Schemacha bringt später ein wenig Schönheit ins Spiel.
Die grandiosen Chorsolisten der Komischen Oper sind sämtlich als Pferde verkleidet, Koskys Regie gelingt es, der Gruppe tatsächlich pferdetypisches Verhalten wie nervöses Tänzeln beizubringen, einmal mehr muss man seine Kunst der Personenführung bewundern. Es sind oft nur kleine Details, die aber Wirkung zeigen, wie die rhythmischen, schlangenartigen Bewegungen der Königin, wenn sie auf einem einfachen Hocker Platz nimmt.
Überwiegen in dem Stück anfangs die heiteren Momente, verdüstert sich mit der Handlung auch die Szene. Rufus Didwiszus’ Bühnenbild ist in seiner tristen Einfachheit eine optimale Folie für die abwechslungsreiche Handlung, im Zweifelsfall ermöglicht das verwilderte Steppengras beste Möglichkeiten für Auf-und Abgänge.
Dmitry Ulynov ist, wie schon auf der ersten Station dieser Inszenierung in Lyon, der stimmgewaltige König Didon. Ihm gelingt ein stimmiges Porträt des einfältigen Königs, der sich selbst um Kopf und Kragen bringt. Sein Bass ist durchaus zu feiner Differenzierung fähig. Ein wenig enttäuschend die Königin der Kseniia Proshina, die im Spiel überzeugt, aber deren Timbre nicht ganz den ihr zugedachten Liebreiz entwickelt. Glockenhell und rein der Sopran Julia Muzychenkos, die dem titelgebenden Hahn ihre Stimme leiht. Eine Klasse für sich auch die Aufseherin Margarita Nekrasovas, die ihre Rolle mit geradezu orgelnder Tiefe ausstattet. Auch der Tenor James Kryshak kann in der kleinen aber wichtigen Rolle des Astrologen überzeugen.
Der neue Generalmusikdirektor der Komischen Oper, James Gaffigan, erweist sich auch im slawischen Repertoire als sichere Bank, ein guter Teil des Premierenerfolges geht auch auf sein Konto.
Beim jubelnden Schlussapplaus kann man auch nach der zweiten Premiere abseits der Behrenstraße beruhigt feststellen: wo Komische Oper draufsteht, ist auch Komische Oper drin!
Peter Sommeregger, 29. Januar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Hans Werner Henze, Das Floß der Medusa Komische Oper Berlin, Flughafen Tempelhof, 16. September 2023
Ambroise Thomas, Hamlet Komische Oper Berlin, 16. April 2023 Premiere
Wolfgang Amadeus Mozart, Così fan tutte Komische Oper Berlin, Premiere am 11. März 2023
Buch-Rezension: Barrie Kosky „Und Vorhang auf, Hallo!“ klassik-begeistert.de, 2. Mai 2023